Donnerstag, 27. Oktober 2005

Gewalt der Sprache – Sprache der Gewalt

"Gewaltsprache" hat historische Dimensionen:
„Cetero censeo Carthaginem esse delendam“
Cato d. Ältere, Schlusssatz aller seiner öffentlichen Reden. Karthago wurde dann im 3. Punischen Krieg dem Erdboden gleich gemacht.
„Der Tausendsakerment!
Schlagt ihn tot, den Hund! Er ist ein Rezensent.“
J.W. Goethe, Schlussverse des Gedichts ‚Rezensent’


"Gewaltpotenzial von Worten kann durch einen veränderten Wort-Gebrauch immer auch gebannt werden.

Kaum ein ‚schlagenderes’ Beispiel gibt es dafür, als das ‚Schicksal’ der Verwendung des Wortes ‚Nigger’, dem wohl pointiertesten ras-sistischen Schimpfwort. Für die afroamerikanische Bevölkerung galt und gilt dieses Wort als die paradigmatische Beleidigung, als ‚super-lative racial epithet’.9 Seit der Bürgerrechtsbewegung in den 60ger Jahren ist dieses Wort stigmatisiert. Doch diese Kriminalisierung eines Wortgebrauches hat zugleich auch neue Probleme geschaffen:

Straftaten wurden mit dem Vorwand, Opfer rassistischer Beleidigung geworden zu sein, vorgetäuscht; in bigotter Manier gab es Versuche, anerkannte Literatur - etwa Huckleberry Finn - zu verbieten und das Wort ‚Nigger’ sogar aus den Lexika zu tilgen. Doch das, was die diskriminierende Macht dieses Wortes dann tatsächlich und nachhaltig zu brechen vermochte, war nicht einfach sein Verbot, vielmehr sein - diese Zensur gerade unterlaufender - wieder-holter Gebrauch durch die Schwarzen selbst.

“I’m a nigger not a colored man or a black or a Negro or an Afro-American”
Rapper Ice-T, Zeile aus einem Song

„When we call each other ‚nigger’ it means no harm, but if a white person uses it, it’s something different, it’s a racist word. “
(Rapper Ice Cube)

In jüngster Zeit sind es vor allem der Rap und die Hip-Hop Kultur, welche aus ‚Nigger’, dieser ursprünglich schimpflichen Demütigung im Munde von Weißen, dann - ausgesprochen von den Schwarzen selbst - eine stolze Selbstzuschreibung afroamerikanischer Identität werden lässt.

Sprache, so ist zu resümieren, ist also nicht nur ein Reservoir von Gewalt: Sie stellt zugleich die Mittel bereit, diese Gewalt auch zu bannen."
So heisst es in der Broschüre der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport in Berlin

Vgl. Landeskommision gegen Gewalt in Berlin.

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