Pressemitteilung der Berliner Justiz: Das Jugendschöffengericht Tiergarten den 20-jährigen Umut D. we-gen fahrlässiger Tötung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen.
Der Angeklagte befuhr am Abend des 6. August 2004 mit einem nagelneuen VW Golf in Berlin-Schöneberg aus Richtung Tauentzienstraße kommend die Kleiststraße mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit, zwischen 80 und 90 km / h.
Aufgrund dieses Tempos konnte der Angeklagte nicht mehr rechtzeitig bremsen als der Taxifah-rer Alexander B. mit seinem Taxi zum Spurwechsel ansetzte. Es kam zum Zusammenstoß mit der Spitze des Taxis. Dadurch geriet der VW Golf des Angeklagten ins schleudern, drehte sich mehrfach und prallte schließlich gegen einen Ampelmast an der Kreuzung zur Martin-Luther-Straße. Durch die Wucht des Aufpralls knickte der Mast ab und zerbarst. Die in unmittelbarer Nähe stehenden Fußgängerinnen Adelheid K. (72 Jahre) und Andrea R. (44 Jahre) wurden von dem VW Golf des Angeklagten und dem Mast erfasst und schwer verletzt. Sie starben kurze Zeit später im Krankenhaus.
Das Jugendschöffengericht ist dem technischen Sachverständigen folgend davon ausgegangen, dass der Angeklagte aufgrund der stark überhöhten Geschwindigkeit den Unfall nicht vermeiden konnte. Er habe in erhöhtem Maße vorwerfbar gehandelt, so der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Die erhebliche Unfallgefahr, bei derart hohen Geschwindigkeiten im innerstädtischen, auch von Fußgängern frequentierten Bereich, sei für den Angeklagten „vorhersehbar“ gewesen.
Der Angeklagte hatte sich in der Hauptverhandlung zu den Tatvorwürfen nicht geäußert. In seinem letzten Wort äußerte er leise: „Tut mir leid“.
Zu Lasten des Angeklagten hat das Gericht seine früheren Verfehlungen gewertet. Er stand erst-malig bereits 1999 vor dem Jugendgericht. Insgesamt fünf Eintragungen weist das Register auf: wegen gefährlicher Körperverletzung, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Diebstahls im besonders schweren Fall, versuchter Strafvereitelung, Körperverletzung und zuletzt im Jahr 2004 wegen Beleidigung von Polizeibeamten. Die meisten Taten standen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Mehrere Kurse für Verkehrsstraftäter und ein Anti-Gewalt-Trainung hat er bereits absolviert, bislang allerdings ohne eine durchgreifende Änderung seines rücksichtslosen Verhaltens anderen gegenüber – so das Gericht in der Urteilsbegründung. Aufgrund erkennbarer Reifeverzögerungen wandte es für den als Heranwachsenden im Sinne des Jugendgerichtsgesetz geltenden 20-Jährigen das Jugendstrafrecht an.
Die Schwere der Schuld sah das Amtsgericht als gegeben an und verhängte daher eine Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Eine Strafaussetzung zur Bewährung lehnte das Gericht ab, da es nach den strafrechtlichen Vorbelastungen und dem Verhalten des Angeklagten nach der Tat – er reagierte im Anschluss an den Unfall aggressiv, schob die Schuld auf andere und fand auch nicht den Weg zu den Hinterbliebenen der Opfer – nicht annahm, er werde sich auch ohne den Einfluss der Haft künftig straffrei führen.
Durch sein Verhalten hat sich der Angeklagte nach den Worten des Vorsitzenden Richters auch als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen, weshalb ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen war. Erst nach zwei Jahren und sechs Monaten darf er sich wieder um eine neue bemühen. Ob diese Bemühungen dann erfolgreich sein werden, bleibt abzuwarten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit dem Rechtsmittel der Berufung oder der Revision angefochten werden.
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