Die Rechtsanwaltskammer Berlin teilt mit, dass sie die treuhänderische Hinterlegung von Geld für Mandanten und Gegner als Vertretung widerstreitender Interessen ansieht. Hier der Hinweis der Rechtsanwaltskammer Berlin:
"Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin hat zum Jahresende 2004 eine Rüge verhängt, deren Begründung für die Kammermitglieder von Interesse sein dürfte. Eine in einer Ehesache beauftragte Rechtsanwältin hatte einen Geldbetrag, welche die Vermieterin an die Eheleute auszahlte und über deren Aufteilung Streit bestand, auf einem Anderkonto eingezahlt und dort verwahrt. Später hat sie einen Teil des Geldes auf Anweisung ihres Mandanten an diesen ausgezahlt.
Der Vorstand hat in der treuhänderischen Hinterlegung des verwahrten Geldes für Mandant und Gegenseite eine Vertretung widerstreitender Interessen i.S.d. § 43 a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA gesehen, da sich die Anwältin durch die treuhänderische Stellung dazu verpflichtet habe, in derselben Sache neben den Interessen des Mandanten auch die Interessen der Gegnerin zu wahren. Die Auszahlung des Geldes wurde außerdem als berufsrechtswidrig gem. § 43 a Abs. 5 BRAO, § 4 BORA bewertet. Es wurde daher gegen die Anwältin eine Rüge verhängt."
§ 43a Absatz 4 BRAO lautet:
Der Rechtsanwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten.
§ 43a Absatz 5 BRAO lautet:
Der Rechtsanwalt ist bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet. Fremde Gelder sind unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen.
§ 3 BORA - Berufsordnung für Rechtsanwälte: Widerstreitende Interessen, Versagung der Berufstätigkeit
(1) Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er, gleich in welcher Funktion, eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise im Sinne der §§ 45, 46 Bundesrechtsanwaltsordnung beruflich befasst war.
(2) Das Verbot gilt auch, wenn ein anderer Rechtsanwalt oder Angehöriger eines anderen Berufes im Sinne des § 59 a Bundesrechtsanwaltsordnung, mit dem der Rechtsanwalt in Sozietät, zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in sonstiger Weise (Anstellungsverhältnis, freie Mitarbeit) oder in Bürogemeinschaft verbunden ist oder war, in derselben Rechtssache, gleich in welcher Funktion, im widerstreitenden Interesse berät, vertritt, bereits beraten oder vertreten hat oder mit dieser Rechtssache in sonstiger Weise beruflich befasst ist oder war.
(3) Die Verbote der Abs. 1 und 2 gelten nicht, wenn eine Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung beendet ist und der Rechtsanwalt während der Zeit gemeinsamer Berufsausübung weder Sozius war noch wie ein solcher nach außen hervorgetreten ist und auch selbst mit der Rechtssache nicht befasst war.
(4) Wer erkennt, dass er entgegen den Absätzen 1 oder 2 tätig ist, hat unverzüglich davon seinen Mandanten zu unterrichten und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden.
------------------------------------------------------------
Kommentar:
Es stellt sich die Frage, ob die Treuhandtätigkeit des Rechtsanwalts auf Grund eines bindenden Treuhandauftrags, Geld auf einem Anderkonto zu verwahren, und zwar mit der übereinstimmenden schriftlichen Anweisung des Mandanten und des Gegners, ausschließlich auf Grund einer übereinstimmenden schriftlichen Anweisung beider Parteien weisungsgemäß Auszahlungen vorzunehmen, tatsächlich die Wahrnehmung widerstreitender Interessen sein kann. Ich meine, dass dies bei einem derartig beschränkten und genau definierten Treuhandauftrag nicht der Fall ist.
Bei einer derartigen Konstellation geht es gerade nicht um die anwaltliche Vertretung widerstreidender Interessen, sondern um das übereinstimmende Interesse beider Parteien, dass bis zur außergerichtlichen Einigung beider Parteien ohne Rücksicht auf eventuelle Zahlungsunfähigkeit der Geldbetrag sicher zur Verfügung stehen soll und ein Rechtsstreit unter Umständen vermieden wird, der wegen der Sorge der vermeintlichen oder wirklich drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sonst unvermeidbar wäre. Es geht um die vereinfachte Hinterlegung auf dem Anderkonto eines der beteiligten Rechtsanwälte ohne zum Beispiel die bürokratischen Förmlichkeiten des Verfahrens nach der Hinterlegungsordnung einhalten zu müssen. Wenn der Mandant also schriftlich auf sein Weisungsrecht in Bezug auf den auf dem Rechtsanwaltanderkonto hinterlegten Betrag verzichtet, entspricht die treuhänderische Bindung dem übereinstimmenden Interesse beider Parteien.
Im entschiedenen Fall lag dagegen anscheinend eine derartige Treuhandvereinbrung, wonach nur übereinstimmende Erklärungen beider Parteien zu Auszahlungen berechtigen, nicht vor oder die Rechtsanwältin hat sich nicht daran gehalten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen