Samstag, 2. September 2006

Seyran Ates fürchtet um ihr Leben und verzichtet auf ihre Zulassung als Rechtsanwältin

Via Handakte und TAZ: Die Rechtsanwältin Seyran Ates teilt mit, sie habe im August 2006 ihre Zulassung als Rechtsanwältin abgegeben:
"Aufgrund der Bedrohung durch die Verfahrensgegner meiner Mandantschaft und vor allem aufgrund einer akuten Bedrohungssituation ist mir wieder mal allzu deutlich vor Augen geführt worden, wie gefährlich die Arbeit als Rechtsanwältin war und wie wenig ich als Einzelperson geschützt war und bin."
Die TAZ:
Sie hat gekämpft, argumentiert und gestritten. Für das Recht jeder Frau, ihren Ehemann und ihre Lebensform selbst zu wählen. Seyran Ates ist eine der bekanntesten Frauenrechtlerinnen des Landes. Die Strafrechtlerin hat vor allem Migrantinnen vor Gericht vertreten. Jetzt aber ist die renommierte türkischstämmige Anwältin keine Anwältin mehr. Ates gab ihre Zulassung zurück. Ihre Kanzlei hat sie aufgelöst. Auch ihren Mitgliedsausweis bei Terre des Femmes gab sie zum großen Erstaunen der Organisation zurück.

Mehr über Seyran Ates hier.


Aus ihrem Lebenslauf:
"..1984 erschoß während der Beratungszeit ein Mann eine Besucherin und verletzte Ateş lebensgefährlich. Der Täter wird von ihr später als Mitglied der faschistischen Grauen Wölfe und Auftragskiller eingestuft. Die Genesung und Heilung von den Folgen des Attentats kostete sie sechs Jahre ihres Lebens. 1997 schloss sie ihr Studium an der FU Berlin mit dem zweiten Staatsexamen ab."

Seyran Ates über sich selbst:
Geboren bin ich am 20.04.1963 in Istanbul. Seit 1969 lebe ich in Berlin. Studium und Referendariat absolvierte ich ebenfalls in Berlin. Seit dem 22.07.1997 bis zum 11.08.2006 war ich als Rechtsanwältin tätig.

Aufgrund meiner türkisch-kurdischen Herkunft bin ich mit der Situation von Migrantinnen in Deutschland bestens vertraut. Natürlich auch, weil ich mich nahezu auch täglich mit Themen, wie Zwangsheirat, Ehrenmorde, häusliche Gewalt in Migrantenfamilien und Integrationspolitik beschäftige. Für mich ist dabei sehr wichtig, über Deutschlands Grenzen zu schauen. Dabei beschränke ich mich nicht auf die Türkei oder Europa, sondern bin der Ansicht, dass wir alle diese Themen international lösen müssen.

Jahrelanges politisches Engagement und Interesse für frauen- und minderheitenspezifische Themen haben sich auch in meiner anwaltlichen Arbeit deutlich gemacht. Und ich freue mich, meine politische Arbeit durch die Wahrnehmung von Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Interviews zu tagespolitischen Themen, hauptberuflich fortzusetzen.



Objektiv ist es aber leider das absolut falsche Signal, aufzugeben! Es könnte sein, dass es eine voreilige und von Panik geprägte Entscheidung war. Wer will ihr das aber vorwerfen?

Der Hintergrund muss unbedingt aufgeklärt und die Drohenden müssen zur Rechenschaft gezogen werden, soweit dies möglich ist. Morddrohungen dürfen sich niemals lohnen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Nun man weiss nicht, wie intensiv die Drohungen waren. Diese Kreise der Gegnerschaft von Frau Ates gehören wohl meist nicht zu den Aufgeklärtesten und Intelligentesten, da ist unkluges Handeln schon sehr wahrscheinlich. Das scheint der Grund für die Reaktion von Frau Ates gewesen zu sein.

Dennoch oder gerade deswegen ist die Entscheidung sehr zu bedauern, allerdings aufgrund des vermuteten Gefahrenpotentials für Frau Ates nachzuvollziehen.

Zu fordern bleibt, dass gerade diese bislang wenigen mutigen Kritiker und deren Vorgehen gegen solche Auswüchse des politischen Islam, unterstützt, gefördert und geschützt werden.

Das all dies in Deutschland geschehen kann, ein Mensch durch derartigen Druck zur Berufsaufgabe nach langem schwierigen und kostenintensiven Studium und trotz grossen Erfolgs in ihrem Beruf gezwungen wird, sollte nun ein letztes grosses und alarmierendes Warnzeichen sein und die Gesetzgebung, Gerichte und Behörden zum dringenden Handeln, auch aktuell vordringlich im Falll Ates, animieren.