Via Vier Strafverteidiger mit ergänzender Erläuterung: Die Braunschweiger Zeitung schildert den zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen den Strafverteidiger, der in einem Schriftsatz deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass Teile der Ermittlungsakten dreist gefälscht seien und der deswegen erstinstanzlich und nicht rechtskräftig verwarnt wurde.
Der Beobachter gewinnt den Eindruck, dass hier ein Organ der Rechtspflege diszipliniert werden soll.
Ich habe es häufig erlebt, dass staatsanwaltliche Anklageschriften im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen Zeugenaussagen als "Schutzbehauptungen" werten, die nicht den Tatsachen entsprächen. Dagegen ist niemals eine Anklage gegen den Verfasser derartiger Anklageschriften wegen falscher Verdächtigung oder Begünstigung etc. bekannt geworden, wenn sich später herausstellte, dass diese vorläufige Wertung unzutreffend war. Weshalb nicht? Wo ist der Unterschied, wenn zusätzlich formuliert würde, der Zeuge hätte dreist gelogen? Mag sein, dass der Staatsanwalt aus dienstrechtlichen Gründen "milde" formulieren muss. Im Kern bleibt gleichwohl der deutliche Vorwurf gegen den Zeugen übrig, eine Straftat begangen zu haben. Normalerweise darf niemand folgenlos einer Straftat bezichtigt werden. Weil die Staatsanwaltschaft pflichtgemäß eine Wertung des Sachverhalts im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen innerhalb der Anklageschrift vorgenommen hat, kommt aber kein vernünftiger Mensch auf die Idee, dem Staatsanwalt vorzuwerfen, er sei persönlich in strafrechtlich relevanter Weise tätig geworden und müsse deshalb persönlich strafrechtlich verfolgt werden, wenn sich später in der Hauptverhandlung herausstellt, dass der Zeuge doch die Wahrheit gesagt und der Staatsanwalt die übrigen Ergebnisse der Ermittlungen unzutreffend gewertet hat.
Die Staatsanwaltschaft darf und muss ständig vorläufige Bewertungen vornehmen und sich entscheiden, ob Beschuldigte angeklagt werden oder das Verfahren eingestellt wird.
Auch der Verteidiger, der anders als die Staatsanwaltschaft zur einseitigen Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist, muss den Sachverhalt, wie er sich auf Grund des Akteninhalts und der Angaben seines Mandanten und von ihm gegebenenfalls befragter Zeugen zur Zeit der Fertigung einer Schutzschrift darstellt, ebenfalls bewerten und darf ihn, wenn er es für Verteidigungszwecke erforderlich hält, in jeder Phase des Strafverfahrens den Verfahrensbeteiligten in Form einer Schutzschrift aus der Sicht der Verteidigung natürlich auch darlegen. Der Verteidiger darf deutlich zum Ausdruck bringen, wie die Verteidigung die vorgefundenen Beweismittel würdigt. Das ist der Kernbereich der Wahrnehmung berechtigter Interessen.
An diesem Recht darf nicht gerüttelt werden. Es kann nur als Einschüchterungsversuch gegen ein Organ der Rechtspflege gesehen werden, wenn schriftliche Beweiswürdigungen in Schutzschriften an die Ermittlungsbehörden mit der postwendenden Anklageerhebung bedroht sind. Es mag Grenzen geben, die aber erst erreicht sind, wenn die Äußerungen der Verteidigung erkennbar keinen Bezug zu den festgestellten und aktenkundigen Tatsachen haben.
Geradezu abwegig ist es, wenn bestimmte Beweismittel gewissermaßen als immun gegen Zweifel behandelt werden - nach dem Motto: Angaben von Polizeibeamten sind bis zum lückenlosen Beweis des Gegenteils unantastbar. Die Verteidigung darf und muss alle Umstände, die für und gegen die Schuld der Beschuldigten sprechen frühzeitig und vorläufig werten dürfen, ohne mit einer Anklageerhebung rechnen zu müssen.
Heuchlerisch erscheint es, wenn der Wortlaut von Stellungnahmen überbewertet wird. Es ergibt keinen Unterschied, ob eine Zeugenaussage als "nicht mit der Wahrheit im Einklang" stehend bezeichnet wird, oder ob der Zeuge der dreisten Lüge bezichtigt wird. Und ob die angegriffenen Zeugenangaben mündlich oder schriftlich erfolgten, ist rechtlich ohne Bedeutung.
Es wird im Kern zum Ausdruck gebracht, dass ein Zeuge in strafrechtlich relevanter Weise gehandelt haben soll, und zwar kann und darf dies die Staatsanwaltschaft (im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklageschrift, im Plädoyer) und die Verteidigung (in Schutzschriften, im Plädoyer), ohne dass dies strafrechtliche Konsequenzen haben darf.
Der Braunschweiger Schuldspruch darf keinen Bestand haben.
Der Beobachter gewinnt den Eindruck, dass hier ein Organ der Rechtspflege diszipliniert werden soll.
Ich habe es häufig erlebt, dass staatsanwaltliche Anklageschriften im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen Zeugenaussagen als "Schutzbehauptungen" werten, die nicht den Tatsachen entsprächen. Dagegen ist niemals eine Anklage gegen den Verfasser derartiger Anklageschriften wegen falscher Verdächtigung oder Begünstigung etc. bekannt geworden, wenn sich später herausstellte, dass diese vorläufige Wertung unzutreffend war. Weshalb nicht? Wo ist der Unterschied, wenn zusätzlich formuliert würde, der Zeuge hätte dreist gelogen? Mag sein, dass der Staatsanwalt aus dienstrechtlichen Gründen "milde" formulieren muss. Im Kern bleibt gleichwohl der deutliche Vorwurf gegen den Zeugen übrig, eine Straftat begangen zu haben. Normalerweise darf niemand folgenlos einer Straftat bezichtigt werden. Weil die Staatsanwaltschaft pflichtgemäß eine Wertung des Sachverhalts im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen innerhalb der Anklageschrift vorgenommen hat, kommt aber kein vernünftiger Mensch auf die Idee, dem Staatsanwalt vorzuwerfen, er sei persönlich in strafrechtlich relevanter Weise tätig geworden und müsse deshalb persönlich strafrechtlich verfolgt werden, wenn sich später in der Hauptverhandlung herausstellt, dass der Zeuge doch die Wahrheit gesagt und der Staatsanwalt die übrigen Ergebnisse der Ermittlungen unzutreffend gewertet hat.
Die Staatsanwaltschaft darf und muss ständig vorläufige Bewertungen vornehmen und sich entscheiden, ob Beschuldigte angeklagt werden oder das Verfahren eingestellt wird.
Auch der Verteidiger, der anders als die Staatsanwaltschaft zur einseitigen Wahrnehmung der Interessen seines Mandanten nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist, muss den Sachverhalt, wie er sich auf Grund des Akteninhalts und der Angaben seines Mandanten und von ihm gegebenenfalls befragter Zeugen zur Zeit der Fertigung einer Schutzschrift darstellt, ebenfalls bewerten und darf ihn, wenn er es für Verteidigungszwecke erforderlich hält, in jeder Phase des Strafverfahrens den Verfahrensbeteiligten in Form einer Schutzschrift aus der Sicht der Verteidigung natürlich auch darlegen. Der Verteidiger darf deutlich zum Ausdruck bringen, wie die Verteidigung die vorgefundenen Beweismittel würdigt. Das ist der Kernbereich der Wahrnehmung berechtigter Interessen.
An diesem Recht darf nicht gerüttelt werden. Es kann nur als Einschüchterungsversuch gegen ein Organ der Rechtspflege gesehen werden, wenn schriftliche Beweiswürdigungen in Schutzschriften an die Ermittlungsbehörden mit der postwendenden Anklageerhebung bedroht sind. Es mag Grenzen geben, die aber erst erreicht sind, wenn die Äußerungen der Verteidigung erkennbar keinen Bezug zu den festgestellten und aktenkundigen Tatsachen haben.
Geradezu abwegig ist es, wenn bestimmte Beweismittel gewissermaßen als immun gegen Zweifel behandelt werden - nach dem Motto: Angaben von Polizeibeamten sind bis zum lückenlosen Beweis des Gegenteils unantastbar. Die Verteidigung darf und muss alle Umstände, die für und gegen die Schuld der Beschuldigten sprechen frühzeitig und vorläufig werten dürfen, ohne mit einer Anklageerhebung rechnen zu müssen.
Heuchlerisch erscheint es, wenn der Wortlaut von Stellungnahmen überbewertet wird. Es ergibt keinen Unterschied, ob eine Zeugenaussage als "nicht mit der Wahrheit im Einklang" stehend bezeichnet wird, oder ob der Zeuge der dreisten Lüge bezichtigt wird. Und ob die angegriffenen Zeugenangaben mündlich oder schriftlich erfolgten, ist rechtlich ohne Bedeutung.
Es wird im Kern zum Ausdruck gebracht, dass ein Zeuge in strafrechtlich relevanter Weise gehandelt haben soll, und zwar kann und darf dies die Staatsanwaltschaft (im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklageschrift, im Plädoyer) und die Verteidigung (in Schutzschriften, im Plädoyer), ohne dass dies strafrechtliche Konsequenzen haben darf.
Der Braunschweiger Schuldspruch darf keinen Bestand haben.
2 Kommentare:
Sehr geehrter Herr Kollege Franke,
ich bin ganz Ihrer Meinung. Es gibt in der Tat einen ganz eklatanten Widerspruch zwischen dem, was der Anklagebehörde gegenüber Zeugen erlaubt wird und dem, was der Verteidigung ungerügt - und offenbar auch unbestraft - erlaubt wird. Ich sehe keinen Unterschied zwischen einem Polizeibeamten und einer nicht beamteten Person, die als Beweismittel aufgeboten wird.
Deshalb muß der Verteidigung selbstverständlich erlaubt sein, bei hinreichendem Verdacht zu behaupten, daß ein Polizeibeamter lügt. Derartige Anschuldigungen hören wir häufig aus dem Munde von Anklagevertretern, ohne daß ein Gericht auf die Idee käme, den Anklagevertreter hierfür wegen Beleidigung pp. anzuklagen.
Der verurteilte Kollege sollte Berufung einlegen.
mögen deutliche Worte in Braunschweig auch verpönt sein, geben wird es sie auch zukünftig!
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