Mittwoch, 18. Mai 2005

BGH zur Beweislast bei Eigenbedarfskündigung

In einer Pressemitteilung wird über das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.05.2005 - VIII ZR 368/03 (AG Mannheim - 17 C 423/02 ./. LG Mannheim - 4 S 23/03) berichtet. Wegen Eigenbedarfs gekündigte Mieter hatten Schadenersatzansprüche gegen ihren ehemaligen Vermieter wegen der nach einer Eigenbedarfskündigung entstandenen Umzugskosten und der Mietdifferenz der teureren neuen Wohnung geltend gemacht. Der beklagte Vermieter renovierte jahrelang, heiratete zwischendurch und bezog deshalb - nach seinen von den Klägern bestrittenen Angaben - wegen Änderung seiner Lebensplanung gemeinsam mit seiner Ehefrau eine andere, größere, Wohnung.

Es war strittig, ob vorgeschobener Eigenbedarf vorlag, der den Vermieter zur Leistung von Schadenersatz verpflichtet hätte.

Zu klären war, bei wem die Beweislast für die entscheidende Frage lag.

Grundsätzlich hat derjenige, der aus einer ihm günstigen Norm Rechte herleitet, deren tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Diese Verteilung der Beweislast gilt auch für den Schadensersatzanspruch, den der Mieter gegen den früheren Vermieter wegen einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung geltend macht. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, bei diesem Anspruch von dem allgemeinen Grundsatz der Beweislastverteilung abzuweichen, ist, wie der Bundesgerichtshof im einzelnen ausgeführt hat, nicht gegeben. Der Mieter wird dadurch, daß ihm der Beweis für den fehlenden Selbstnutzungswillen des Vermieters auferlegt wird, nicht in unbilliger Weise belastet. Denn der Vermieter darf sich im Prozeß nicht darauf beschränken, die Behauptung des Mieters, daß der Kündigung ein Selbstnutzungswille des Vermieters nicht zugrunde gelegen habe, schlicht zu bestreiten. Setzt der Vermieter den mit der Kündigung behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat um, so liegt der Verdacht nahe, daß der Eigenbedarf als Kündigungsgrund nur vorgeschoben war. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung geltend gemachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Erst wenn der Vortrag des Vermieters dem genügt, obliegt dem Mieter der Beweis, daß ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestanden hatte.

Daß der Beklagte seinen ursprünglichen Selbstnutzungswillen und die tatsächlichen Gründe für dessen spätere Aufgabe substantiiert und plausibel dargelegt hat, war für das anspruchsbegründende Behauptung, der Beklagte habe von Anfang an nicht beabsichtigt, in die von ihnen gemietete Wohnung einzuziehen, zu beweisen. Die Kläger haben für ihr Vorbringen auch Zeugenbeweis angetreten.

Das Vorbringen der Kläger war nicht bereits aufgrund eines Beweises des ersten Anscheins als erwiesen anzusehen. Der Bundesgerichtshof hat offengelassen, ob unter bestimmten Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis zugunsten des Mieters dafür sprechen kann, daß ein Eigenbedarf schon ursprünglich nicht bestand, wenn der mit der Kündigung behauptete Eigenbedarf nicht verwirklicht wird. Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen für einen Beweis des ersten Anscheins jedenfalls nicht erfüllt, weil allein der große zeitliche Abstand zwischen der Räumung der Wohnung und deren erneuter Vermietung es nicht als hinreichend naheliegend erscheinen läßt, daß sich der Beklagte bereits vor dem Auszug der Kläger zur Neuvermietung der Wohnung entschlossen hatte.

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