Dienstag, 21. Februar 2006

Verfassungskonforme Leinenpflicht für Hunde

Ein Bußgeld in Höhe von 20 Euro veranlasste einen Hundehalter, der seinen Hund in einer Grünanlage ohne Leine laufen ließ, das Kammergericht durch - wie der entscheidende Einzelrichter meinte, teils launige, teils unverständliche oder abwegige Ausführungen oder Vergleiche zu bemühen. Das Kammergericht nahm die Gelegenheit wahr, Stellung zu beziehen (2 Ss 300/05 – 5 Ws (B) 626/05 - 341 OWi 1561/05; Beschluss vom 04.01.2006):
Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen einer – wie den Gründen zu entnehmen ist – fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 12 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes über das Halten und Führen von Hunden in Berlin (vom 9. Oktober 2004; GVBl. S. 424) nach § 17 Abs. 2 dieses Gesetzes zu einer Geldbuße von 20 € verurteilt. Die Urteilsformel lautet demgegenüber dahin, gegen die Betroffene werde „wegen eines Verstoßes gegen die Hundeverordnung“
eine Geldbuße von 20 € festgesetzt. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rügt die Betroffene die Verletzung materiellen Rechts; sie ist der Auffassung, die Leinenpflicht sei verfassungswidrig.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat dazu ausgeführt:

„Dem angesichts des im angefochtenen Urteil verhängten Bußgeldes in Höhe von nicht mehr als 100 € allein zur Fortbildung des sachlichen Rechts (§§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 OWiG) zulässigen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde kann kein Erfolg beschieden
sein.

Die vom Zulassungsantrag als klärungsbedürftig angesehene Frage, ob der Leinenzwang für Hunde in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 BerlHundeG) verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Verhältnismäßigkeit, entspricht ist bereits obergerichtlich dahin entschieden, daß die Anordnung eines Leinenzwanges in einer Stadt in den für die Öffentlichkeit frei zugänglichen Bereichen außerhalb geschlossener Gebäude – und damit auch innerhalb von Grün- und Erholungsanlagen – vor dem Grundgesetz Bestand hat (vgl. BGHSt 37, 366, 371).“

Diese Ausführungen treffen zu.
Der Senat verweist nur ergänzend auf die Entscheidung des OLG Zweibrücken (NStZ 2005, 176 und die Ausführungen zu dem Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Kunze NJW 2001, 1608, 1611-1612).


Eines näheren Eingehens auf alle der teils launigen, teils unverständlichen oder abwegigen Ausführungen oder Vergleiche (z. B.: Hunde mit Katzen) und die unbelegten Erwägungen zu Verhaltensweisen von Hunden bedarf es nicht. Nur beispielhaft sei angemerkt, daß die Leinenpflicht, anders als die Antragstellerin meint, keineswegs nur in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des vorgenannten Gesetzes),sondern auch andernorts (§ 3 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Abs. 2 jenes Gesetzes) gilt. Es kann auch nicht darauf ankommen, ob man Hunde so erziehen kann, daß von ihnen keinerlei Belästigung oder Gefahr ausgeht; denn auf einen regelmäßig nicht zu erreichenden Idealzustand darf der Gesetzgeber im Rahmen der vorbeugenden Gefahrenabwehr nicht abstellen. Die Kritik, er habe keine Kennzeichnungs-, Versicherungs- und Prüfungspflicht im Zusammenhang mit dem Halten und Führen von Hunden eingeführt, wird durch das Gesetz widerlegt. In § 1 Abs. 5 ist die Kennzeichnungspflicht, in § 1 Abs. 6 die Versicherungspflicht normiert und in den §§ 5 – 8 des Gesetzes über das Halten und Führen von Hunden in Berlin sind Prüfungs- und Nachweispflichten sowohl bezüglich des Halters (Sachkunde und Zuverlässigkeit)wie des Hundes (Nachweis über das Fehlen besonders gefährlicher Eigenschaften) geregelt.
Daß - abgesehen vom Bellen - Belästigungen und Gefährdungen durch Hunde durch die Anleinpflicht vermindert oder ausgeschlossen werden können, unterliegt nach Auffassung des Senats im übrigen keinem Zweifel.

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