Sonntag, 10. Juli 2005

Bedenke das Ende

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 05.04.2005 - VII ZB 17/05 - und der juris Praxis Report extra 7/2005 erinnern daran, dass es nicht genügt, einen Prozess zu gewinnen. Man sollte so gewinnen, dass ein erstrittenes günstiges Urteil möglichst effektiv durchgesetzt wird und keine Makulatur, weil bei dem Beklagten nichts zu holen ist. Es muss schon bei der Formulierung des Klageantrags bedacht werden, ob und wie ein antragsgemäß ergehendes Urteil im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann. Das ist nur scheinbar eine Binsenweisheit. Anfängerfehler wie die nicht hinreichende Beschreibung einer herauszugebenden Sache werden im allgemeinen durchaus vermieden. Hier geht es um Feinheiten des Zwangsvollstreckungsverfahrens, nämlich die Vorschrift des § 850 f Absatz 2 ZPO:

"2) Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850 c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf."
Bei einer Lohnpfändung kann es darauf ankommen, über die Hürde der "normalen" in § 850c ZPO festgelegten pfändbaren Beträge hinaus so viel vom gepfändeten Einkommen des Schuldners zu bekommen, dass diesem nur der notwendige Unterhalt und die Mittel zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten verbleiben.

Dies ist im Fall der schärferen Pfändung gemäß § 850f Absatz 2 ZPO gerechtfertigt, wenn der Schuldner Täter einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung war und deshalb zur Leistung von Schadenersatz verurteilt wurde.

Der Bundesgerichtshof hat jetzt festgestellt: "Durch die Vorlage eines Vollstreckungsbescheides kann der Nachweis einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung für das Vollstreckungsprivileg des § 850f Abs. 2 ZPO durch den Gläubiger nicht geführt werden."

Dies ist so, weil nach Ansicht des Bundesgerichtshofs allein das erkennende Gericht - und das bindend - feststellen kann, ob ein Anspruch aus unerlaubter Handlung ausgeurteilt wurde. Dies kann durch Auslegung des Urteils ermittelt werden.

Der BGH drückt es so aus:

"Um den Nachweis für die Vollstreckungsprivilegierung zu erbringen, hat der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht daher einen Titel vorzulegen, aus dem sich - gegebenenfalls im Wege der Auslegung - der deliktische Schuldgrund und der von § 850f Abs. 2 ZPO vorausgesetzte Grad des Verschuldens ergeben; eine davon abweichende Beurteilung ist dem Vollstreckungsgerichtversagt."
Wir lernen daraus: Wer Ansprüche aus unerlaubter Handlung im Wege des vermeintlich schnelleren gerichtlichen Mahnverfahrens (in der Hoffnung, dass der Schuldner so ein Mahnverfahren unbeachtet lässt oder schlechten Gewissens akzeptiert) geltend macht, begeht einen Kunstfehler.

Aus dem im Mahnverfahren zu erreichenden Vollstreckungsbescheid, der erlassen wird wird, wenn kein Widerspruch gegen den zugestellten Mahnbescheid eingelegt wird, kann man nämlich nicht die schärfere Pfändung des § 850f Absatz ZPO in Anspruch nehmen und unter Umständen wegen Vorpfändungen oder Lohnabtretungen mit seiner Lohnpfändung gegen den Schuldner ausfallen.

Also: Schadenersatzansprüche aus unerlaubter Handlung werden im Wege der Klage geltend gemacht und es wird ein Antrag auf Zahlung und ein Feststellungsantrag, wonach der Beklagte wegen einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung verurteilt wurde, gestellt.

Wieder etwas dazu gelernt.

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