Dienstag, 28. Februar 2006

Rote Schleife am Schweif

Via Recht und und Alltag: Das OLG Koblenz hat in einem noch nicht rechtskräftigen Berufungsurteil, bei dem allerdings die Revision nicht zugelassen wurde, folgende Leitsätze aufgestellt:

1. Beim gemeinsamen Ausritt ist ein Pferd, das zum Auskeilen neigt, mit einer roten Schleife am Schweif zu kennzeichnen. Außerdem muss der Reiter am Schluss der Gruppe reiten.


2. Den über die konkrete Gefährlichkeit des Tiers nicht informierten Verletzten trifft kein Mitverschulden, wenn er wegen plötzlicher und nicht durch einen Warnruf angekündigter Verzögerung aus der Gangart Trab einen kurzen Moment zu dicht aufreitet und das Pferd in diesem Moment nach hinten auskeilt.

OLG Koblenz, Urt. vom 26.01.2006 - 5 U 319/04; n. rkr.
LG Trier, Urt. v. 12.2.2004 - 3 O 156/03
Der Kläger erlitt im Juni 2003, als er am Ende einer aus insgesamt 8 Reitern bestehenden Gruppe ritt, einen Reitunfall. Unmittelbar vor ihm ritt die Beklagte mit ihrem Pferd „Laila”. Laila keilte nach hinten aus und verletzte den Kläger am rechten Unterschenkel.
Nahezu alle Mitglieder der Reitgruppe wussten zwar, dass das Pferd der Beklagten zum Auskeilen neigt. Der Kläger wusste es aber nicht. Er war erst zum zweiten Mal bei einem Ausritt dieser Gruppe dabei. Keiner der vernommenen Zeugen hat die Beweisbehauptung der Beklagten bestätigt, auch der Kläger sei vor dem Unfall – von wem auch immer – auf die Gefährlichkeit des Pferdes Laila hingewiesen worden.

Vor diesem Hintergrund bestand kein Grund für die von der Berufung vermisste Parteivernehmung der Beklagten (§ 448 ZPO). Sie befindet sich weder in Beweisnot noch war ein gewisser Anbeweis für ihre Behauptung erbracht, sie habe den Kläger auf die Gefährlichkeit des Pferdes hingewiesen.
Verfehlt ist auch die Ansicht der Berufung, den Kläger treffe ein Mitverschulden, weil er von hinten zu dicht an das Pferd der Beklagten herangeritten sei. Die zu Auffahrunfällen im Straßenverkehr entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind nicht auf Reitunfälle übertragbar. Autos pflegen nicht nach hinten auszutreten. Im Übrigen hat der gerichtliche Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend aufgezeigt, dass sich selbst bei Beachtung der Sorgfaltsregeln des Reitsports eine gefahrenträchtige Annäherung der Pferde insb. bei unvorhersehbarem Wechsel der Gangart oder Scheuen des vorderen Pferdes nicht immer sicher vermeiden lässt.

Aus diesem Grund ist es erforderlich, Pferde, die zum Auskeilen neigen, mit einer roten Schleife am Schweif zu kennzeichnen und außerdem mit einem derart gefährlichen Tier bei einem Gruppenausritt stets ganz am Schluss der Gruppe zu reiten. Hätte die Beklagte diese Sorgfaltsregeln des Reitsports beachtet, wäre es nicht zu dem Unfall mit seinen schwerwiegenden Folgen gekommen.

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