Freitag, 22. April 2011

Hausverbot

Hausverbote sind ein zweischneidiges Schwert. NPD-Funktionäre dürfen ausgesperrt werden - Brandenburgisches Oberlandesgericht 1. Zivilsenat, Urteil vom 18.04.2011 - 1 U 4/10 - :

"Die Beklagte ist als Privatunternehmen - anders als öffentliche Rechtsträger - nicht unmittelbarer Grundrechtsadressat und daher nicht dazu verpflichtet, alle potentiellen Gäste gleich zu behandeln und niemanden wegen seiner politischen Anschauungen zu benachteiligen. Einer solchen Verpflichtung stehen vielmehr die eigenen Freiheitsrechte der Beklagten bzw. der für sie handelnden Personen entgegen, die ihr erlauben, ihr Handeln nach subjektiven Präferenzen in privater Freiheit zu gestalten, ohne hierfür rechenschaftspflichtig zu sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011, Az. 1 BvR 699/06, zitiert nach juris, Rdnr. 48)."

Die Grenzen werden werden a.a.O. vom Brandenburgischen OLG verdeutlicht:

"Die mit dem Hausverbot verbundene Beeinträchtigung von Grundrechten führt auch nicht zu einer Ausgrenzung des Klägers aus einem Teilbereich des öffentlichen Lebens, was im Rahmen der Abwägung der Grundrechtspositionen gegebenenfalls anders zu gewichten wäre. Zwar wird der Kläger durch das Hausverbot in der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit beeinträchtigt, da ihm damit die Möglichkeit genommen wird, das Hotel der Beklagten zu besuchen. Die Benutzung eines Hotels - und schon gar nicht die eines Hotels von derart gehobenen Niveau wie das der Beklagten - gehört jedoch, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht zum Bereich der Daseinsvorsorge. Der Kläger wird durch das Hausverbot nicht in einem Bereich seiner Lebensführung betroffen, der seine essentiellen Lebensbedürfnisse berühren würde. Zudem kommt dem Hotel der Beklagten - wie diese zutreffend einwendet - auch kein absolutes Alleinstellungsmerkmal zu, sodass dem Kläger mit dem Hausverbot ohnehin nicht grundsätzlich die Möglichkeit genommen wird, in der von ihm dafür ausgewählten Region einen entsprechenden Erholungsaufenthalt zu verbringen, weil er gegebenenfalls auf ein anderes Hotel ausweichen kann. Dass ihm aufgrund des Boykottaufrufs entsprechende Maßnahmen in weiteren Hotels drohen würden, ist von ihm nicht dargelegt worden."

Schwierig wird die Abgrenzung im Einzelfall, wenn einzelne Gruppen wegen ihrer Weltanschauung oder aus nicht offen gelegten rassistischen Gründen nicht einzelne Hotels (wo hört das auf?) oder Lokale etc. aufsuchen dürfen. 

Das Bundesverfassungsgericht zieht die Grenzen geduldeten grundrechtsfernen Verhaltens Privater unter Umständen im Einzelfall eng:

"Die unmittelbare Grundrechtsbindung öffentlich beherrschter Unternehmen unterscheidet sich somit grundsätzlich von der in der Regel nur mittelbaren Grundrechtsbindung, der auch Private und Privatunternehmen - insbesondere nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung und auf der Grundlage von staatlichen Schutzpflichten - unterworfen sind. Während diese auf einer prinzipiellen Rechenschaftspflicht gegenüber dem Bürger beruht, dient jene dem Ausgleich bürgerlicher Freiheitssphären untereinander und ist damit von vornherein relativ. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Wirkung der Grundrechte und damit die - sei es mittelbare, sei es unmittelbare - Inpflichtnahme Privater in jedem Fall weniger weit reicht. Je nach Gewährleistungsinhalt und Fallgestaltung kann die mittelbare Grundrechtsbindung Privater einer Grundrechtsbindung des Staates vielmehr nahe oder auch gleich kommen." BVerfG z.B. Rdz. 59 bei juris

1 Kommentar:

Tourix hat gesagt…

Ich wollte schon seit langem nchschauen, mit welcher Urteilsbegründung das Hotelverbot für Nazis begründet wurde.
Jetzt habe ich es - mustergültig aufgearbeitet.Danke.