Heute stand die Berliner Justizsenatorin Karin Schubert im Rechtsausschuss Rede und Antwort. Den Leiter der JVA Tegel, Klaus Lange-Lehngut, der auch erst hinterher informiert wurde, hat sie gleich mitgebracht.Am 29.09.2003 war in der Vollzugsplankonferenz in der JVA Tegel entschieden worden, dass es bei dem vor einigen Tagen im Café Kranzler am Kurfürstendamm auf dem Weg über die Herrentoilette entwichenen Häftling bei den Ausgängen keine "Lockerungen" geben darf, "weil das Flucht- und Mißbrauchsrisiko als noch zu gravierend eingeschätzt wurde" berichtet die Welt.
Tatsächlich wurde er unbewacht losgeschickt, begleitet von einer Sozialarbeiterin. Das hatte die Teilanstaltsleiterin entschieden, die inzwischen vom Dienst suspendiert wurde und nicht auf ihren Posten zurückkehren soll. Im übrigen wird ein Disziplinarverfahren gegen die mit dem Häftling bei Kranzler einkehrende Sozialarbeiterin eingeleitet, weil sie nicht die Toilette inspiziert habe. So der Tagesspiegel.
Alles dies erscheint widersprüchlich, sagte die Senatorin doch gerade erst in der Berliner Abendschau, die Sozialarbeiterin sei nicht für die Bewachung zuständig gewesen.
Jetzt heisst es:
Nach Angaben der Justizverwaltung liegt die Hauptschuld bei der JVA Tegel. Dort wurde entschieden, daß der Drogenhändler bei seinem Ausgang zum Rechtsanwalt nur von einer Sozialarbeiterin begleitet wurde. Aber eigentlich hätten zwei Justizvollzugsbeamte mitgehen müssen. Eine Sozialarbeiterin hat nicht die Aufgabe, einen Gefangenen zu bewachen. Sie kontrollierte dann auch nicht die Toilettenkabine im Café Kranzler, durch die Ismail F. gegen 17.15 Uhr floh. Ungeklärt ist bisher, wieso die Sozialarbeiterin erst um 17.35 Uhr die JVA Tegel informierte und dann noch einmal zwanzig Minuten verstreichen ließ, bis sie den Polizeinotruf wählte. Aus der Justizpressestelle hieß es dazu: "Im Detail können wir nichts bestätigen. Das sind Personalangelegenheiten, zu denen wir uns nicht öffentlich äußern." (Die Welt)
Die SPD-Politikerin sprach von einem «höchst bedauerlichen Vorfall», Planungsfehlern in der Anstalt und dortigem «schwer wiegendem Versagen». Der Missbrauch von Lockerungen des Strafvollzugs sei aber sehr selten. Von rund 110 680 genehmigten Urlauben, Aus- und Freigängen im vergangenen Jahr seien 159 Gefangene nicht zurückgekehrt, was einer Missbrauchquote von 0,14 Prozent entspreche. (Der Tagesspiegel)
Der geflüchtete Häftling dürfte nicht ungefährlich sein. Die Berliner Morgenpost zu seiner Festnahme:
Nach einem Hinweis stürmte die Polizei am 25. Januar 1997 das Hotelzimmer und fand neben einer Restmenge von 1,563 Kilogramm Kokain noch diverse Waffen: eine Maschinenpistole Kaliber neun Millimeter, vier Pistolen Kaliber 4,65 Millimeter, drei Pistolen Kaliber neun Millimeter und einen Revolver vom Typ Taurus Brazil. Die Waffen lagen zum Teil in Taschen, die mit Vorhängeschlössern gesichert waren. Zusätzlich fanden die Beamten noch drei kugelsichere Westen. Ismail F. wurde erst später in einer Wohnung festgenommen. Auch dort fand die Polizei eine Waffe.Alles sehr seltsam.
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