Freitag, 11. Februar 2005

Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (Schönefeld) vom 28. Oktober 2003 unwirksam

Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 10.02.2005: Urteil des 3. Senats vom 10. Februar 2005 - 3 D 104/03.NE -

"Der 3. Senat hat heute nach mündlicher Verhandlung dem Normenkontrollantrag von vier Gemeinden gegen den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung - LEP FS - stattgegeben.

Der auf der Grundlage des Landesplanungsvertrages zwischen Berlin und Brandenburg durch die gemeinsame Landesplanungsabteilung aufgestellte und in beiden Ländern als Rechtsverordnung erlassene LEP FS bestimmt u.a., dass der Flughafen Berlin-Schönefeld zur Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfes der Länder Berlin und Brandenburg „weiter zu entwickeln“ ist. Darüber hinaus bestimmt er, dass die Flughafenfläche von entgegenstehenden Nutzungen freizuhalten ist, und legt „zur Gewährleistung der Standortsicherung“ unterschiedliche Planungszonen fest, in denen keine Vorhaben geplant werden dürfen, die die Hindernisfreiheit des Flugbetriebes beeinträchtigen können, bzw. in denen neue Flächen und Gebiete für Wohnnutzungen oder besonders lärmschutzbedürftige Einrichtungen nicht bzw. nur unter im Einzelnen geregelten Voraussetzungen geplant werden dürfen. Ferner wird die Freihaltung von Trassen und Korridoren für die bedarfsgerechte Verkehrsanbindung des Flughafens gesichert.

Der Senat hat den Normenkontrollantrag als begründet angesehen und den Landesentwicklungsplan für unwirksam erklärt, weil dieser seiner Auffassung nach unter Verstoß gegen Anforderungen höherrangigen Rechts zustande gekommen ist. Zur Begründung im Einzelnen:

a) Die in dem gemeinsamen Landesentwicklungsprogramm der Länder Berlin und Brandenburg mit Gesetzesrang verankerten Leitbilder bzw. Grundsätze der Raumordnung ständen - so der Senat - einem Standort Schönefeld zwar nicht zwingend entgegen. Der Senat hat nicht entschieden, dass dieser Flughafenstandort aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Jedoch sei die Abwägung, die der in dem Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung getroffenen Entscheidung für diesen Standort zugrunde liege, schon deshalb nicht ausreichend gewesen, weil der Plangeber dabei gesetzlich begründeten Grundsätzen keine ausreichende Beachtung habe zukommen lassen. Dies betreffe erstens den Grundsatz des mit Priorität zu schützenden Freiraums im engeren Verflech-tungsraum und zweitens das nicht allein im Bundes-Immissionsschutzgesetz, sondern auch im gemeinsamen Landesentwicklungsprogramm als gesetzliche Abwägungsdirektive enthaltene Gebot der Trennung insbesondere lärmerzeugender Nutzungen von lärmempfindlichen Nutzungen.

b) Die der Bestimmung des Standortes Schönefeld zugrunde liegende Abwägung war nach Auffassung des Senats zweitens auch deshalb nicht ausreichend, weil der Plangeber die Zahl der im Umfeld eines internationalen Flughafens Berlin-Schönefeld sowie die Zahl der im Umfeld eines weniger stadtnahen Standortes durch Fluglärm betroffenen Anwohner noch nicht einmal in gröberer Annäherung ermittelt hat. Dies wäre nicht erst im Planfeststellungsverfahren, sondern auch bereits bei der Aufstellung dieses Raumordnungsplanes, und zwar sogar schon im Rahmen einer „Grobanalyse“ von Alternativen erforderlich gewesen.

c) Schließlich sei die Abwägung deshalb zu beanstanden, weil darin überhaupt die Belange des Lärmschutzes nicht mit dem ihnen nach den verfassungsrechtlichen Wertungen zukommenden hohen Gewicht eingeflossen seien. Ungeachtet des bedeutenden Gewichts der für einen stadtnahen Standort sprechenden Belange hätte diesen Belangen nicht die geringe Beachtung geschenkt werden dürfen, die ihnen angesichts anderer Belange tatsächlich nur zugebilligt worden sei.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Abschließend ist hervorzuheben, dass das Gericht damit auch in diesem Verfahren nicht „über den Flughafenstandort Schönefeld“ als solchen entschieden hat. Vielmehr hat es allein über die Wirksamkeit des Landesentwicklungsplanes Flughafenstandortentwicklung vom 28. Oktober 2003 entschieden."

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