Sonntag, 28. März 2010

Land Berlin muss 13.143.000,-- € an Bund zahlen - Gemischte Gefühle bei verfassungswidriger Mischverwaltung

Der Berliner Senat meinte es gut mit Hartz IV-Betroffenen, die in der unglücklichen Lage waren, in einer Wohnung zu leben, die nach den Ausführungsvorschriften für die Übernahme der Kosten der Unterbringung zu teuer war und verschafften ihnen 1 Jahr Frist, indem er in einer Verwaltungsvorschrift einfach anordnete, dass die gesetzlich gebundene Regelung der zulässigen Wohnungskosten erst mit der Verzögerung von einem Jahr angewendet werden sollte.

Da der Bund zahlungspflichtig war, machte er Schadenersatzansprüche gegen das Land Berlin in Höhe von 47.078.126,-- Euro geltend.

Das Bundessozialgericht hat den Anspruch dem Grunde nach bestätigt, weil das Land Berlin vorsätzlich und schwerwiegend die Pflicht verletzt hat, höherrangiges Recht zu beachten.

Anspruchsgrundlage:

„Art 104a GG ………..

(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. ….“

Die Haftung gelte auch für die vorliegende verfassungswidrige, aber bis Ende 2010 hingenommene Form der Mischverwaltung von Bund und Ländern.

Das Bundessozialgericht führt u.a. aus:

„Auch die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs aus Art 104a Abs 5 Satz 1 Halbsatz 2 GG sind erfüllt. Der Beklagte hat durch den Erlass der AV-Wohnen vorsätzlich und schwerwiegend seine Pflicht verletzt, im Rahmen der grundgesetzlich vorgegebenen Kompetenzordnung höherrangiges Recht (Art 31 GG) beim Erlass von Verwaltungsvorschriften zu beachten (vgl zu dieser Pflicht allgemein zB BVerfGE 30, 292, 332; Ossenbühl in: Isensee/P. Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band III, 2. Aufl 1996, § 62 RdNr 5 f) .

Nr 4 Abs 3 AV-Wohnen regelte folgenden Jahresbestandsschutz:

"(3) Die Kosten der Unterkunft einschließlich Heizkosten werden zunächst für die Dauer eines Jahres ab Beginn des Leistungsbezuges in tatsächlicher Höhe übernommen. Sofern diese Kosten nach den Vorschriften dieser Ausführungsvorschriften als nicht angemessen zu bewerten waren, gelten im Anschluss an diesen Zeitraum die Regelungen der Nummer 4 Abs 8 ff; erstmalig jedoch ab 1.1.2006."

Erst im Anschluss an die Jahresfrist sollte nach Nr 4 Abs 8 AV-Wohnen die gesetzliche Regelung greifen:

"(8) Ergibt die Angemessenheitsprüfung, dass die Aufwendungen den angemessenen Umfang übersteigen, werden die Kosten der Wohnung gemäß § 22 Abs 1 SGB II so lange übernommen, wie es dem Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel oder auf andere geeignete Weise (z. B. durch Untervermietung) die Kosten zu senken, in der Regel jedoch nicht länger als 6 Monate. Dieser Zeitraum kann in den besonders begründeten Einzelfällen (Härtefälle) und/oder wenn eine Kündigungsfrist für den Mieter von mehr als 6 Monaten verbindlich ist, auf bis zu 12 Monate erweitert werden."

Nr 4 Abs 3 AV-Wohnen widersprach von Anfang an offensichtlich der bundesrechtlich vorbestimmten Gesetzeslage. Es fand sich keinerlei Ansatzpunkt, der den planmäßigen und dauerhaften Verstoß des Beklagten gegen Bundesrecht hätte rechtfertigen oder entschuldigen können.“

Die Höhe des Schadenersatzanspruchs hat das Bundessozialgericht geschätzt. Bei 76% der Betroffenen hätte sich erfahrungsgemäß keine Senkung der Kosten erreichen lassen. Demgemäß wurde der Schadenersatzanspruch des Bundes grob zusammengewfasst auf der Basis von 24% der unterbliebenen Kostenersparnis geschätzt.

Der Berliner Senat wartet jetzt ab, was die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue erbringen werden …..

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