Dienstag, 25. Januar 2005

Wettbüros und unerlaubtes Glücksspiel in Berlin

Tagesspiegel Online : Berlin berichtet im heutiges Berliner Tagesspiegel von der Vielzahl illegaler Wettbüros und der Ladehemmung der Berliner Strafverfolgungsbehörden wegen angeblicher oder wirklicher Rechtsunsicherheiten auf diesem Gebiet. Es sollen sehr viele Wettbüros ohne die erforderliche Gewerbegenehmigung in Berlin betrieben werden. Das OLG Hamburg hat in einem Urteil vom vom 19.08.2004 - 5 U 32/04 - unter anderem ausgeführt: nach bisheriger "ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung verstieß die Veranstaltung von Glücksspielen ohne Erlaubnis grundsätzlich zugleich gegen § 1 UWG a.F. (BGH v. 14.3.2002 – I ZR 279/99, BGHReport 2002, 505 = MDR 2002, 1082 = NJW 2002, 2175 [2176] – Sportwetten). Dies hat der BGH jüngst wieder in seiner Entscheidung „Schöner Wetten” vom 1.4.2004 bestätigt (BGH v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, CR 2004, 613 = BGHReport 2004, 1172 = NJW 2004, 2158 [2160] – Schöner Wetten). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtslage nach In-Kraft-Treten des neuen UWG anders zu beurteilen ist. Denn der Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG ist auf der Grundlage der neuesten Rechtsprechung konzipiert worden (Köhler, Das neue UWG, NJW 2004, 2121 [2124]). Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer „einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln”. Unter die damit angesprochenen gesetzlichen Vorschriften fallen auch solche, die den Zutritt zu einem Markt von der Erteilung einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis abhängig machen, und damit die Sicherstellung einer bestimmten Qualität oder Sicherheit der gebotenen Waren oder Dienstleistungen bezweckt ist (Köhler, Das neue UWG, NJW 2004, 2121 [2124], m.w.N.) Eine solche Vorschrift ist auch § 284 StGB, der durch die Schaffung eines Erlaubnisvorbehalts für die Veranstaltung von Glücksspielen den Verbraucher u.a. vor unseriösen Veranstaltern schützen soll. b) Sportwetten sind Glücksspiele i.S.v. § 284 Abs. 1 StGB. Auch dies entspricht gefestigter und zutreffender höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt. Der BGH in Strafsachen hat sich bereits in seiner Entscheidung vom 28.11.2002 (BGH v. 28.11.2002, NStZ 2003, 372 ff.) mit den auch von der Antragsgegnerin dieses Rechtsstreits hiergegen vorgebrachten Argumenten ausführlich auseinander gesetzt, so dass auf die Ausführungen des BGH zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen werden kann.
aa) Insbesondere steht der Umstand, dass der Wetterfolg nicht ausschließlich von Zufälligkeiten abhängt, sondern in gewissem Umfang durch Sachkenntnisse der betreffenden Sportart und deren Beteiligten beeinflusst werden kann, der Qualifizierung eines Glücksspiels nicht entgegen. Ein Glücksspiel liegt auch dann vor, wenn der Spielerfolg nicht allein vom Zufall abhängt, dem Zufallselement aber ein Übergewicht zukommt (BGH v. 28.11.2002, NStZ 2003, 372 ff.). Diese höchstrichterliche Auslegung steht im Einklang mit dem Bestimmtheitserfordernis strafrechtlicher Normen. Denn der Begriff Glücksspiel besagt schon sprachlich lediglich, dass das Glücks- bzw. Zufallelement dem Spiel zu Eigen sein muss. Quantitative Vorgaben sind hiermit nicht verbunden. Die Differenzierung zwischen Spiel und Wette in § 762 BGB erweist sich für eine (abweichende) Begriffsbestimmung im Rahmen von § 284 StGB schon deshalb als ungeeignet, weil die zivilrechtliche Norm neben der Wette nicht speziell das Glücksspiel, sondern nur das Spiel nennt. Und ein solches kann ohne weiteres z.B. auch einen unmittelbaren Geschicklichkeitsvergleich der die unvollkommene Verbindlichkeit eingehenden Personen zum Gegenstand haben. Soweit es dabei um Prognosen zu den eigenen Kräften und Fähigkeiten geht, mag einer solchen Absprache in der Tat das Element eines „Glücksspiels” fehlen. Diese Situation ist aber mit der Gesetzeslage im Rahmen von § 284 Abs. 1 StGB nicht vergleichbar, sondern steht ihr entgegen. Denn das Wesen eines Glücksspiels i.S.v. § 284 Abs. 1 StGB besteht nach allgemeiner Auffassung darin, dass die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vertragsbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der Spieler abhängt, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall (BGH v. 28.11.2002, NStZ 2003, 372 ff.).
bb) Dementsprechend hat auch der für Wettbewerbsstreitigkeiten zuständige I. Zivilsenat des BGH in der Entscheidung „Schöner Wetten” (BGH v. 1.4.2004 – I ZR 317/01, CR 2004, 613 = BGHReport 2004, 1172 = NJW 2004, 2158 [2160] – Schöner Wetten) den Rechtsgrundsatz nochmals bestätigt, dass es sich bei Sportwetten um Glücksspiele handelt.
....."

Anmerkung des Verfassers: in diesem Zusammenhang auch BGH am 28.10.2004 - I ZR 59/02

Im Tagesspiegel-Artikel wird erwähnt, dass eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Gewerbefreiheit anstehe. Möglicherweise gibt es auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs dazu. Hinweise dazu sind willkommen.

Keine Kommentare: