Mittwoch, 15. Februar 2006

Register-Führungsgesetz – RFüG- Entwurf des Bundesrats

Der Entwurf eines Gesetzes zur Führung des Handelsregisters, des Genossenschaftsregisters, des Partnerschaftsregisters und des Vereinsregisters durch von den Ländern bestimmte Stellen (Register-Führungsgesetz – RFüG) ist vermutlich zum Scheitern verurteilt.

Ziel:
Es sollen zwei „Öffnungsklauseln“ geschaffen werden, die es den Ländern gestatten, durch eigene gesetzliche Regelungen andere Stellen an Stelle der Gerichte mit der Führung des Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregisters (1. Öffnungsklausel) sowie des Vereinsregisters (2. Öff- nungsklausel) zu beauftragen. Mit den Öffnungsklauseln wird den unterschiedlichen tatsächlichen Verhältnissen in den Ländern Rechnung getragen. Soweit in einzelnen Län- dern bereits ein leistungsfähiges, modernen Ansprüchen ge- nügendes Registerwesen von der Justiz aufgebaut worden ist, können diese Strukturen weiter genutzt werden, indem von landesrechtlichen Umsetzungsregelungen abgesehen wird.

Aus der Begründung:
Nach geltendem Recht werden die Handelsregister von den Gerichten geführt (§ 8 des Handelsgesetzbuchs (HGB)). Die Führung der Genossenschaftsregister obliegt den für die Handelsregisterführung zuständigen Gerichten (§ 10 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Erwerb- und Wirtschaftsgenos- senschaften – GenG). Die Führung des Partnerschaftsregis- ters obliegt ebenfalls den für die Handelsregisterführung zu- ständigen Gerichten (§ 5 Abs. 2 des Gesetzes über Partner- schaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe – PartGG). § 125 Abs. 1 und § 160b Abs. 1 FGG begründen dafür je- weils die Zuständigkeit der Amtsgerichte. Die Zuständigkeit der Amtsgerichte für die Führung des Vereinsregisters ergibt sich aus den §§ 21 und 55 BGB.
Die Registerführung durch die Amtsgerichte hat sich grund- sätzlich bewährt. Es ist jedoch nicht zwingend, dass diese Aufgabe innerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung oder gar ausschließlich von den Gerichten wahrzunehmen ist. In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden die Handelsregister oder vergleichbare Einrichtungen teils von Gerichten, teils von besonderen staatlichen Verwaltungsbe- hörden, teils von der IHK geführt. Die angesichts der gegen- wärtigen Belastung der Justiz notwendige Überprüfung des derzeitigen Aufgabenbestandes der Gerichte legt die Überlegung nahe, die Justiz von Aufgaben, die nicht unbedingt zu ihren Kernaufgaben gehören, durch Auslagerung auf andere Institutionen zu entlasten. Dazu zählt insbesondere auch das gerichtliche Registerwesen.
Vor diesem Hintergrund ist die Verlagerung der Registerführung in die Zuständigkeit anderer Stellen bereits seit vielen Jahren Gegenstand der rechtspolitischen Diskussion.
Schon 1992 hat der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT), die Dachorganisation der IHK, angeregt, die Führung der Handels- und Genossenschaftsregister von den Gerichten auf die IHK zu übertragen, um dort ein modernes, wirtschaftsnahes und vollautomatisiertes Registersystem aufzubauen. Die zu dieser Frage von der 63. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister 1992 eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Handelsrecht und Handelsregister“ ist 1995 in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Übertragung der Registerführung auf die Kammern unter bestimmten Voraussetzungen zwar recht- lich möglich, aus tatsächlichen Gründen aber nicht zu emp- fehlen sei. Auf der Grundlage dieser Empfehlung der Ar- beitsgruppe hat sich die Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister im November 1995 für die Beibehaltung der gerichtlichen Zuständigkeit, allerdings bei gleichzeitiger Modernisierung des gerichtlichen Registerwesens, insbesondere durch verstärkten EDV-Einsatz, ausgesprochen.
Daraufhin hat die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder im März 1996 die Justizminister gebeten, im Rahmen der Diskussion zur Modernisierung der Verwaltung den gesamten Komplex des Registerwesens im Justizbereich auf Möglichkeiten zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit, Modernisierung und der Übertragung auf Dritte zu überprüfen. Zugleich hat die Ministerpräsidenten-Konferenz den Bund gebeten, den Ländern die rechtlichen Möglichkeiten zu geben, Modellversuche durchzuführen.
Diese Bitte der Ministerpräsidenten-Konferenz hat dann auch der Sachverständigenrat „Schlanker Staat“ aufgegriffen und in seinem Beschluss vom 25. April 1997 über „Effektive Rechtspflege als Beitrag zum ,schlanken‘ Staat“ dazu aufgerufen, die bereits eingeleitete Überprüfung einer Übertragung der gerichtlichen Registerführung auf andere Institutionen zu forcieren. In diesem Zusammenhang hat der Sachver- ständigenrat ausdrücklich gefordert, die rechtlichen Voraussetzungen für ein Pilotprojekt zur Übertragung der Führung der Handelsregister auf die IHK zu schaffen.
Die aus der rechtspolitischen Diskussion hervorgegangenen Gesetzgebungsvorhaben zur Einführung einer Öffnungsklausel bzw. eines Modellversuchs zur Einführung einer Öff- nungsklausel für die Übertragung der Führung der Register sind jeweils der Diskontinuität anheim gefallen.
Eine Öffnungsklausel war auch in dem vom Bundesrat am 15. Oktober 1999 beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Artikels 125a Abs. 2 GG (Bundesratsdruck- sache 542/99 (Beschluss); Bundestagsdrucksache 14/2442), der von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen initiiert worden war, in den Artikeln 7 und 9 enthalten. Auch dieser Gesetzentwurf ist der Diskontinuität unterfallen.
Seitdem ist erneut der Wunsch des DIHT laut geworden, den Kammern die Führung des Handels- und Genossenschaftsre- gisters zu übertragen. In dieser Übertragung wird ein wichtiger Beitrag zur Deregulierung im wohlverstandenen Interesse der Wirtschaft gesehen.
Die Bundesregierung lehnt den Entwurf ab.
Die in dem Entwurf vorgesehene Einführung von Öffnungsklauseln für die Übertragung der gerichtlich geführten Register auf andere Stellen als die Amtsgerichte, namentlich die Industrie- und Handelskammern (IHK), wurde bereits 1995 u. a. in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Handelsrecht und Handelsregister“ im Auftrag der Justizministerkonferenz diskutiert und mit überzeugenden Argumenten abgelehnt. Die im Abschlussbericht vom 25. April 1995 aufgezählten Gründe, die gegen die Einführung einer Öffnungsklausel sprechen, haben nach wie vor Gültigkeit.
Für die nunmehr vorgeschlagenen Öffnungsklauseln gilt ins- besondere, dass sie zu einer unüberschaubaren Rechtszersplitterung in Deutschland führen würden. Dem lässt sich auch nur begrenzt dadurch vorbeugen, dass die dann jeweils zuständigen Stellen verpflichtet wären, ein zentrales elektro- nisches Registerportal anzubieten. Aus diesem ließe sich vielleicht noch die zuständige Stelle ermitteln, allerdings wä- ren ein einheitliches Registerverfahren und einheitliche Kosten dann nicht mehr zwingend. Die am Registerverfahren Beteiligten hätten somit jeweils von Land zu Land zu ermitteln, welche Regelungen zu beachten sind und welche Kosten entstehen. Diese Rechtszersplitterung ist für die Beteiligten, oftmals Existenzgründer, kleine und mittlere Unternehmen und ausländische Investoren, unzumutbar und erscheint mit Blick auf die Harmonisierungsbemühungen innerhalb der Europäischen Union geradezu anachronistisch. Im Übrigen würde sich dadurch der Anschein der Überbürokratisierung in Deutschland weiter verfestigen, was dem Wirtschaftsstand- ort Deutschland insgesamt schaden würde. Die Behauptung, wonach durch eine Übertragung der Registerführung gerade eine Entbürokratisierung (durch eine Konzentration der Justiz auf ihre Kernaufgaben) eingeleitet werden würde, überzeugt damit nicht. Ohnehin sind die IHK, die in erster Linie als Träger des Handelsregisters in Betracht kämen, Körper- schaften des öffentlichen Rechts und haben Behördencharak- ter.
Hinzu kommt, dass durch die Öffnungsklauseln die Gefahr einer uneinheitlichen Führung der verschiedenen Register durch verschiedene Träger entstehen würde. So lässt sich bei- spielsweise bei den IHK zwar ein Bezug zum Handelsregister herstellen, nicht jedoch zum Partnerschaftsregister, für das daher ein anderer Träger gefunden werden müsste. Ähnliches gilt – abgesehen von ohnehin erheblichen Bedenken gegen eine Übertragung der Vereinsregisterführung auf Dritte – für das Vereinsregister, für das sich bislang überhaupt kein anderer Träger anbietet. Mit der einheitlichen Führung der verschiedenen Register bei einer Stelle sind aber bisher gute Erfahrungen gemacht worden. Eine Änderung wäre kontraproduktiv.


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Die Bundesregierung bereitet zur Zeit das "Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vor, um die geänderte "SLIM-IV-Richtlinie" der EU mit der notwendigen Anmeldung in Registersachen in elektronischer Form zu erfüllen. Das Justizkommunikationsgesetz regelt schon die Behandlung im gerichtlichen und notariellen Bereich.

Es ist damit zu rechnen, dass die Amtsgerichte für die Registerführung weiter zuständig bleiben, wobei die Notare deutlich mehr Vorarbeit als bisher leisten werden müssen und die Anmeldungen im angestrebten Idealfall "eintragungsreif" in elektronischer Form entsprechend den Software-Vorgaben der Justiz (EGVP-Client) übermitteln müssen. Vgl. hierzu diesen Aufsatz.

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