Samstag, 17. Juni 2006

Berliner AV-Wohnen zu § 22 SGB II geändert

Im Amtsblatt für Berlin wurden am 16.06.2006 die geänderten Verwaltungsvorschriften über die Wohnungskostenübernahme veröffentlicht. Im folgenden gebe ich die geänderten Passagen zur Übernahme von Mietrückständen zur Vermeidung der Wohnungslosigkeit wieder.

Zunächst die gesetzliche Vorgabe:
§ 22 SGB II
Leistungen für Unterkunft und Heizung
(1) Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
(2) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(2a) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden ihnen Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur erbracht, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn
1. der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen.
(3) Wohnungsbeschaffungskosten sowie Mietkautionen und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den kommunalen Träger übernommen werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden.
(4) Die Kosten für Unterkunft und Heizung sollen von dem kommunalen Träger an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfebedürftigen nicht sichergestellt ist.
(5) Sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(6) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 569 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 5 bestimmten Aufgaben unverzüglich
1. den Tag des Eingangs der Klage,
2. die Namen und die Anschriften der Parteien,
3. die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4. die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5. den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist,
mit. Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit des Mieters beruht.
Die Verwaltungsvorschriften - AV-Wohnen in Berlin sind hier veröffentlicht.

Nun die neue Passagen der

Verwaltungsvorschriften zur Änderung der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II (AV-Wohnen)


Nummer 11.2 Abs. 1 wird in neuer Fassung zu Absatz 3. Es wird folgender Absatz 1 eingefügt:

„(1) Die Übernahme von Mietschulden dient dem Erhalt von Wohnraum.“

5. Nummer 11.2 Abs. 2 entfällt. Es wird folgender neuer Absatz 2 eingefügt:

„2) Bei der Übernahme von Schulden zur

a) Sicherung der Wohnung (Mietschulden) oder

b) Behebung einer vergleichbaren Notlage (z. B. Sperrung der Energie, Wasser- oder Heizungszufuhr)

handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen hat. Sie kann nur erfolgen, wenn bereits Leistungen für Wohnung und Heizung erbracht werden. Grundsätzlich sind bei der Ausübung des Ermessens auch Wirtschaftlichkeitsaspekte zu beachten.“

6. Die bisherige Fassung der Nummer 11.2 Abs. 1 wird in folgen- der Fassung zu Absatz 3:

„(3) Ist die Übernahme von Mietschulden zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit gerechtfertigt und notwendig, ist das Ermessen so weit eingeschränkt, dass im Regelfall die Hilfe wegen der erheblichen Folgen von Wohnungslosigkeit zu gewähren ist, wenn nur so ein Räumungsurteil abgewendet oder eine drohende Räumung vermieden werden kann.
Für die Frage, ob die Hilfeleistung gerechtfertigt ist, sind auch das bisherige Verhalten der Hilfesuchenden sowie die Selbsthilfemöglichkeiten zur Beseitigung der Notlage (auch der vorrangige Einsatz geschützten Vermögens gemäß § 22 Abs. 5 in Verbindung mit § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II) zu beachten.

a) Wohnungslosigkeit droht, wenn der Vermieter nach § 543 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB die Wohnung wegen der Mietschulden gekündigt hat oder eine Kündigung deswegen konkret in Aussicht steht. Es ist bei der Entscheidung über die Übernahme von Mietschulden zu beachten, dass

aa) die Verpflichtung zur Übernahme der Mietschulden bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit einer Räumungsklage die Kündigung unwirksam macht (allerdings nur, wenn nicht innerhalb der vorangegangenen 2 Jahre schon einmal eine unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist);

bb) die Übernahme der Mietschulden den Wohnraum tat- sächlich sichern muss. Dies ist, wenn noch andere Kündigungsgründe vorliegen, in der Regel nicht möglich;

cc) die Zusicherung des Vermieters zur Fortsetzung des Mietverhältnisses gegebenenfalls entscheidend für die Sicherung des Wohnraumes ist.

b) Gemäß § 22 Abs. 6 SGB II informieren die Gerichte den örtlich zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder die von diesem beauftragte Stelle, wenn eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 569 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches eingegangen ist. Es ist durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass diese Information unverzüglich beachtet wird und die notwendigen Maßnahmen im Sinne des § 22 Abs. 5 SGB II getroffen werden können.“

7. Die bisherige Nummer 11.2 Abs. 3 wird in folgender Fassung zu Absatz 4:

„(4) Die Übernahme von Mietschulden auf der Grundlage des § 22 Abs. 5 SGB II soll als Darlehen erfolgen. Bei der Festlegung der Rückzahlungsmodalitäten ist sicherzustellen, dass ein in Aussicht stehendes Beschäftigungsverhältnis durch die Rückzahlung nicht gefährdet wird.“



Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz hat einen Flyer und ein Merkblatt zum Thema AV-Wohnen veröffentlicht.

LiNo hat hier und hier berichtet.

Einige weitere Hinweise und links hier.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

AV-Wohnen gilt übrigens nur für Berlin !!!