Mittwoch, 23. Februar 2011

Sachstandsanfrage bei dem Landgericht Berlin nach Neujahr nicht vergessen

Die verjährungsunterbrechenden Klagen zum Jahreswechsel und der Bearbeitungsstau bei dem Landgericht Berlin waren Thema einer Kleinen Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus, die die Berliner Justizsenatorin beantwortete und mit einem Hinweis verband:

3. Frage (der Abgeordneten Cornelia Seibeld:  Geht der Senat davon aus, dass ein Zeitraum von  knapp drei Wochen angemessen ist, um ein Aktenzeichen für eine Klage zu vergeben?

Zu 3.: Der Senat ist stets bemüht, die Bearbeitungszeiten möglichst zu verringern. Die Verzögerungen bei der Vergabe von Aktenzeichen beruhen nach den obigen Ausführungen auf dem Gebot des/der gesetzlichen Richters/Richterin und dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Berlin. Bei allen Bemühungen können angesichts der geschilderten technischen Vorgaben in Einzelfällen Verzögerungen nicht vermieden werden.

4. Ist sich der Senat der sich aus § 167 ZPO ergebenden Problematik bewusst, wonach nur eine Zustellung „demnächst“ die Verjährung hemmt?

Zu 4.: Der Senat ist sich der aus § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) ergebenden Problematik bewusst. Bei der Frage, ob die Zustellung einer Klage „demnächst“ erfolgt ist und damit die Verjährung hemmt, bleiben nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Verzögerungen, die der Sphäre des Gerichts zuzurechnen sind, außer Betracht (Urteil vom 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trifft die Partei bzw. ihren Prozessbevollmächtigten allerdings die Pflicht, binnen angemessener Frist wegen einer ausstehenden Vorschussanforderung nachzufragen (Urteil vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93: binnen drei Wochen).

Berlin, den 10. Februar 2011
Gisela von der Aue
Senatorin für Justiz "

Hierzu noch ergänzend der BGH (31.10.2000 - VI ZR 198/99):


"Bei  der  Beurteilung der  Frage,  ob eine  Zustellung noch als  "demnächst" im Sinne dieser gesetzlichen Regelung erfolgt ist, darf (ebenso wie im Rahmen des § 693 Abs. 2 ZPO) nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abgestellt werden. Vielmehr sollen die Parteien vor Nachteilen durch Verzögerungen der Zustellung von Amts wegen bewahrt werden, die innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs liegen und von den Parteien nicht beeinflußt werden  können  (vgl. BGHZ  103,  20,  28 f.;  134,  343,  351 f.).  Daher  gibt  es keine absolute  zeitliche  Grenze,  nach deren  Überschreitung eine  Zustellung nicht mehr als "demnächst" anzusehen wäre; dies gilt auch im Hinblick auf mehrmonatige  Verzögerungen  (vgl.  Senatsurteil  vom  22. Juni  1993  - VI ZR 190/92 - NJW 1993, 2614, 2615; BGH, Urteile vom 7. April 1983 - III ZR 193/81 - VersR 1983,  831,  832 und  vom  30. September  1998  - IV ZR 248/97 -  VersR  1999,
217 f.)."

Regelung von DE-Mail-Diensten im Innenausschuss mit leichten Änderungen akzeptiert

Heute im Bundestag berichtet:  "Innenausschuss gibt grünes Licht für Gesetz zur "Regelung von De-Mail-Diensten" Der Innenausschuss hat den Weg zur Schaffung des rechtlichen Rahmens für die ”Einführung vertrauenswürdiger De-Mail-Dienste im Internet“ frei gemacht. Mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit von CDU/CSU und FDP billigte das Gremium am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/3630) in modifizierter Fassung. Das Bundestagsplenum will sich am Donnerstag abschließend mit dem Gesetzesvorhaben befassen.

Wie die Regierung in der Vorlage erläutert, soll mit den De-Mail-Diensten eine zuverlässige und geschützte Infrastruktur eingeführt werden, ”die die Vorteile der E-Mail mit Sicherheit und Datenschutz verbindet“. De-Mail-Dienste akkreditierter Diensteanbieter ermöglichen den Angaben zufolge im elektronischen Geschäftsverkehr ”sichere Kommunikationslösungen, bei denen sich die Teilnehmer der Vertraulichkeit ihrer Kommunikation und der Identität ihrer Kommunikationspartner hinreichend sicher sein können“. Zudem würden die Möglichkeiten verbessert, die Authentizität von Willenserklärungen in elektronischen Geschäftsprozessen zu beweisen und Erklärungen nachweisbar zustellen zu können.
Mit dem Gesetzentwurf werden unter anderem ein Akkreditierungsverfahren für Diensteanbieter von De-Mail-Diensten sowie eine Aufsicht über die akkreditierten Diensteanbieter eingeführt und zudem die Pflichtdienste für ein De-Mail-Angebot bestimmt. So soll etwa als Diensteanbieter nur akkreditiert werden können, wer ”bei der Gestaltung und dem Betrieb der De-Mail-Dienste die datenschutzrechtlichen Anforderungen erfüllt“ und unter anderem eine ”geeignete Deckungsvorsorge trifft, um seinen gesetzlichen Verpflichtungen zum Ersatz von Schäden nachzukommen“.
Ebenfalls mit Koalitionsmehrheit nahm der Innenausschuss einen von der Koalition eingebrachten Änderungsantrag zu dem Regierungsentwurf an. Danach soll unter anderem im Rahmen einer Evaluierung auch geprüft werden, ob ”gesetzliche Anpassungen im Hinblick auf die gegenseitige Anerkennung der Kommunikation per De-Mail zwischen Verbrauchern und Unternehmen“ notwendig sind.
Die CDU/CSU-Fraktion wertete die Vorlage als gutes und auf die Verbraucher zugeschnittenes Gesetz, das De-Mail zu einem Massenverfahren werden lassen könne. Sie verwies darauf, dass es bei De-Mail eine sogenannte Transportverschlüsselung der Daten geben solle. Wer wolle, könne optional auch eine ”Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“ nutzen, was für den Nutzer allerdings mit höherem Aufwand verbunden sei. Auch die FDP-Fraktion betonte, wenn ein Benutzer eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wolle, ”geht das“.
Die SPD-Fraktion bezweifelte, dass das Projekt De-Mail mit dem Gesetz hinreichend Akzeptanz beim Verbraucher finden wird. Auch auf einer Sachverständigen-Anhörung zu dem Entwurf hätten Experten die Verbraucherfreundlichkeit kritisch gesehen. Die Fraktion Die Linke warf die Frage auf, warum nicht mit der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der höchste Sicherheitsstandard gewählt werde, sondern stattdessen der zweithöchste. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warnte in diesem Zusammenhang vor einem Akzeptanzproblem für De-Mail. "

Dienstag, 15. Februar 2011

Berliner Hinterlegungsgesetz BerlHintG geplant

Pressemitteilung vom 15.02.2011: Der Senat hat heute auf Vorlage von Justizsenatorin Gisela von der Aue beschlossen, den Entwurf eines Berliner Hinterlegungsgesetzes (BerlHintG) beim Abgeordnetenhaus einzubringen.

Das Hinterlegungsgesetz regelt die Zuständigkeit und das Verfahren im Falle der Hinterlegung von Geld oder anderen Vermögenswerten. Durchschnittlich werden in Berlin im Jahr knapp 4.000 Hinterlegungen vorgenommen. Hinterlegt werden Geldbeträge von weniger als einem bis hin zu mehreren Millionen Euro, aber auch Wertpapiere und Urkunden. Beispiele sind etwa die Hinterlegung von Haftkautionen, die Annahme und Aufbewahrung von Nachlässen bei unbekannten Erben oder die Hinterlegung von Zwangsvollstreckungserlösen bis zur Verteilung an die Gläubiger. Auch wenn die Vollstreckung von zivilgerichtlichen Urteilen von einer Sicherheitsleistung abhängig ist, muss der entsprechende Betrag hinterlegt werden. Dies kann etwa zur Ermöglichung oder zur Abwehr der Räumung einer Wohnung in Betracht kommen.

Bislang galten für Hinterlegungen die Regelungen der Hinterlegungsordnung aus dem Jahr 1937. Nachdem dieses Bundesgesetz aufgehoben worden ist und lediglich als Landesrecht weiter gilt, will Berlin – wie auch die anderen Länder – nun ein eigenes Landeshinterlegungsgesetz schaffen. Weiterhin sollen nach dem Berliner Hinterlegungsgesetz für die Hinterlegung von Geld keine Gebühren erhoben werden. Hinterlegte Gelder sollen allerdings zukünftig nicht mehr verzinst werden. Auf diese Weise wird dem Prinzip der Kostendeckung Rechnung getragen, ohne dass neue Gebührentatbestände geschaffen werden.

Samstag, 5. Februar 2011

Datenschutzregelung im Berliner Justizvollzug als Mittel zur Abschreckung vor Nutzung von Mobiltelefonen

Am 13.01.2011 wurde der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten im Justizvollzug und bei den Sozialen Diensten der Justiz des Landes Berlin
(Justizvollzugsdatenschutzgesetz Berlin – JVollzDSG Bln)im Berliner Abgeordnetenhaus eingebracht. Die Regelungen sehen u.a. vor, dass bei Gefangenen gefundene unerlaubte elektronische Geräte (Computer; Mobiltelefone) ausgelesen werden dürfen.

Grundlagen sind die §§ 25 Absatz 1 und 7 Absatz 4 des JVollzDSG:

§ 25 Entwurf JVollzDSG Bln Auslesen von Datenspeichern


(1) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeicher, die Gefangene ohne Erlaubnis des Justizvollzuges besitzen, dürfen auf einzelfallbezogene schriftliche Anordnung der Anstaltsleitung ausgelesen werden, soweit konkrete Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu vollzuglichen Zwecken oder zu den in § 7 Absatz 4 genannten Zwecken erforderlich ist. Die so erhobenen Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zu den in Satz 1 genannten Zwecken erforderlich ist.

(2) Die nach Absatz 1 erhobenen Daten dürfen nicht weiter verarbeitet werden, soweit sie

1. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Dritter gehören oder

2. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Gefangener gehören und die weitere Verarbeitung auch unter Berücksichtigung der in Absatz 1 genannten vollzuglichen Interessen an der Verarbeitung sowie der illegalen Speicherung der Daten unzumutbar ist.

Insoweit sind die Daten unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

1. (3) Die Gefangenen sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren.


§ 7 Entwurf JVollzDSG Bln - Zulässigkeit der Datenverarbeitung

(1) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten nur erheben, soweit deren Kenntnis zu vollzuglichen Zwecken erforderlich und in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Besondere Kategorien personenbezogener Daten dürfen nur erhoben werden, soweit dies zu vollzuglichen Zwecken unerlässlich und in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten, die er zulässig erhoben hat, auch nutzen, speichern, verändern, sperren und löschen, soweit dies zu vollzuglichen Zwecken erforderlich und in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Soweit Daten nach Absatz 1 Satz 2 erhoben wurden, sind sie bei der weiteren Verarbeitung vor unbefugter Kenntnisnahme zu schützen; §§ 13 und 50 sowie die Regelungen des 6. Abschnitts bleiben unberührt.

(1) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten, die er zulässig erhoben hat, außerdem nutzen, speichern, verändern, sperren und löschen, soweit dies

1. der Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen, der Automatisierung des Berichtswesens, der Rechnungsprüfung, der Steuerung des Justizvollzuges über Zielvereinbarungen oder der Durchführung von Organisationsuntersuchungen für den Justizvollzug dient oder

2. zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken für den Justizvollzug erforderlich ist,so- weit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen entgegenstehen.

Die Daten sind zu pseudonymisieren, soweit nicht zu den in Nr. 1 oder 2 genannten

Zwecken die Kenntnis der Personalien der Betroffenen erforderlich oder die Arbeit an

den Originaldaten sonst unerlässlich ist.

(4) Der Justizvollzug darf personenbezogene Daten, die er zulässig für vollzugliche Zwecke erhoben hat, für andere Zwecke verarbeiten, soweit dies erforderlich ist

1. für Maßnahmen der Strafvollstreckung oder für Verfahren vor den Strafvollstreckungskammern; betreffen die Maßnahmen oder Verfahren allein andere Gefangene als diejenigen, deren Freiheitsentziehung ursprünglicher Anlass der Erhebung war, so gilt dies nur, wenn diese Gefangenen vor der Übermittlung unter Angabe der beabsichtigten Datenverarbeitung angehört wurden und sie kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an einem Ausschluss der Verarbeitung der sie betreffenden Daten haben,

2. im Rahmen außerordentlicher Rechtsbehelfsverfahren im Zusammenhang mit diesem Gesetz oder mit einer Freiheitsentziehung im Land Berlin,

3. zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit,

4. zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten oder

5. zur Verhinderung oder Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, durch welche die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet werden.

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Der Gesetzentwurf wurde am 13.01.2011 in der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses an die Ausschüsse verwiesen: Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung (federführend) und an Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung.


Aus einer Antwort der Berliner Justizsenatorin auf eine kleine Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus:

Dem Auslesen von Datenspeichern - in der Praxis insbesondere von Mobiltelefonen (also Kontrolle der Anruflisten und SMS von beschlagnahmten Handys laut Frage - der Verf.) - kommt zur Aufklärung subkultureller Strukturen in den Anstalten bis hin zur organisierten Kriminalität eine erhebliche Bedeutung zu. Außerdem geht von dem Risiko, dass im Fall etwa eines Handy-Fundes zugleich die darauf gespeicherten Daten der Anstalt bekannt werden, eine erwünschte Abschreckungswirkung gegen die Benutzung von Mobiltelefonen aus.