Donnerstag, 23. Februar 2006

Auswirkungen der UN-Terrorverdachtsliste

LiNo hat über die Anfrage des FDP-Abgeordneten Ritzmann zur Terrorverdachtsliste der Vereinten Nationen berichtet.

Die Antwort des Innensenators Körting ist hier veröffentlicht.


Dort wird u.a. ausgeführt:
Für gelistete Personen ergeben sich - rechtlich betrachtet - Konsequenzen nicht unmittelbar aus der Terrorverdachtsliste der Vereinten Nationen (VN), sondern aus der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27.05.2002 (EU-ABl. L 139 vom 29.05.2002, S. 9). Diese dient der EU-weit einheitlichen Umsetzung der VN-Resolution Nr. 1390/2002, welche die Mitgliedstaaten der VN - und damit alle Mitgliedstaaten der EU und mittelbar auch die EU - verpflichtet, bestimmte Maßnahmen gegen Personen und Organisationen, die mit Osama bin laden, dem Al-Quaida-Netzwerk oder den Taliban in Verbindung stehen, zu ergreifen. Die EG-Verordnung Nr. 881/ 2002 gilt in allen Mitgliedstaaten der EU unmittelbar und ist, ohne dass nationale Umsetzungsmaßahmen erforderlich wären, von allen zu beachten, unabhängig davon, ob sich die in den Namenslisten aufgeführten Personen, Vereinigungen, Organisationen oder Unternehmen in Deutschland oder in einem sonstigen Land befinden.
Der genannten EG-Verordnung ist gemäß Art. 2 als „Anhang I“ die Terrorverdachtsliste beigefügt. In diese Liste, die fortlaufend aktualisiert wird, werden jeweils alle Personen aufgenommen, die auf der VN-Liste stehen. Die Terrorverdachtslisten der VN und der EU nach Verordnung Nr. 881/2001 sind also - mit kurzer zeitlicher Verzögerung durch die Übernahme seitens der EU - identisch.
Der zugrunde liegenden VN-Resolution entsprechend werden nach der o.g. EG-Verordnung alle Gelder und alle anderen Vermögenswerte von gelisteten Personen “eingefroren“. Ferner dürfen weder der Staat noch Privatpersonen den gelisteten Personen Gelder, Vermögenswerte, Finanz- oder damit zusammenhängende Dienstleistungen direkt oder indirekt zur Verfügung stellen oder zugute kommen lassen. Verboten ist auch die wissentliche oder beabsichtigte Beteiligung an solchen Transaktionen oder an Tätigkeiten, die zur Umgehung des Einfriergebots führen. Verstöße gegen diese Verpflichtungen sind straf-bewehrt. Maßgebliche Strafvorschriften sind § 34 Abs. 4, Abs. 7 und 8 des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die o.g. EG-Verordnung auf eine möglichst umfassende Verfügungsbeschränkung zielt und deshalb die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der gelisteten Personen in vollem Umfang erfasst. Die rechtliche Umsetzung ist im Einzelfall mit zahlreichen Zweifelsfragen behaftet, weil der Begriff des „Einfrierens“ im nationalen Recht - etwa im Grundbuch-recht - keine exakt vorgezeichnete Entsprechung findet. Im Grundbuchverfahren wird die Listung derzeit als absolutes Erwerbs- bzw. Verfügungsverbot gedeutet; eine endgültige Klärung steht jedoch noch aus.
Die o.g. EU-Verordnung selbst enthält keine Regelungen, die über den wirtschaftlichen Sektor hinausgehen. Jedoch verpflichtet Artikel 4 des inhaltlich zugehörigen „Gemeinsamen Standpunktes“ des Rates vom 27.05.2002 (2002/402/GASP) [EU-ABl. L 139 vom 29.05.2002, S. 4], der ebenso wie die zuvor genannten Finanzsanktionen auf der VN-Resolution 1390/2002 basiert, die Mitgliedstaaten zur Ergreifung der erforderlichen Maßnahmen, um die Ein- oder Durchreise von Personen, Gruppen, Unternehmen oder Einrichtungen, die auf der VN-Terrorverdachtsliste aufgeführt sind, in bzw. durch die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten zu verhindern. Gemeinsame Standpunkte des Rates sind nicht rechtsverbindlich, entfalten aber eine politische Bindungswirkung (vgl. Art. 15 EU-Vertrag). Gelisteten Personen sollte also kein Visum erteilt werden.

In Berlin sind die Auswirkungen begrenzt. Bekannt geworden ist der Fall, dass ein in der Liste aufgeführter Terrorverdächtiger nicht in das Grundbuch eingetragen wurde. Das Grundbuchamt erfuhr von der Eintragung durch einen Hinweis des Bundeskriminalamts:

Im Bereich der Berliner Justiz sind bislang nur zwei Fälle im Grundbuchbereich aufgetreten, die dieselbe Person betreffen. Das Grundbuchamt erhielt konkrete Hinweise durch das Bundeskriminalamt. Die Identität des betroffenen Bürgers war ohne weitere Recherche feststellbar. Im aktuellen Fall hat das Grundbuchamt den Antrag auf Eigentumsumschreibung zurückgewiesen. Im zweiten Fall ist die Person vor Listung Eigentümer eines Grund-stückes geworden.
Im vorgenannten Grundbuchfall hat der Betroffene Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss eingelegt. Das Landgericht Berlin hat die Beschwerde zurückgewiesen. Daraufhin hat der Betroffene weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts Berlin eingelegt. Eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin steht noch aus. Berlin, den 08. Februar 2006; Dr. Ehrhart Körting; Senator für Inneres



Es soll sich um einen Grundstückskauf von Ben Mohammed Shafiq handeln, der angeblich in Dublin lebt, der versucht haben, das Grundstück der Neuköllner Al- Nur-Moschee zu kaufen.

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