Samstag, 5. Februar 2011

Datenschutzregelung im Berliner Justizvollzug als Mittel zur Abschreckung vor Nutzung von Mobiltelefonen

Am 13.01.2011 wurde der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten im Justizvollzug und bei den Sozialen Diensten der Justiz des Landes Berlin
(Justizvollzugsdatenschutzgesetz Berlin – JVollzDSG Bln)im Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht. Die Regelungen sehen u.a. vor, dass bei Gefangenen gefundene unerlaubte elektronische Geräte (Computer; Mobiltelefone) ausgelesen werden dürfen.

Grundlagen sind die §§ 25 Absatz 1 und 7 Absatz 4 des JVollzDSG:

§ 25 Entwurf JVollzDSG Bln Auslesen von Datenspeichern


(1) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeicher, die Gefangene ohne Erlaubnis des Justizvollzuges besitzen, dürfen auf einzelfallbezogene schriftliche Anordnung der Anstaltsleitung ausgelesen werden, soweit konkrete Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu vollzuglichen Zwecken oder zu den in § 7 Absatz 4 genannten Zwecken erforderlich ist. Die so erhobenen Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zu den in Satz 1 genannten Zwecken erforderlich ist.

(2) Die nach Absatz 1 erhobenen Daten dürfen nicht weiter verarbeitet werden, soweit sie

1. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Dritter gehören oder

2. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Gefangener gehören und die weitere Verarbeitung auch unter Berücksichtigung der in Absatz 1 genannten vollzuglichen Interessen an der Verarbeitung sowie der illegalen Speicherung der Daten unzumutbar ist.

Insoweit sind die Daten unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

1. (3) Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren.


§ 7 Entwurf JVollzDSG Bln - Zulässigkeit der Datenverarbeitung

(1) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten nur erheben, soweit deren Kenntnis zu vollzuglichen Zwecken erforderlich und in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur erhoben werden, soweit dies zu vollzuglichen Zwecken unerlässlich und in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten, die er zulässig erhoben hat, auch nutzen, speichern, verändern, sperren und löschen, soweit dies zu vollzuglichen Zwecken erforderlich und in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Soweit Daten nach Absatz 1 Satz 2 erhoben wurden, sind sie bei der weiteren Verarbeitung vor unbefugter Kenntnisnahme zu schützen; §§ 13 und 50 sowie die Regelungen des 6. Abschnitts bleiben unberührt.

(1) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten, die er zulässig erhoben hat, außerdem nutzen, speichern, verändern, sperren und löschen, soweit dies

1. der Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen, der Automatisierung des Berichtswesens, der Rechnungsprüfung, der Steuerung des Justizvollzuges über Zielvereinbarungen oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Justizvollzug dient oder

2. zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken für den Justizvollzug erforderlich ist,so- weit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen entgegenstehen.

Die Daten sind zu pseudonymisieren, soweit nicht zu den in Nr. 1 oder 2 genannten

Zwecken die Kenntnis der Personalien der Betroffenen erforderlich oder die Arbeit an

den Originaldaten sonst unerlässlich ist.

(4) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten, die er zulässig für vollzugliche Zwecke erhoben hat, für andere Zwecke verarbeiten, soweit dies erforderlich ist

1. für Maßnahmen der Strafvollstreckung oder für Verfahren vor den Strafvollstreckungskammern; betreffen die Maßnahmen oder Verfahren allein andere Gefangene als diejenigen, deren Freiheitsentziehung ursprünglicher Anlass der Erhebung war, so gilt dies nur, wenn diese Gefangenen vor der Übermittlung unter Angabe der beabsichtigten Datenverarbeitung angehört wurden und sie kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an einem Ausschluss der Verarbeitung der sie betreffenden Daten haben,

2. im Rahmen außerordentlicher Rechtsbehelfsverfahren im Zusammenhang mit diesem Gesetz oder mit einer Freiheitsentziehung im Land Berlin,

3. zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit,

4. zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten oder

5. zur Verhinderung oder Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, durch welche die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet werden.

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Der Gesetzentwurf wurde am 13.01.2011 in der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses an die Ausschüsse verwiesen: Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung (federführend) und an Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung.


Aus einer Antwort der Berliner Justizsenatorin auf eine kleine Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus:

Dem Auslesen von Datenspeichern - in der Praxis insbesondere von Mobiltelefonen (also Kontrolle der Anruflisten und SMS von beschlagnahmten Handys laut Frage - der Verf.) - kommt zur Aufklärung subkultureller Strukturen in den Anstalten bis hin zur organisierten Kriminalität eine erhebliche Bedeutung zu. Außerdem geht von dem Risiko, dass im Fall etwa eines Handy-Fundes zugleich die darauf gespeicherten Daten der Anstalt bekannt werden, eine erwünschte Abschreckungswirkung gegen die Benutzung von Mobiltelefonen aus.

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