Am 31. März 2015 in Berlin in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift:
Gemeinsame
AlIgemeine Verfügung zur Umsetzung des § 31 a BtMG Vom 26.
Marz.2015
Auf Grund des § 6 Absatz 2 Buchstabe b AZG wird bestimmt:
I.
Vorbemerkung
Nach § 31a Absatz 1 BtMG kann die Staatsanwaltschaft ohne Zustimmung
des Gerichts von der Verfolgung eines Vergehens nach § 29 Absatz 1, 2 oder 4
BtMG absehen, wenn "die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre,
kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel
lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt,
durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt."
Mit dieser
Regelung wird ermöglicht, dass die Strafverfolgungsbehörden durch· Entlastung
von vielen Verfahren minderen Umfangs die Möglichkeit erhalten, ihre Kapazitäten
auf die Bekämpfung
des organisierten Rauschgifthandels zu konzentrieren.
Daran
anschließend hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9. Marz 1994 (2 BvL 43/92 NJW 1994 S. 1577) bezüglich
des Eigenverbrauchs von Cannabisprodukten entschieden, dass "bei
Verhaltensweisen ... , die ausschließlich den gelegentlichen Eigenverbrauch
geringer Mengen von Cannabisprodukten vorbereiten und nicht mit einer Fremdgefährdung
verbunden sind, ... die Strafverfolgungsorgane nach dem Übermaßverbot von der
Verfolgung der in § 31a BtMG bezeichneten Straftaten grundsätzlich abzusehen
haben" werden.
ll. Hinweise zur Anwendung des § 31a
BtMG durch die Staatsanwaltschaft
1.
Anwendungsbereich von § 31a BtMG
Die
Staatsanwaltschaft kann nach den Umstanden des Einzelfalles von der Strafverfolgung
gemäß § 31a BtMG absehen, wenn sich die Tat auf den Umgang mit Cannabisharz
oder Marihuana in einer Bruttomenge von nicht mehr als 15 (fünfzehn) Gramm zum gelegentlichen
Eigenverbrauch bezieht, sofern hinsichtlich des Wirkstoffgehalts von einer
geringen Menge ausgegangen werden kann und die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen
gegeben sind.
2.
Vereinfachte Anwendung
Bezieht sich
die Tat auf den Umgang mit Cannabisharz oder Marihuana zum gelegentlichen
Eigenverbrauch in einer Bruttomenge von nicht mehr als 10 (zehn) Gramm, so ist das Ermittlungsverfahren
grundsätzlich einzustellen.
3. Ausnahmen
Ausgenommen
von diesen Regelungen sind die Fälle, in denen das öffentliche Interesse die
Strafverfolgung gebietet, weil der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des
Betroffenen hinaus gestört ist (Fremdgefährdung). Das ist regelmäßig
insbesondere dann der Fall,
- wenn Betäubungsmittel in einer Weise gebraucht werden, die eine Verführungswirkung auf Kinder oder nicht abhängige Jugendliche oder Heranwachsende hat,
- Betäubungsmittel vor besonders schutzbedürftigen Personen (zum Beispiel Kindern, Jugendlichen) oder vor oder in Einrichtungen oder Anlagen, die regelmäßig von diesen Personen aufgesucht werden (insbesondere Kindergarten, Spielplatze, Schulen, Jugendheime und - soweit dort nach gemeinsamer Feststellung des Polizeiprasidenten in Berlin und des Generalstaatsanwaltes in Berlin temporär eine die bestimmungsgemäße Nutzung merklich beeinträchtigende Belastung durch Drogenhandel beziehungsweise damit zusammenhängende Straftaten zu verzeichnen ist – öffentliche Grün- und Erholungsanlagen) erworben, besessen oder konsumiert werden,
- · die Tat von einer Person begangen wurde, welche in den zuletzt genannten Einrichtungen tätig ist.
Eine
Fremdgefahrdung besteht regelmäßig darüber hinaus auch dann, wenn
·
- Betäubungsmittel in der Öffentlichkeit ostentativ oder vor oder in Einrichtungen oder Anlagen, die auf Grund ihres Zwecks des besonderen Schutzes bedürfen (insbesondere öffentliche Verwaltungsgebäude, Bahnhöfe, Krankenhäuser oder Kasernen) erworben, besessen oder konsumiert werden,
- die Tat nachteilige Auswirkungen auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs befürchten lässt,
- die Tat im Justiz- oder Maßregelvollzug begangen wird oder
- die Tat von einer Person begangen wurde, die mit dem Vollzug des Betäubungsmittelgesetzes beauftragt ist.
4.
Wiederholte Anwendung
Der Anwendung
des § 31a BtMG steht grundsätzlich nicht entgegen, dass die beschuldigte Person
bereits mehrfach wegen Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz oder aus anderen
Gründen verurteilt worden ist, Ermittlungsverfahren nach dieser Vorschrift
eingestellt worden sind oder die Tat während einer laufenden Bewährungszeit
begangen wurde. Dies gilt insbesondere, wenn eine Betäubungsmittelabhängigkeit
der beschuldigten Person vorliegt beziehungsweise nicht auszuschließen ist.
III. Maßnahmen der Polizei
Liegen nach
den vorstehenden Ausführungen die Voraussetzungen für die vereinfachte Anwendung
des § 31a BtMG vor, so führt die Polizei auf der sachbearbeitenden Dienststelle
eine Wägung sowie einen Vortest durch und fertigt die Strafanzeige. Die Möglichkeit
einer Vernehmung des Beschuldigten bleibt davon unberührt, um insbesondere
Angaben über seine Drogenabhängigkeit und den Erwerb der Betäubungsmittel (Herkunft,
Hintermänner) zu erlangen und gegebenenfalls den Verzicht auf die Rückgabe
sichergestellter Gegenstände herbeizuführen. Ergibt sich aus der Vernehmung des
Beschuldigten, dass ein Verhalten vorliegt, das ausschließlich auf einen gelegentlichen Cannabiskonsum ausgerichtet ist, oder kann
hiervon trotz des Schweigens des Beschuldigten ausgegangen werden, übersendet
die Polizei den Vorgang unverzüglich der Staatsanwaltschaft ohne weitere
Beweiserhebungen (zum Beispiel weitergehende kriminaltechnische Untersuchungen,
Zeugenvernehmungen) durchzuführen.
IV. GesundheitIiche und soziale Maßnahmen
Die Polizei
informiert die Beschuldigten über Angebote der Drogenhilfe, insbesondere Einrichtungen
der Frühintervention für jugendliche und heranwachsende Drogenkonsumenten. Ist der
Beschuldigte einverstanden, stellt die Polizei unmittelbar den Kontakt zu einer
Hilfeeinrichtung her und vermerkt dies in den Akten.
Die
Staatsanwaltschaft weist im Zusammenhang mit der Einstellung des
Ermittlungsverfahrens ebenfalls auf die Angebote der Drogenhilfe hin.
V. Inkrafttreten
Diese
Verwaltungsvorschriften treten am 31. Marz 2015 in Kraft und ersetzen die Gemeinsame
Allgemeine Verfügung zur Umsetzung der §
31a BtMG vom 20. Mai 2010. Sie treten mit Ablauf des 30. März 2020 außer Kraft.
Quelle:
Amtsblatt für Berlin Nr. 14, vom 10.04.2015, Seiten 550 f.
Die bis zum
30.03.2015 geltende Fassung ist hier zu finden:
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