Die Welt berichtet unter der Überschrift "Kettensägenmassaker": Die Metro-Tochter Praktiker will jetzt offenbar endgültig wissen, wer im Verdrängungs-Wettbewerb der Selbermacherbranche als erster den Spaten aus der Hand legen muß. Mit der jüngsten Aktion - 20 Prozent Rabatt auf alles außer Tiernahrung - hat sie den Druck auf die Konkurrenz deutlich erhöht und die Branche gespalten. Gemäß ihrem Werbemotto "Geht nicht, gibt's nicht".
Das Problem ist schlicht: Es gibt zu viele Baumärkte für zu wenig Kunden in Deutschland. Die Branche, die 14 große Anbieter zählt, beklagt seit dem Ende des Vereinigungsbooms Überkapazitäten von rund 30 Prozent - eröffnet aber munter weitere, immer größere Märkte. Da der Wettbewerb vor allem über die Preise ausgefochten wird, ist Deutschland für die Kunden zum Heimwerker-Paradies geworden. "Das kann aber nicht mehr lange gutgehen. Dieses Rennen können höchstens drei Marken gewinnen", erwartet Thomas Harms, Handelsexperte von Ernst&Young. "In der Baumarktbranche wird es nicht einfacher werden", meint auch Hans Schmitz, im Vorstand der Kölner Rewe zuständig für die Kette Toom. Sie konnte mit ihren 258 Läden den Umsatz zwar um zwei Prozent steigern, gehört aber weiterhin zu den Kleinen am Markt der Hollywoodschaukel- und Maschendrahtzaun-Händler. Für den Chef der Nummer eins, Sergio Giroldi vom Tengelmann-Ableger Obi, sind das Problem und die Folgen klar: "Wir haben zu viele Läden, die Konjunktur bringt keinen Aufschwung und die Preise stehen ständig unter Druck. Das stehen nicht alle Wettbewerber durch", sagte er der WELT.
Giroldis Obi und dem Konkurrenten Hornbach geben Experten die besten Chancen, den Kampf zu überleben, danach vielleicht noch Bauhaus und mit Abstrichen Praktiker. Schwierigkeiten könnten bei einer Marktbereinigung die kleineren wie Hellweg, Max Bahr oder Toom bekommen. In anderen Ländern, die keine Sonderkonjunktur wie die Vereinigung hatten, gab es diese Konsolidierung längst. Deutschland dagegen hat über 50 Prozent mehr Baumarktfläche als England und 70 Prozent mehr als Frankreich. Hierzulande geben Kunden rund 17 Mrd. Euro pro Jahr im Baumarkt aus, Tendenz leicht sinkend. Maximal zwei bis drei Prozent Umsatzrendite sind hier zu holen, in Großbritannien sind es acht bis neun Prozent.
"Jeder glaubt, er könne das Spiel irgendwie gewinnen", wundert sich Handelsexperte Harms. Keiner jedoch scheint bereit, seine Parzelle zu räumen oder zu verkaufen. Allerdings gibt es praktisch keine Käufer für die Märkte. Praktiker etwa wird bei Metro schon seit langem nicht mehr dem Kerngeschäft zugeordnet - aber bisher wollte niemand für die Kette einen attraktiven Preis zahlen. Zudem binden langfristige Mietverträge die Unternehmen. Harms: "Das zögert das Sterben hinaus".
Bei Praktiker allerdings scheint die Rechnung aufzugehen: "Umsatzsteigerungen erzielten in erster Linie die über den Preis agierenden Unternehmen", heißt es in der Baumarktuntersuchung der Fach-Analysten von Gemaba in Leverkusen über das Jahr 2004. Praktiker allein legte im dritten Quartal auf vergleichbarer Fläche fast zehn Prozent beim Umsatz zu. Das Ebit der ersten neun Monate 2004 kletterte um 58 Prozent auf 51 Mio. Euro. Das Unternehmen führt das maßgeblich auf seine "aggressive Preispositionierung" zurück. Auch Markenprodukte von Bosch und anderen bekannten Hersteller wurden wiederholt zum Aktionspreis verkauft - was die Konkurrenz sauer macht, weil sie so wohl oder übel ebenfalls Nachlässe einräumen muß.
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