"Der Entwurf des Straßenausbaubeitragsgesetzes hat die Anhörung der Fachkreise und Verbände durchlaufen und befindet sich im Geschäftsgang (Mitzeichnung der beteiligten Senatsverwaltungen, Stellungnahme der Normprüfungskommission). Der Senat wird den Gesetzentwurf zur Kenntnis nehmen und ihn dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme zuleiten, bevor der Senat den Gesetzentwurf in einer 2. Senatsbefassung dem Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vorlegt. Es gibt also noch keinen abgestimmten Referentenentwurf, der der Öffentlichkeit vorgestellt werden könnte. Erst gestern sind noch einige redaktionelle Änderungen mit der Senatsverwaltung für Justiz abgesprochen worden.
Sie teilen mir mit, dass die IHK ihre Stellungnahme zum Gesetzentwurf veröffentlicht hat. Das ist deren Sache. Wir beabsichtigen jedenfalls keinerlei Veröffentlichung aller Stellungnahmen."
Stellungnahmen sind zum Beispiel von der IHK Berlin auf ihrer Homepage und Industrie- und Handelskammer Berlin gemeinsam mit der Handwerkskammer Berlin und des Landesverbandes der freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen, und dem Deutschen Siedlerbund e.V. abgegeben worden.
Die Stellungnahme der FDP ist eindeutig:
Die Berliner FDP lehnt das Straßenausbaubeitragsgesetz ab, da
• es nicht angeht, dass die Grundstückseigentümer, die gut 10 % der Einwohner Berlins ausmachen, für die Allgemeinheit je nach Straßentyp mit bis 75 % der Kosten für Straßenausbaumaßnahmen belastet werden,
• Berlin bundesweit die höchsten Grundsteuersätze hat und die schlechte wirtschaftliche Lage Berlins eine zusätzliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger der Stadt nicht gestattet,
• der von den Behörden abzuschöpfende „Vorteil“ der Grundstückseigentümer infolge von Straßenausbaumaßnahmen kaum messbar und finanziell darstellbar ist; dies ist allenfalls beim Grundstücksverkauf der Fall, wobei jedoch die Grunderwerbssteuer Wertzuwächse bereits erfasst,
• es nicht angeht, dass verkehrspolitisch motivierte Maßnahmen der Behörden (z.B. Verkehrsberuhigung) oder die Folgen jahrelangen Instandhaltungsrückstaus der öffentlichen Hand teilweise auf die Grundstückseigentümer abgewälzt werden,
• die Ausbaubeiträge als öffentliche Lasten den Grundstücken zugeordnet und Nachteile durch Straßenausbaumaßnahmen den Grundstückseigentümern nicht „gutgeschrieben“ werden (z.B. Einnahmeausfälle bei Dauerbaustellen),
• die vorgesehene Beteiligung der Grundstückseigentümer in Form von Anhörungs- und Informationsrechten hinter der Bürgerbeteiligung z.B. in der Bauleitplanung zurückbleibt, obwohl es um die Erhebung von Abgaben geht,
• eine erhebliche Verunsicherung der Grundstückseigentümer in Kauf genommen wird, indem die den jeweiligen Ausbaumaßnahmen zugrunde liegenden Bauprogramme noch bis zum Abschluss der Maßnahmen geändert werden können,
• das Gesetz einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursachen wird, der die mit dem Gesetz erhofften Mehreinnahmen zumindest teilweise wieder aufzehren wird; Berlin hat aber bereits mehr als genug Bürokratie,
• der Senat und die SPD/PDS-Koalition mit dem Gesetz zu erkennen geben, dass sie die Themen Staatsaufgabenkritik, Bürokratie-/Vorschriftenabbau und Senkung der Staatsquote nicht ernst nehmen, sondern im Gegenteil die „Staatslastigkeit“ Berlins noch ausweiten wollen.
Die SPD Berlin - Treptow meint:
Seit 1995 gibt es in Berlin das Erschließungsbeitragsgesetz, das für Straßen gilt, die erstmalig erschlossen werden. Nun sollen künftig auch für den Ausbau einer Straße anteilig Beiträge von den Anliegern bzw. Grundstückseigentümern erhoben werden. Das heißt, die Kosten zum Beispiel für eine Straßenbeleuchtung, einen befestigten Gehweg, Parkbuchten oder eine verbesserte Fahrbahn sollen in Zukunft zwischen der öffentlichen Hand (also der Allgemeinheit) und den Anliegern (Eigentümern) aufgeteilt werden.
Berlin ist hier in einer Zwangslage, weil wir einerseits mehr Bundeshilfe erklagen wollen, aber andererseits neben dem „reichen“ Land Baden-Württemberg als einziges Land bisher auf Beiträge zum Straßenausbau verzichten. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf liegt den Bezirken zur Stellungnahme vor und beinhaltet folgende wesentliche Eckpunkte:
- Keine Umlage von Reparaturen und Sanierungsmaßnahmen
- Kein Luxusausbau
- Keine Umlage auf Mieterinnen und Mieter
- Keine Umlage auf Kleingärtner
- Sozialverträgliche Regelungen z.B. Ratenzahlung, Stundung
- Mitwirkung der Eigentümer
Probleme sehen wir bei der Festlegung von Mindeststandards, ebenso wie der Zuordnung der vielen Siedlungsstraßen zum Erschließungsbeitragsgesetz bzw. Straßenausbaubeitragsgesetz, also der Frage, was ist Erschließung und was ist Ausbau?
Stefan Liebich von der PDS hat einen schweren Stand in seinem Wahlkreis und wird viel Gegenwind spüren, da er für das Straßenausbaubeitragsgesetz eintritt.
Es bleibt abzuwarten, welche Regelung nunmehr Gesetz werden wird. Angesichts der zu erwartenden erheblichen Belastung von Anwohnern müssen diese in Zukunft in ganz besonderen Maße über Art und Umfang von Ausbaumaßnahmen bei "ihren" Straßen mit entscheiden dürfen. Bisher gibt es lediglich die Pflicht, die Bürger die von der Verwaltung geplanten Ausbaumaßnahmen und die entstehenden Kosten zu informieren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme, Äußerung von Einwänden und Einreichung von Vorschläge zu geben (§ 3 Absatz 3 des Entwurfs).
Auf keinen Fall dürfen die großen Versäumnisse bei der Instandhaltung der bereits erschlossenen Berliner Straßen in der Vergangenheit durch das neue und m.E. überflüssige Straßenausbaubeitragsgesetz, das voraussichtlich mehr Verwaltungsaufwand als Ertrag bringen wird, nachträglich als angeblich neuer wohnwertverbessernder Straßenausbau bei Anwohnern ausgeglichen werden.
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