Montag, 11. Juli 2005

Bedenke das Ende 2 - dumm gelaufen

Eine Berliner Wohnungseigentümergemeinschaft hatte ein Problem: Einer von ihnen bewohnte eine 146 qm große Eigentumswohnung in der Wohnanlage. Leider konnte er das Wohngeld nicht aufbringen und lebte von Sozialhilfe. Schon vor 5 Jahren erwirkten die übrigen Wohnungseigentümer einen vollstreckbaren Titel über 5.181,79 DM gegen den säumigen Miteigentümer. Die Gläubiger versuchten ihr Glück mit der Zwangsverwaltung des Grundstücks. Grundlagen waren:

ZPO § 866 Arten der Vollstreckung
(1) Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung.
.........

ZPO § 869 Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
Die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung werden durch ein besonderes Gesetz geregelt.


Dieses Gesetz ist das ZVG. Die Miteigentümer glaubten, hier eine gute Lösung gefunden zu haben:

ZVG § 149
(1) Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen.
......


Der Schuldner bewohnte allein 146 qm. So viel brauchte er nicht. Also sagten sich die pfiffigen Miteigentümer, dass er dem inzwischen bestellten Zwangsverwalter für die "zuviel" genutzten Räumlichkeiten Miete bezahlen müsse und veranschlagten den Bedarf ihres Miteigentümers auf 46 qm, so dass er für 100 qm Miete bezahlen müsse, und zwar monatlich 1.400 DM.

Ganz so pfiffig war die Idee nicht. Der Miteigentümer zahlte natürlich nicht.

Dafür verlangte der Zwangsverwalter von den Gläubigern, den anderen Miteigentümern, zur Deckung der Kosten der Zwangsverwaltung eifrig Vorschusszahlungen. 12.146,80 € zahlte die Restwohnungseigentümergemeinschaft an den Zwangsverwalter. Dieser bezahlte damit das laufende Wohngeld für den Wohngeldschuldner und seine eigenen Kosten. Nur der Schuldner zahlte nicht. Der wohnte nur weiter in seiner 146 qm - Wohnung.

Nun gut, sagten sich die Miteigentümer eines Tages, dann lassen wir uns wenigstens unsere reichlichen Zahlungen an den Zwangsverwalter als Kosten der Zwangsvollstreckung verzinslich festsetzen und dachten an folgende Vorschrift:

ZPO § 788 Kosten der Zwangsvollstreckung
(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils. Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung als Gesamtschuldner; § 100 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
(2) Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung erfolgt ist, die Kosten gemäß § 103 Abs. 2, den §§ 104, 107 fest. Im Falle einer Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 887, 888 und 890 entscheidet das Prozessgericht des ersten Rechtszuges.


Nur leider - es fand sich niemand bereit, diese Kosten gegen den Schuldner festzusetzen.

Der Bundesgerichtshof brachte es in letzter Instanz in seinem Beschluss vom 14.04.2005 - V ZB 5/05 - deutlich zum Ausdruck: Nur notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung werden nach § 788 ZPO festgesetzt. Selbst wenn die Zahlungen der Eigentümergemeinschaft an den Zwangsverwalter Kosten der Zwangsvollstreckung gewesen seien (Zweifel sind denkbar), so waren es doch keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung:

"Aufwendungen des Gläubigers, deren Zweck nicht darin besteht, die Befriedigung der titulierten Forderung zu erreichen, stellen keine von dem Schuldner zu erstattenden notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung dar."

schreibt der Bundesgerichtshof in seinen Leitsatz. Grund: Wer glaubt, dass ein Miteigentümer, der als Sozialhilfeempfänger nicht in der Lage ist, monatlich 774,27 DM Wohngeld zu zahlen, im Laufe des Zwangsverwaltungsverfahrens beginnt, monatlich 1.400 DM Miete an den Zwangsverwalter zu zahlen, durfte die Aufrechterhaltung der Zwangsverwaltung mit Zahlung hoher Geldbeträge nach dem Maßstab eines verständigen Gläubigers objektiv nicht als geeignete Maßnahme zur Befriedigung der titulierten Wohngeldforderung ansehen.

Es stellt sich nur die Frage, welcher Berufhaftpflichtversicherer eintrittspflichtig für die verlorenen Zuschüsse sein wird.

Merke: Man sollte sich sehr genau überlegen, ob man dem schlechten Geld nocht gutes Geld hinterherwerfen sollte.

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