Donnerstag, 14. April 2005

Ortsbürgermeister von Nierstein vs. Justiz

Pressemitteilung des Generalstaatsanwalts Weise in Koblenz:"Strafverfahren gegen den Niersteiner Ortsbürgermeister: Vorwürfe gegen Justiz abwegig

Es ist generell nicht üblich, dass die Staatsanwaltschaft das Verhalten von Verfahrensbeteiligten während einer laufenden Hauptverhandlung kommentiert. Dementsprechend wurden auch in dem Verfahren gegen den Ortsbürgermeister von Nierstein die gegen die Justiz erhobenen Vorwürfe trotz ihrer aggressiven Form und ihres z.T. nicht der Wahrheit entsprechenden Inhalts bislang nicht öffentlich bewertet und richtig gestellt.

Es kann aber nicht hingenommen werden, dass der Angeklagte die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft als „politisch motiviert“ und das jetzt anhängige Gerichtsverfahren als „Kampagne seiner politischen Gegner“ sowie als „politisches Intrigenspiel“ darstellt. Mit diesen in den Medien wiedergegebenen Äußerungen wirft er sowohl dem ermittelnden Staatsanwalt als auch der Vorsitzenden des Gerichts vor, sich - bewusst - nicht an Recht und Gesetz zu halten. Dieser diffamierende Vorwurf ist als abwegig zurückzuweisen. In dem Verfahren geht es ausschließlich darum, dass der Ortsbürgermeister nach Auffassung der Staatsanwaltschaft im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens als Zeuge eine falsche Aussage gemacht hat. Da hierfür nach den durchgeführten Ermittlungen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorlagen, hat das Amtsgericht nach Prüfung des Sachverhalts auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl erlassen und nach erfolgtem Einspruch Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Der Ortsbürgermeister sollte zur Kenntnis nehmen, dass die Staatsanwaltschaft bei Vorliegen entsprechender Verdachtsmomente den gesetzlichen Auftrag hat, diesen nachzugehen. Auch politische Mandatsträger haben - wie jeder andere Bürger auch - in Ermittlungsverfahren die Pflicht, als Zeugen wahrheitsgemäße und vollständige Aussagen zu machen.

Wenn sich der Angeklagte demgegenüber heute als politisch Verfolgter darstellt, so müsste ihm die Haltlosigkeit des Vorwurfs bereits deshalb bewusst sein, weil ihm die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung eines Geldbetrages angeboten hatte. Dies wäre ohne Öffentlichkeit erfolgt und dementsprechend im politischen Bereich weitestgehend unbeachtet geblieben. Soweit der Angeklagte gegen einen Staatsanwalt im Zusammenhang mit einer „Weinbergs-Rundfahrt“ den Vorwurf erhebt, gegenüber „SPD-Politikern über den Fall geplaudert“ zu haben, ist dies ebenfalls unzutreffend. Im Rahmen der Prüfung dieses Sachverhalts aufgrund einer von dem Ortsbürgermeister erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde haben die hierzu gehörten Zeugen bestätigt, dass es der Ortsbürgermeister selbst war, der über den Fall gesprochen hatte. Seinen Gesprächspartnern war das Verfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal bekannt.

Der erhobene Vorwurf der politischen Motivation ist mithin ohne jeden Realitätsbezug. Dies ergibt sich im Übrigen auch bereits daraus, daß der Angeklagte auf einer politischen Ebene agiert, die lediglich eine regional sehr begrenzte kommunalpolitische Bedeutung hat. Daher wird der Angeklagte ernsthaft auch nicht behaupten wollen, dass es der rheinland-pfälzischen Justiz darum geht, den von ihm jetzt angestrebten Einzug in den Landtag zu verhindern.

gez. Norbert Weise

Generalstaatsanwalt

Generalstaatsanwaltschaft Koblenz

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