Donnerstag, 30. Juni 2005

Probleme mit Altkündigungsfristen bei Wohnungsmietverträgen - Gesetzesänderung nötig

Udo Vetter: weist auf die Frage hin, wie Kündigungen von "Altmietern zu behandeln sind, die vor dem 1. Juni 2005 gekündigt haben (lange Kündigungsfrist), aber jetzt nach dem Stichtag eine neue Kündigung hinterhergeschoben haben (drei Monate Kündigungsfrist)?

Ich bin genau wie er überzeugt davon, dass der Mieter durch nichts gehindert ist, erneut nach Inkrafttreten der Rechtsänderung zu kündigen. Wir kennen die Problematik im Mietrecht schon lange. Manchmal werden in Mietprozessen ganze Serien von Kündigungen abgehandelt. Es wird chronologisch geprüft, welche der Kündigungen, auf die sich eine Partei (meist bisher der Vermieter) beruft, durchgreifen könnte (Eigenbedarf, Zahlungsverzug, erhebliche Vertragsverletzung, unerlaubte Gebrauchsüberlassung). Die Neuregelung soll alte Kündigungen nicht in ihrem Bestand zementieren, sondern im Gegenteil die Kündigung des Mieters erleichtern. Es spricht kein ernsthaftes Argument gegen die Wirksamkeit der entsprechend der Intention des Gesetzgebers nach Inkrafttreten der Rechtsänderung ausgesprochenen Kündigung.

Es gibt aber ein anderes Problem: RiAG Beuermann weist im aktuellen Heft Nr. 12 der Zeitschrift "Das Grundeigentum" auf der Seite 722 auf folgendes hin:

Der Gesetzgeber hat Artikel 229 § 3 Absatz 10 wie folgt geändert:

"(10) § 573c Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist nicht anzuwenden, wenn die Kündigungsfristen vor dem 1. September 2001 durch Vertrag vereinbart worden sind. Für Kündigungen, die ab dem 1. Juni 2005 zugehen, gilt dies nicht, wenn die Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 1. September 2001 geltenden Fassung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart worden sind."

Durch diese Formulierung stellt sich die Frage, ob das Reparaturgesetz repariert werden muss:

Es kannn nämlich durchaus zweifelhaft sein, wann eine Vereinbarung nach § 565 Absatz 2 Satz 1 und 2 BGB in der bis zum 01.09.2001 geltenden Fassung vorliegt.

Nach § 565 Absatz 2 BGB a.F. war die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig und nach Ablauf von 5, 8 und 10 Jahren verlängerte sich die Kündigungsfrist.

In Mietverträgen wurde sehr häufig folgende nicht mit § 9 AGBG kollidierende (vertragliche Kündigungsfristverlängerung war nach allgemeiner Auffassung zulässig) Formulierung aufgenommen:

"Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums weniger als 5 Jahre vergangen sind, 6 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums 5 Jahre vergangen sind ......"

Die gesetzliche Kündigungsfrist war daher 3 Werktage kürzer als die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist, denn es waren in diesen Fällen volle drei Monate als Kündigungsfrist vereinbart.

Jetzt stellt sich die Frage, ob in diesen Fällen eine Kündigungsfrist i.S. des § 565 Absatz 2 BGB a.F. vorliegt, wie es das Reparaturgesetz in Art. 229 § 3 Absatz 10 ausdrücklich verlangt.

Genau wie in der alten Regelung der Verkürzung der Kündigungsfristen vor Erlass des Reparaturgesetzes stimmt der Wortlaut des Gesetzes nicht mit den Absichten des Gesetzgebers überein. Die genannten Fälle führen zur Anwendung der älteren längeren Kündigungsfristen für die Mieter, denn diese Altmietverträge enthielten nun einmal keine Kündigungsfristen des § 565 Absatz 2 Satz 1 und 2 BGB a.F., wie es die Neuregelung ausdrücklich verlangt.

Es wird vermutlich erneut Richter geben, die so oder anders entscheiden, bis der Gesetzgeber ein Reparaturgesetz für das Reparaturgesetz erlässt oder der Bundesgerichtshof eine wegweisende Entscheidung trifft.

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