Der Gesetzentwurf gestattet Privatkopien, wenn das kopierte Material nicht "wirksam" gegen das Kopieren geschützt ist. Die Industrie darf danach aber einen Kopierschutz installieren und das Knacken diesen Schutzes soll unter Strafe gestellt werden.
Heute im Bundestag fasst die Anhörung wie folgt zusammen:
Ein Grundrecht auf Privatkopien gebe es nicht, sagte Professor Jürgen Becker von der Zentrale für private Überspielungsrechte. Da jedoch das private Vervielfältigen nicht gänzlich verhindert werden kann, solle es in begrenztem Rahmen und bei gleichzeitiger Vergütungspflicht für die dazu verwendeten Medien und Geräte gestattet werden. Becker forderte am derzeitigen pauschalen Vergütungssystem festzuhalten, da die neu entwickelten DRM-Systeme sich als nicht ausreichend sicher und uneffektiv erwiesen hätten.
Patrick von Braunmühl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisierte die "Ungleichgewichtung" des Gesetzes zu Ungunsten der Nutzer. Diese stünden ohne durchsetzbare Rechte da und würden weiterhin verunsichert. Das führe dazu, dass der Verbraucher beim Kauf digitaler Inhalte keine Möglichkeit habe, sich gegen kundenfeindliche Praktiken der Anbieter zu wehren. Damit treibe man den Kunden auf den Markt der illegalen Anbieter. Von Braunmühl forderte, das Gewohnheitsrecht auf Privatkopien in durchsetzbares Recht umzuwandeln.
Aus Sicht von Till Kreuzer von iRights.info, einem Büro für informationsrechtliche Expertise, herrscht unter der Bevölkerung ein großes Unverständnis über die sich aus dem Urheberrecht ergebenden Rechten und Pflichten. Dies führe zu Akzeptanzproblemen. Eine verständliche Ausgestaltung insbesondere der Privatkopieregelungen sei für alle Interessengruppen von wesentlicher Bedeutung. Kreuzer sprach sich sowohl gegen weitere Einschränkungen der Privatkopien als auch für die Wiedereinführung einer "Bagatellgrenze" aus. Nicht jedem, der eine CD kopiere, dürfe mit strafrechtlicher Verfolgung gedroht werden, so Kreutzer.
Professor Haimo Schack von der Universität Kiel forderte ebenfalls eine verständlichere Formulierung des Gesetzes. Positiv bewertete er das Festhalten am Recht, digitale Kopien anfertigen zu dürfen. Allerdings solle die Herstellung digitaler Kopien durch Dritte verboten werden, weil dabei eine zu hohe Missbrauchsgefahr bestünde.
Die Urheber, so Wolfgang Schimmel von der Initiative Urheberrecht, hätten kein Interesse an harten Restriktionen bei Privatkopien. Da diese ohnehin nicht zu verhindern seien, wünsche man sich eine Regelung mit klaren Rahmenbedingungen, wenn im Vergütungssystem dafür eine angemessene Kompensation geschaffen würde. Diese gewährleiste das Gesetz jedoch nicht. Vielmehr schaffe man erhöhte Anreize für den Einsatz technischer Schutzvorkehrungen, was weder im Interesse der Urheber noch der Verbraucher sei.
Lobende Worte für den Gesetzentwurf fand hingegen Professor Mathias Schwarz von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft. Der Wegfall der "Bagatellklausel" sei ebenso begrüßenswert wie die von seinem Vorredner beklagten Anreize für den Einsatz technischer Schutzvorkehrungen. Entfallen solle jedoch die Zulässigkeit von Privatkopien durch Dritte.
9 Kommentare:
Man sollte sich um wichtigere Dinge kümmern.
Hallo Rolf, der Titel "Darf ich mir von meiner kopiergeschützten CD / DVD eine Kopie machen" hätte bestimmt mehr Leser bewogen, die Debatte zu verfolgen.
Die Diskussion im Bundestag, die Du schilderst, streift auch nur die Problematik am Rande. Es sind zum einen natürlich die Urheberrechte, die ggf. verletzt werden. Zum anderen soll das "noch" marktbeherrschend Format CD/DVD gestärkt werden, dass im Prinzip längst durch MP3 und Internet abgelöst wurde.
Ansich sollte die Diskussion heissen: Wie schützt man Urheberrechte im Zuge der neuen Medien.
# katze: einfach wegclicken ;-)
# sister: Heute fand um 14 Uhr eine Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages statt, und zwar lediglich mit dem eingegrenzten Thema "Beschränkungen im Bereich der Privatkopie". Die entsprechende Meldung aus "Heute im Bundestag" habe ich als Information veröffentlicht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Frage, ob ich kopieren darf oder nicht, ist im Entwurf wie geschildert geregelt und hierzu wurde unterschiedlich Stellung genommen. Die verschiedenen Interessenlagen wurden deutlich. Also nur begrenzter Tiefgang, aber Information darüber, worum es geht. Die vorgeschlagene Überschriftfrage könnte zur Zeit letzten Endes niemand kompetent allgemein gültig beantworten, weil es um Gesetzespläne, nämliche einen Entwurf der Bundesregierung geht, der so nicht durchgehen muss. Zu weiteren Fragen folgt bald eine zweite Anhörung im Rechtsausschuss.
Die Frage regt aber vielleicht zur Disskussion an. Deshalb danke, ich ändere die Überschrift. Man lernt nie aus. Jetzt könnte die Diskussion beginnen - sogar ohne Vorgabe von mir, also vollkommen offen.
Sister hat recht. Mit diesen Diskussionen werden nur die Rechte der Industrie gestärkt, nicht aber die der Urheber.
Das komplette Wettbewerbsrecht ist trotz unzähliger schöngeredeter Modifikationen eine Farce und die Gerichte entscheiden nach Stimmung. Gleiches gilt für die restlich damit verbundenen Gesetze, s.o.
Moment Moment Rolf, was sagt der Berliner? dat ist gemene? (War es einigermassen richtig?). Die Ueberschrift ist jetzt spektakulärer, nicht mehr, nicht weniger.
Ich habe das Thema "Privatkopie" als Aufhänger benutzt, um mein Missfallen auszudrücken zwischen den vorhandenen gesetzlichen Regelungen und den tatsächlichen Gegebenheiten.
Wenn ich mir eine CD kaufe, dann achte ich genau darauf, ob diese Kopierschutz hat und frage auch danach. Ist die Antwort ja, kaufe ich nicht.
Warum: Ich bestimme, welche Musik und in welcher Reihenfolge ich diese höre. Ich lasse mich hierdurch nicht beschränken.
Habe ich eine CD erworben, möchte ich diese im Auto, daheim, im Büro .... hören. Hierfür fertige ich mir eine Kopie.
Dies alles will ich gar nicht diskutiert wissen.
@ Rolf und Sister
Es geht doch in der Sache nur darum, dass für CD und DVD noch immer irre Preise verlangt werden, die Herstellung hingegen Centbeträge (inclusive der Lizenzen) kostet. Die Industrie (Hersteller und Plattenfirmen) müssen hier mit einer Preissenkung reagieren, um marktfähig zu bleiben. Und nicht den Gesetzgeber bemühen.
Lade ich mir Musik über einen Anbieter aus dem Internet (legal selbstverständlich gegen Zahlung), dann darf ich die geladenen Musiktitel x mal (meistens 10) brennen.
Warum soll ich das nicht mit einer CD machen dürfen, die ich kaufe?
Ich habe die Begründung der vorgesehenen Neuregelung des Kopierschutzes im Spannungsfeld Urheberschutz und Privatkopie aus der Bundestagsdrucksache in eine neue Meldung kopiert, damit die Abwägung - mag sie richtig oder falsch sein - deutlich wird. Natürlich: Der Verbraucher will möglichst viel für möglichst wenig Geld bekommen und der Anbieter will seine Einnahmen optimal gestalten. Dieser Konflikt soll in die Reihe gebracht werden. Der Gesetzgeber hinkt immer hinter der Entwicklung her. Sisters neue Frage ist richtig gestellt. Zum Regierungsentwurf kann man wohl erst fundiert Stellung nehmen, wenn man sich durch den Entwurf mit der Begründung durchgearbeitet hat, wennman Stammtisch-Reden vermeiden will. Das ist eigentlich, fällt mir auf, fast ein Diskussionstotschlag-Argument ;-)
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