Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat in einem nicht rechtskräftigen Urteil vom 16.02.2005 - AZ 5 A 118/04 - - gefunden über Spiegel-online - der Klage einer Lüneburger Studentin stattgegeben, die sich dagegen wehrte, 146,40 EURO Zweitwohnungssteuer im Jahr zahlen zu sollen.
Die 1981 geborene Klägerin studiert seit Herbst 2001 an der Universität Lüneburg Pädagogik. Mit Hauptwohnsitz ist sie in Celle gemeldet, wo sie ein Zimmer im Hause ihrer Mutter hat. Lü-neburg ist ihr Nebenwohnsitz, hier teilt sie sich mit einer Mitstudentin eine 42 m² große abge-schlossene Wohnung. Sie finanziert ihr Studium durch BAFöG und durch eine Tätigkeit als Hilfslehrerin.
Wer eine "Zweitwohnung" haben soll, muss auch eine "Erstwohnung" haben. Das ist bei der Studentin nicht der Fall. Im Hause ihrer Mutter in Celle hat sie keine eigene abgeschlossene (Erst-)Wohnung mit Küche oder Kochgelegenheit, eigener Toilette und Bad. Sie hat dort lediglich ein Zimmer - ihr früheres "Kinderzimmer" - und benutzt Küche und Bad der Mutter mit. Die Erhebung der Zweitwohnungssteuer ist auch deshalb fehlerhaft, weil die Stadt Lüneburg gegen ihre Pflicht verstoßen hat, von sich aus einen Steuererlass wegen besonderer Un-billigkeit zu prüfen. Die Zweitwohnungssteuer ist eine Abgabe für jemanden, der besonders wirtschaftlich leistungsfähig ist und sich zwei Wohnungen halten kann. Es ist offenkundig, dass bei der Mehrzahl der Studenten das Vorhalten einer Wohnung am Standort der Universität nicht Ausdruck einer besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist, sondern durch die örtlichen Gegebenheiten bedingte und unabwendbare Notwendigkeit, um ein Studium außerhalb des Hauptwohnsitzes überhaupt durchzuführen. Be-zieht ein Student Leistungen nach dem BAFöG und finanziert damit Studium und Miete, so ist offensichtlich, dass von einer besonderen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht ausgegangen werden kann. In einem solchen Falle drängt sich die Prüfung, ob die Zweitwohnungssteuer nicht erlassen werden muss, auch ohne ausdrücklichen Antrag auf.
Die Entscheidung ist für eine Vielzahl von Studenten von Interesse, die an ihren Studienorten zu Zweitwohnungssteuern herangezogen werden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ist die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen worden.
Das Urteil ist hier zur finden.
Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 02.05.2006 befinden sich die Akten noch im Berufungsrechtszug bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht.
Das dortige Aktenzeichen lautet: 13 LC 91/05. Verfahren ist vom 13. auf den 9. Senat übergegangen und hat nun das Aktenzeichen 9 LC 7/07. Es wird voraussichtlich im Sommer 2007 entschieden werden.
(Vielen Dank an Reinhard Siemon für diesen Hinweis!)
4 Kommentare:
Interessant. Herzlichen Dank für das Aktenzeichen. Da erwartet mich ja schon eine interessante Lekture am Montag.
Es war leider nur eine Pressemitteilung - und rechtskräftig ist das Uerteil auch noch nicht. RJF
Andreas L aus Berlin, derzeit wohnhaft im Raum Stuttgart:
Ich bin selbst betroffen. Mir schneite Samstag, den 29.04.06 ein Amshilfeschreiben ins Haus, in dem mit Zwangsvollstreckung gedroht wird, wenn nicht innerhalb einer Woche etwa 740 € an das Finanzamt Berlin Mitte überwiesen werden. Es geht um Zweitwohnungssteuer. Ich hatte, ähnlich, wie im beschriebenen Fall ein Zimmer in der elterlichen Wohnung als Zweitwohnsitz gemeldet neben meiner Studentenbude im Wohnheim in Dresden. Ich war ebenfalls Bafög-Empfänger. Ich habe zu keinem Zeitpunkt vorher gewußt, das es eine Zweitwohnungssteuer gibt und daß diese zu bezahlen ist. Ich habe auch nie einen Bescheid oder ähnliches erhalten. Deswegen war der Schreck auch groß und das Unrechtsempfinden ist es noch. Das sind Methoden, das ist unbeschreiblich, eine solche Frechheit ist mir im Leben noch nicht untergekommen. Ich weiss nicht, wie ich mich wehren soll, da nun Ende nächster Woche zwangsvollstreckt werden soll. Kann ich das irgendwie abwenden? Ich befürchte, das das Geld futsch ist, wenn ich erst mal bezahlt habe. Lohnt es sich zu kämpfen?
Ein Verzweifelter...
Am besten schnell zum Anwalt - wenn Sie sicher gehen wollen: Fachanwalt für Steuerrecht. Norfalls: Zuerst prüfen, ob Bescheid doch irgendwo zu Hause in Berlin liegt. Schriftlicher Hinweis - besser per Einschreiben - an FA, dass Bescheid nicht zugestellt wurde, jedenfalls beim Empfänger nicht angekommen ist, Bitte um Zustellung; vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen und Eltern sowie Sie sollten an Eides Statt versichern, dass kein Zweitwohnungssteuerbescheid angekommen ist und Sie sollten vorsorglich zusätzlich ausdrücklich Einspruch gegen den Bescheid (der in der Zwangsvollstreckungsandrohung erwähnt ist) einlegen. Weiterhin Kopie dieses Schreibens an Vollstreckungsstelle des Finanzamts mit der Bitte, bis zur Klärung nichts zu unternehmen. Einige Tage später sicherheitshalber bei der Vollstreckungsstelle anrufen und fragen, ob freiwillig Ruhe gegeben wird.
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