Dienstag, 20. März 2007

Verfassungsschutz NRW flieht vor Chaos Computer Club

Beim diesjährigen Versuch des Chaos Computer Club (CCC), dem Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen ein symbolisches Trojanisches Pferd zu überreichen, stießen die verblüfften Chaoten auf einen leeren Stand.

Das zuvor über den Besuch informierte Standpersonal des Verfassungsschutzes hatte offenbar mitsamt allen Plakaten und Broschüren die Flucht ergriffen. Zurück blieb nur ein ausgeschalteter Fernseher. Das mitgebrachte schwarz rot-goldene Pferd konnte an niemanden mehr überreicht werden, verblieb daher symbolisch auf dem vorher penibel geräumten Tisch. "Augenscheinlich hat der Verfassungsschutz sein undemokratisches Wesen offenbart, indem er sich der Diskussion einfach entzogen hat," sagte CCC-Sprecher Andy Müller Maguhn.

Hintergrund der Aktion ist die Diskussion um den sogenannten Bundestrojaner als Umschreibung für die verdeckte Online-Durchsuchung auf Privatrechnern. Das Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein- Westfalen hatte sich hier nicht nur mit einer konkreten technischen Lösung bekannt gemacht, das Bundesland NRW ist auch bislang das einzige, dass bereits eine rechtliche Grundlage für den Einsatz eines solchen Trojaners für die Geheimdienste geschaffen hatte.

Der CCC wendet sich ganz grundsätzlich gegen den Einsatz solcher Spionageprogramme gegen die Bürger. Der Bundestrojaner ist durch das heimliche und dauerhafte Ausspionieren zum Symbol für den Kontroll- und Überwachungsstaat geworden. Dass der Verfassungsschutz nicht einmal bereit war, den Negativpreis des CCC entgegen zu nehmen, zeigt deutlich, dass der Verfassungsschutz und das Innenministerium keine Bereitschaft an den Tag legen, den umstrittenen Einsatz des Bundestrojaners öffentlich zu diskutieren.

Bei einer normalen Hausdurchsuchung steht dem Betroffenen sowohl rechtlicher Beistand als auch eine Bezeugung und Protokollierung der durchgeführten Amtshandlungen zu. Dagegen bleibt die verdeckte Online Durchsuchung von Privat-Rechnern für den Ausspionierten unbemerkt.

"Das klammheimliche Manipulieren und Ausspähen von Privatrechnern durch Behörden ist nach unserer Ansicht für eine demokratische Gesellschaft höchst fragwürdig. Auch wenn Behörden nachvollziehbare Anliegen im Sinne der Staatssicherheit haben, müssen die Methoden überprüfbar bleiben. Bei einem verdeckten Trojaner kann sich der Betroffene nicht mehr gegen vermeintliche Beweise wehren, wenn der Rechner sich nicht mehr unter seiner Kontrolle befindet," fasste Club- Sprecher Andy Müller-Maguhn die Stellungnahme des CCC zusammen.


Vollständige Pressemeldung hier.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe den Artikel gerade auf Kaffeesatz gelesen und bin so auf die Seite gestossen.

Ist ja wohl eine Humorlosigkeit sondersgleichen.

Aber immerhin meint ja der Verfassungsschutz, aufgrund § 8 schüffeln zu dürfen. Mal sehen, wohin die Entwicklung geht.

Anonym hat gesagt…

Verfassungschützern fehlt es nicht nur an Humor, ihnen fehlt auch die Zivilcourage. Sicher ist es nicht angenehm in aller Öffentlichkeit über solch brisante Themen zu diskutieren, aber sich auf diese Art zur drücken....Aber was soll man auch von Mitarbeitern eines Überwachungsamtes erwarten. Sie wollen eben im Dunklen bleiben. ;-))
Feiglinge.

Anonym hat gesagt…

@ Ostderby

Verfassungsschutz heißt, es wird die Verfassung geschützt. Und in der Verfassung sind nun mal die Grundrechte der Bürger verankert. Bedeutet in der Konsequenz also, dass der Verfassungsschutz bestimmungswidrig handelt, wenn er trotz dieser Funktion onlinedurchsuchungen durchführt.

Saxonia hat gesagt…

@ Beobachter
Der Verfassungsschut mag zwar so heißen, aber ausschließlich die Verfassung schützt er schon lange nicht mehr.