Freitag, 30. November 2007

Mainz: aldi ante portas

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Mainz: Verwaltungsgericht Mainz- 5 Aldi-Klagen gegen Stadt

Die Aldi GmbH & Co. KG hat beim Verwaltungsgericht Mainz fünf Klagen gegen die Stadt Mainz eingereicht. Im Februar 2007 hat die Gesellschaft bei der Stadt Mainz Anträge auf Erteilung von Bauvorbescheiden zur Erweiterung von fünf Aldi-Filialen in Mainz gestellt, die die Stadt Ende März bzw. Anfang April 2007 abgelehnt hat. Über ihre hiergegen eingelegten Widersprüche hat der Stadtrechtsausschuss bislang nicht entschieden. Deshalb hat sie nunmehr sogenannte Untätigkeitsklagen erhoben, weil - so ihr Vortrag - ohne zureichenden Grund bisher nicht über ihre Widersprüche entschieden worden sei.

Nutzungsausfall und Schadensminderungspflicht

Pressemeldung des Landgerichts Koblenz: Die für Verkehrsunfallrecht zuständige 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat in einem am 19.11.2007 verkündeten Urteil entschieden, dass dem Eigentümer eines durch Unfall beschädigten Kraftfahrzeugs kein Anspruch auf Zahlung von Entschädigung für entgangene Gebrauchsvorteile (Nutzungsausfall) zusteht, wenn er gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstößt, indem er es unterlässt, sich um eine - angekündigte - Kreditaufnahme für die beabsichtigte Fahrzeugreparatur zu bemühen.

Der Kläger erlitt am 03.07.2006 einen Verkehrsunfall, durch den sein Pkw beschädigt wurde. Mit Schreiben vom 11.08.2006 machte der Kläger gegenüber der Beklagten - der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners - seinen Fahrzeugschaden und weitere Schadenspositionen von insgesamt ca. 2.500,- € geltend. Die Geltendmachung weiterer Schadenspositionen, insbesondere einer Nutzungsausfallentschädigung wegen der durch den Unfall verursachten Unbenutzbarkeit des Fahrzeugs, behielt der Kläger sich vor. Er kündigte der Beklagten für den Fall des Ablaufs der gesetzten Zahlungsfrist die Aufnahme eines Bankkredites an, um die Reparaturkosten zu finanzieren, weil er auf die Benutzung des Fahrzeuges für den täglichen Weg zur Arbeit angewiesen sei. Den angekündigten Kredit nahm der Kläger nicht auf; dies teilte er der Beklagten auch nicht mit. Nachdem der Kläger gegen die Beklagte vor dem Amtsgericht ein Urteil auf Zahlung wegen der zunächst geltend gemachten und weiterer Schadensposten erwirkt und die Beklagte den Schaden in Höhe ihrer Verurteilung am 01.02.2007 gezahlt hatte, ließ der Kläger das Fahrzeug reparieren.

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten Zahlung von Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von insgesamt 5.539,00 € für den Zeitraum vom 03.07.2006 (Unfalltag) bis zum 09.02.2007 (Abschluss der Reparatur) verlangt. Die Forderung setzt sich aus einem Tagessatz von 29,00 € für insgesamt 191 Tage zusammen (200 Tage abzüglich von 9 Tagen, an denen ein Mietwagen benutzt wurde). Die Beklagte hat sich gegen die Klage unter anderem mit dem Einwand verteidigt, der Kläger habe gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, indem er den angekündigten Kredit, soweit dieser überhaupt erforderlich gewesen sei, nicht aufgenommen und sie hierüber auch nicht unterrichtet habe.

Das wegen der Höhe der Klageforderung zuständige Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kammer hat zur Begründung ausgeführt:

Zwar könne von einer fühlbaren Beeinträchtigung des Klägers durch die unfallbedingt entgangene Nutzungsmöglichkeit seines Fahrzeugs ausgegangen werden, weil er das beschädigte Fahrzeug unmittelbar nach Erhalt der Zahlung der Beklagten habe reparieren lassen und er das Fahrzeug anschließend weiterbenutzt habe.

Der Kläger habe jedoch gegen die ihm obliegende, aus § 254 Abs. 2 BGB folgende Pflicht zur Schadensminderung verstoßen und sich im Übrigen widersprüchlich verhalten. Die Beklagte habe aufgrund des Schreibens des Klägers vom 11.08.2006, in dem er eine Kreditaufnahme zur Ermöglichung der Fahrzeugreparatur angekündigt habe, davon ausgehen können, dass der Kläger ein Ersatzfahrzeug anmieten und für die zwischenzeitliche Reparatur, soweit erforderlich, einen Kredit aufnehmen werde. Der Kläger habe sich in seinem Schreiben nicht darauf berufen, zu einer Kreditaufnahme in Höhe des Fahrzeug-Nettoschadens von lediglich 2.266,10 € nicht in der Lage zu sein; auch habe er von der beklagten Versicherung keinen entsprechenden Vorschuss verlangt.

Der Kläger habe im Verfahren nicht dargelegt, dass er - entgegen seiner Ankündigung - zu einer Kreditaufnahme nicht in der Lage gewesen wäre und dass er sich um eine Kreditaufnahme hinreichend bemüht habe. Sofern er überhaupt einen Kredit habe aufnehmen müssen, hätten die Kreditkosten lediglich einen Bruchteil der nunmehr mit der Klage geltend gemachten Nutzungsausfallentschädigung für 191 Tage betragen. Nach einer Beispielsrechnung des Gerichts wären für einen Konsumentenkredit Jahreszinsen von weniger als 450,- € zu zahlen gewesen, dieser Betrag stehe gegenüber der Höhe der geltend gemachten Klageforderung von 5.539,- € in einem groben Missverhältnis. Der Kläger habe daher keine hinreichenden Bemühungen zur Schadensgeringhaltung getroffen und die Beklagte auch nicht über eine möglicherweise geänderte Situation betreffend die zunächst angekündigte Kreditaufnahme unterrichtet, so dass diese sich auf die geänderte Situation nicht habe einstellen können. Deshalb stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nicht zu.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann binnen eines Monats ab Zustellung mit der Berufung zum Oberlandesgericht angefochten werden.

Das nicht rechtskräftige Urteil des Landgerichts Koblenz, 5. Zivilkammer, vom 19.11.2007 5 O 351/07 ist hier unter Rechtsprechung zu finden.

Text:

5 O 351/07 - VT 19.11.2007 -

Landgericht Koblenz

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit
...

hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz

durch die Richterin am Landgericht Rienhardt

als Einzelrichterin auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2007

für R e c h t erkannt:


1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung seitens des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger verlangt vom Beklagten Nutzungsausfallentschädigung wegen der Beschädigung seines Pkw anlässlich eines Verkehrsunfalls vom 03.07.2006.

Mit Schreiben vom 11.08.2006 (Anlage K2, GA Bl. 11 f) ließ der Kläger den Unfall durch seine Prozessbevollmächtigten beim Beklagten anzeigen unter Hinweis auf die wegen der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erfolgte Mandatierung. In diesem Schreiben bezifferte der Kläger 3 verschiedne Schadenspositionen (Fahrzeugschaden, Gutachterkosten, Schadenspauschale) im Umfang von insgesamt 2.524,62 € und behielt sich die Geltendmachung weiterer Schadenspositionen, insbesondere der Nutzungsausfallentschädigung vor. Er wies darin auf den nicht fahrbereiten Zustand des Fahrzeuges hin und kündigte für den erfolglosen Ablauf der bis zum 21.08.2006 gesetzten Zahlungsfrist die Aufnahme eines Bankkredites an, um die Reparaturkosten zu finanzieren, weil er auf die Benutzung des Fahrzeuges für den täglichen Weg zur Arbeit angewiesen sei unter Hinweis, dem Beklagten die Kreditkosten gesondert aufzugeben.

Den angekündigten Kredit nahm der Kläger nicht auf. Über die Nichtaufnahme informierte er den Beklagten auch nicht.

Da der Beklagte nur 813,45 € zahlte, verklagte der Kläger ihn und die Unfallgegnerin vor dem Amtsgericht Andernach (dortiges Az: 6 C 855/06) wegen der v. g. 3 Schadenspositionen zuzüglich 580,58 € Mietwagenkosten abzüglich der gezahlten 813,45 € auf Zahlung von 2.291,10 € zuzüglich Anwaltskosten. Nach Durchführung der Beweisaufnahme mittels Zeugenvernehmung verurteilte das Amtsgericht die dortigen Beklagten am 12.01.2007 antragsgemäß zur Zahlung.

Nach dem am 01.02.2007 erfolgten Eingang des titulierten Schadensbetrages erteilte der Kläger den Reparaturauftrag. Die Reparatur dauerte bis zum 09.02.2007.

Der Kläger trägt vor:

Er habe gegen den Beklagten Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum vom 03.07.2006 bis zum 09.02.2007 (200 Tage) abzüglich der 9 Tage für die Benutzung des Mietwagens, d. h. für 191 Tage zu einem Tagessatz von 29,00 €, mithin in Höhe von insgesamt 5.539,00 €.

Wegen der gegenüber dem Beklagten mit Schriftsatz vom 24.01.2007 erfolgten erfolglosen Fristsetzung habe er zudem Anspruch auf Verzugszinsen aus diesem Betrag ab dem 08.02.2007 und auf Zahlung von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 546,69 €.

Der Kläger vertritt die Ansicht zur Reparatur des beschädigten Kfz unter Vorstreckung der Kosten, d. h. vor Zahlung des Fahrzeugschadensbetrages/Vorschusses durch die Schädigerseite nicht verpflichtet zu sein.

Der Kläger beantragt,den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu zahlen
1. 5.539,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2007 und
2. außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 546,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2007.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Klageforderung nach Grund und Höhe, insbesondere wegen der monatelang nicht veranlassten Reparatur den Nutzungswillen und das Nutzungserfordernis des Klägers in Bezug auf das Kfz und trägt vor:

Da der Kläger vor dem Amtsgericht in der Klagebegründung ausgeführt habe, dass er dort restlichen Schadensersatz aus dem Verkehrsunfallereignis geltend mache, habe er auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche dort verzichtet, diese aber zumindest verwirkt.

Wegen des Mitverschuldens der Führerin des Klägerfahrzeuges am Unfall, sei ohnehin nur von einer Haftung des Beklagten in Höhe von 50 % auszugehen.

Da der Kläger nur im Schreiben vom 11.08.2006 auf eine beabsichtigte Bankkreditaufnahme zur Finanzierung der Reparaturkosten hingewiesen und danach keinen Hinweis auf die nicht erfolgte Kreditaufnahme gegenüber dem Beklagten mehr erteilt habe, habe sich dieser nicht auf eine andere Schadensregulierung einstellen und nach der vorprozessual erfolgten Zahlung wegen der Formulierung der beim Amtsgericht eingereichten Klage von der Erledigung dieser Sache ausgehen können.

Außerdem habe der Kläger gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, indem er den avisierten Kredit, soweit er überhaupt erforderlich gewesen sei, nicht aufgenommen und den Beklagten hierüber nicht informiert habe.

Die Akte des Amtsgerichts Andernach 6 C 855/06 war zu Informationszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die hiermit zu den Gerichtsakten gereichten Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung wegen der Beschädigung seines Kfz bei dem Verkehrsunfall vom 03.07.2006 und der deshalb bis zu seiner Reparatur nicht erfolgten Nutzung einschließlich Zinsen und vorprozessualer Rechtsanwaltskosten nicht zu, insbesondere auch nicht aus §§ 3 Abs. 1 Pflichtversicherungsgesetz i.V.m. §§ 7, 17, 18 StVG, 249, 286 ff, 291 sowie 280 Abs. 1 und 2, 286, 249 Abs. 1 BGB i. V. m. 2 Abs. 2, 13 RVG, Nr. 2400, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG. Damit hatte die Klage der Abweisung zu unterliegen.

Der geltend gemachte Anspruch scheitert aber nicht bereits an dem abgeschlossenen amtsgerichtlichen Verfahren und des deshalb vom Beklagten eingewandten Anspruchsverzichts bzw. der Verwirkung.

Bei verständiger Würdigung des zwischen den Parteien vor dem Amtsgericht geführten Verfahrens hat der Kläger dort letztlich nur eine (verdeckte) Teilklage erhoben, weil er vermeintliche, damals nicht konkret im Raum stehende Nutzungsausfallschadensersatzansprüche dort nicht geltend gemacht hat. Denn waren im vorangegangenen Prozess nur andere Schadenspositionen geltend gemacht worden, so erfasst die Rechtskraft des Urteils nur diese Positionen und erstreckt sich nicht auf den nicht eingeklagten weiteren Anspruch des hier streitgegenständlichen Nutzungsausfallschadens (vgl. hierzu auch BGHZ 34, 337, 339; 36, 365, 367; 93, 330, 334; 135, 178). Das gilt auch dann, wenn der Kläger im Vorprozess eine sogenannte verdeckte Teilklage verfolgt hat, ohne sich weitergehende Ansprüche vorzubehalten (BGHZ 135, 178). Eines förmlichen Vorbehalts bedurfte es weder aus prozessualen noch aus materiell-rechtlichen Gründen. Grundsätzlich braucht ein Kläger, der einen bezifferten Anspruch geltend macht oder mehrere bezifferte Ansprüche verfolgt, nicht zu erklären, er behalte sich die darüber hinausgehenden Ansprüche vor, denn das ergibt sich schon daraus, dass die Rechtskraft eines Urteils nur den im Prozess geltend gemachten Anspruch ergreift, der gemäß § 308 ZPO durch den Klageantrag beschränkt wird. Die Rechtskraft eines Urteils erstreckt sich nicht auf den nicht eingeklagten Rest eines teilbaren Anspruchs oder auf andere Ansprüche aus dem gleichen Sachverhalt, selbst wenn sich das Urteil darüber auslässt (BGHZ 135, 178 m.w.N.).

Damit geht auch der Einwand des Beklagten fehl, der vom Kläger im Vorprozess unterlassene Vorbehalt einer Nachforderung könne als Verzicht auf weitergehende Ansprüche aufzufassen sein. Denn es fehlt an einer tragfähigen Begründung dafür, woraus sich der Verzichtswille des Klägers hinsichtlich der Mehrforderungen ergeben soll. Aus der floskelhaften Formulierung, dass der Kläger restlichen Schadensersatz aus dem Unfallereignis geltend macht, ergibt sich dieser jedenfalls nicht. Weitere Anhaltspunkte sind hierfür nicht ersichtlich.

Auch die vom Beklagten eingewandte Verwirkung greift nicht durch, dafür ist bereits der Zeitablauf zu kurz. Immerhin hat der Kläger seine anderen Ansprüche im Vorprozess nachhaltig verfolgt und unverzüglich nach Erhalt des titulierten Betrages die Reparatur des Fahrzeuges beauftragt und nach deren Ende den vermeintlichen Nutzungsausfallschadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten beziffert.

Der Nutzungsausfallanspruch setzt eine fühlbare Nutzungsbeeinträchtigung voraus.

Sie liegt nicht vor, wenn der Geschädigte seinen Wagen in der Ausfallzeit aus unfallunabhängigen oder unfallabhängigen Gründen nicht nutzen konnte oder nicht nutzen wollte. Indem die Ersatzforderung vom Vorliegen eines Nutzungswillens und einer hypothetischen Nutzungsmöglichkeit abhängig gemacht wird, soll einer Ausnutzung des Unfalles zur Gewinnerzielung vorgebeugt werden. Der Geschädigte soll den Unfall nicht zum Anlass nehmen können, sich für die Vereitelung einer bloß abstrakten Nutzungsmöglichkeit eine Entschädigung zahlen zu lassen und so am Unfall zu verdienen (BGH NJW 1966, 1260 ff. und NJW 1968, 1778 ff.).

Von einer fühlbaren Nutzungsbeeinträchtigung kann trotz fehlenden weiteren konkreten Sachvortrages zugunsten des Klägers ausgegangen werden. Denn er hat nach langer Ausfallzeit sein beschädigtes Fahrzeug unverzüglich nach Erhalt des ausgeurteilten Betrages reparieren lassen und weiter genutzt.

Zu Recht beruft sich der Beklagte jedoch auf die Verletzung der dem Kläger obliegenden, aus § 254 Abs. 2 BGB folgenden Schadensminderungspflicht in Verbindung mit seinem widersprüchlichen Verhalten, die dem geltend gemachten Anspruch entgegenstehen.

Der Kläger hat nur in einem Schreiben, nämlich dem vom 11.08.2006, angekündigt, sich die Geltendmachung von Nutzungsausfallschaden vorzubehalten und dort gleichzeitig auf die beabsichtigte Aufnahme eines Kredites verwiesen für die Finanzierung der Reparaturkosten. Da der Beklagte ihm sodann (neben den Sachverständigenkosten) die ebenfalls noch nicht im Schreiben vom 11.08.2006 und damit erst nachträglich verlangten Mietwagenkosten bezahlte, durfte er in Ermangelung einer anderweitigen Erklärung der Klägerseite davon ausgehen, dass die Frage des Nutzungsausfalls des beschädigten Kfz zunächst durch die Anmietung überbrückt und der Kläger sodann die Reparatur über einen aufgenommenen Kredit bezahlt hatte bzw. bezahlen würde, sofern er sich nicht anderweitig behelfen konnte. Denn der Kläger hat auch an keiner Stelle seines Schreibens vom 11.08.2006 darauf hingewiesen, nicht zu einer solchen relativ geringen Kreditaufnahme bei einem Fahrzeug-Nettoschaden von 2.266,10 € in der Lage zu sein und auch keinen diesbezüglichen Vorschuss verlangt. Dabei ging der Beklagte in Bezug auf eine möglicherweise tatsächlich durchgeführte Kreditaufnahme seitens des Klägers auch kein großes Kostenrisiko ein, weil die Zinsen für einen Kredit nur den Bruchteil einer für einen langen Zeitraum zu zahlenden Nutzungsentschädigung ausgemacht hätten.

Der Kläger war im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht gehalten, den Schaden so gering wie möglich zu halten und die Ersatzbeschaffung innerhalb der angemessenen Zeit vorzunehmen (KG, VersR 1976, 1159). Fehlen ihm hierzu die finanziellen Mittel, kann ihm dann ein Mitverschuldensvorwurf gemacht werden, wenn er sich diese leicht hätte beschaffen können (OLG Saarbrücken, NZV, 1990, 388; OLG Düsseldorf, OLG-Report 1997, 107; OLG Naumburg, DAR 2005, 158 m.w.N.). Die Kreditaufnahme ist ein solches Beschaffungsmittel.

Vorliegend ist bereits nicht davon auszugehen, dass der Kläger sich die Mittel für die Reparatur seines Kfz nicht wie ausdrücklich gegenüber dem Beklagten angekündigt als Kredit hätte beschaffen können. Zwar trägt grundsätzlich der Schädiger die Beweislast für einen Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht und für dessen Schadensursächlichkeit. Da es aber um Umstände aus der Sphäre des Klägers geht, hätte er zumindest darlegen müssen, inwiefern er - entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung - nicht in der Lage war, einen Kredit für die Reparatur seines Pkw zu erlangen (vgl. hierzu auch OLG Düsseldorf, VersR 1998, 911: nicht erfolgte Kreditaufnahme für Reparatur eines beschädigten Oldtimer; OLG Naumburg, DAR 2005, 158: nicht erfolgte Kreditaufnahme für Ersatzfahrzeugbeschaffung). Dem ist der Kläger nicht nachgekommen.

Der Kläger hat nicht einmal vorgetragen, sich um die angekündigte Kreditaufnahme überhaupt bemüht zu haben. Selbst wenn - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - der Kläger sich um einen Kredit bei der Hausbank bemüht und diese ihn wegen hoher anderweitiger Kreditbelastung abgelehnt haben sollte, hätte er damit allein nicht schon seiner Schadensminderungspflicht genügt. Vielmehr hätte er sich noch bei anderen Banken um die Aufnahme des relativ geringen Kredites für die Fahrzeugreparatur bemühen müssen, um seiner Pflicht zur Schadensgeringhaltung zu genügen. Dies hat er offensichtlich nicht getan und damit den Anforderungen an die ihm obliegende Schadensminderungspflicht nicht genügt.

Hätte der Kläger überhaupt einen Kredit zur Finanzierung der Reparatur aufnehmen müssen, wären Zinsen in einem deutlich niedrigeren Rahmen angefallen als die jetzt beanspruchten 5.539,00 €. Dies verdeutlicht folgende Beispielsrechung. Bei einem Kredit über den letztlich berechneten Reparatur-Rechungsbetrag von 3.092,88 € Brutto wären z. B. Zinsen für einen Konsumentenkredit z. B. je nach angenommener Verzinsung in Höhe von 10 % bis 14 % zwischen 309,29 € und 433,00 € jährlich angefallen. Allein diese Beispielsrechung zeigt, welches grobe Missverhältnis entstehen kann, wenn ein Geschädigter entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, d. h. sich später in Widerspruch zu seinem vorherigen Verhalten setzt und dann meint, dennoch die rein rechnerisch ermittelte Nutzungsentschädigung nachträglich verlangen zu können.

Mit seinem Verhalten hat der Kläger gegen die ihm obliegende, aus § 254 Abs. 2 BGB folgende Schadensminderungspflicht verstoßen. Denn er hat offensichtlich keine hinreichenden Bemühungen zur Schadensgeringhaltung unternommen und den Beklagten über eine möglicherweise geänderte Situation betreffend die zunächst avisierte Kreditaufnahme auch nicht informiert, so dass dieser sich auch nicht auf die geänderte Situation einstellen konnte. Damit aber steht dem Kläger der geltend gemachte Nutzungsentschädigungsanspruch nicht zu.

Da der Kläger Kreditzinsen nicht verlangt und ihm die Nutzungsausfallentschädigung aus den vorstehenden Gründen nicht zusteht, der Beklagte ihm für die Zeit der voraussichtlichen Reparaturdauer bereits vorprozessual die Mietwagenkosten erstattet hatte, hatte die Klage einschließlich der geltend gemachten Nebenforderungen der Abweisung zu unterliegen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

Das Gericht hat beschlossen, den Verfahrensstreitwert endgültig auf 5.539,00 € festzusetzen.

Dienstag, 20. November 2007

Erhöhung der Entschädigung für zu Unrecht erlittene Haft wird geprüft

Die Bundesministerin der Justiz hat bereits entschieden, dass in Anbetracht der Tatsache, dass die Höhe der Haftentschädigung seit 1988 nahezu unverändert geblieben ist, geprüft werden muss, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Entschädigung für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, in Höhe von derzeit 11 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung (§ 7 Abs. 3 StrEG) angehoben werden sollte. Vgl. Bundestags-Drucksache 16/6866

Welttoilettentag

Nur auf den ersten Blick abwegig - Welttoilettentag. Mehr als 2 Milliarden Menschen weltweit haben keine Möglichkeit, ihr Geschäft auch nur auf der einfachsten Latrine zu verrichten. Was unter anderen fatale gesundheitliche Konsequenzen hat, da sich unter diesen katastrophalen hygienischen Umständen Krankheiten extrem schnell verbreiten können. Und so rief im Jahr 2001 die Welttoilettenorganisation (WTO), übrigens nicht zu verwechseln mit der identisch abgekürzten Welthandelsorganisation!) den Welttoilettentag ins Leben.

Einzelheiten bei wissen.de

Mittwoch, 14. November 2007

Marburger Medizinstudentin bekommt Studiengebühren (einstweilen) zurück

Durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 30.10.2007 - 3 G 3758/07 - im Eilverfahren wurde die aufschiebende Wirkung der Klage einer Marburger Medizinstudentin gegen den Grundstudienbeitragsbescheid vom 07.09.2007 angeordnet, so dass zunächst keine Studiengebühren zu zahlen sind bzw. gezahlte Beträge zurück zu erstatten sind. Spiegel-online berichtet.

Der Text der Entscheidung ist hier zu finden.

Die Hessische Verfassung bestimmt nämlich:

Artikel 59

Unterrichtsgeldfreiheit


(1) In allen öffentlichen Grund-, Mittel-, höheren und Hochschulen ist der Unterricht unentgeltlich. Unentgeltlich sind auch die Lernmittel mit Ausnahme der an den Hochschulen gebrauchten. Das Gesetz muß vorsehen, daß für begabte Kinder sozial Schwächergestellter Erziehungsbeihilfen zu leisten sind. Es kann anordnen, daß ein angemessenes Schulgeld zu zahlen ist, wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet.


(2) Der Zugang zu den Mittel-, höheren und Hochschulen ist nur von der Eignung des Schülers abhängig zu machen.

Vgl. hier und hier.

Dienstag, 13. November 2007

Ausrutschen in der Dusche kein Dienstunfall von Beamten

Pressemitteilung Nr. 42/2007 des Verwaltungsgerichts Koblenz: "Duschunfall war kein Dienstunfall - Verletzt sich ein Beamter beim morgendlichen Duschen, stellt dies in der Regel keinen Dienstunfall dar. Das entschied kürzlich das Verwaltungsgericht Koblenz.

Die Klägerin ist Bundesbeamtin und nahm im Jahre 2006 an einem mehrtätigen Fortbildungslehrgang teil. Dazu war sie im Lehrgangsgebäude in einem Zimmer mit Dusche untergebracht. Als sie am Morgen des ersten Lehrgangstages duschte, rutschte sie aus und zog sich Verletzungen am Unterarm sowie eine Prellung des Steißbeins zu. Ihr Antrag, den Unfall als Dienstunfall anzuerkennen, wurde abgelehnt. Zur Begründung führte der Dienstherr aus, der Unfall sei nicht durch eine dienstliche Tätigkeit, sondern durch das private Reinigungsbedürfnis der Klägerin veranlasst gewesen. Die Klägerin betonte dagegen, die Dusche in Vorbereitung auf den Lehrgang aufgesucht zu haben. Außerdem liege ein gepflegtes äußeres Erscheinungsbild im Interesse der Durchführung einer Fortbildung. Nachdem ihr Widerspruch erfolglos geblieben war, erhob sie Klage.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Duschunfall, so die Richter, sei kein Dienstunfall gewesen. Ein solcher setzte voraus, dass ein enger und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Dienst und dem schädigenden Ereignis bestehe, der so wesentlich sei, dass andere Ursachen dahinter zurückträten. Das morgendliche Duschen habe aber in erster Linie der alltäglichen Körperpflege gedient, welche die Klägerin ebenso in einer Privatunterkunft vorgenommen hätte. Auch ein gepflegtes Erscheinungsbild sei nicht lehrgangsspezifisch, sondern gehöre zu den Mindestanforderungen des Beamtendienstes.


Etwas anderes könne in Fällen gelten, in denen Beamte in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht seien, weil sie sich ständig dienstbereit halten müssten. Eine körperliche Reinigung könne unter bestimmten Umständen auch dann dienstlich veranlasst sein, wenn vorangegangene Tätigkeiten wie schweißtreibender Dienstsport, Übungen im schmutzigen Gelände oder Tätigkeiten an verschmutzten Maschinen diese nötig machten. Die morgendliche Körperpflege vor dem Dienst gehöre aber nicht zu diesen Fallgruppen.

Den Beteiligten steht gegen diese Entscheidung der Antrag auf Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.
(Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Oktober 2007 - 2 K 350/07.KO -)."


Wenn der Deutsche hinfällt, steht er nicht auf, sondern sieht sich um, wer ihm schadenersatzpflichtig ist (Kurt Tucholsky, 1890 - 1935).

Samstag, 10. November 2007

II. Juristisches Staatsaexamen in Berlin Brandenburg: 101 Kandidaten wiederholen eine Klausur

101 von 292 Kandidaten des 2. juristischen Staatsexamens in Berlin und Brandenburg müssen die Wahlpflichtfachklausur im öffentlichen Recht wiederholen. Themen der Klausur waren einem "nicht genau abgrenzbaren Teil der Kandidaten" bekannt geworden. AG-Leiter sollen die undichte Stelle gewesen sein. strafrechtliche und disziplinarrechtliche Ermittlungen laufen. vgl. hier
und auch hier.

Freitag, 2. November 2007