Freitag, 24. November 2006

Alimente vom Arzt

Wieder einmal: Fehler Dritter bei Verhütungsmaßnahmen führen zu Unterhaltspflichten als Schadensersatzpflicht. Hier die Pressemeldung des BGH:

Die Klägerin ist Mutter eines im Dezember 2002 geborenen gesunden Sohnes. Sie verlangt von ihrem Gynäkologen, dem Beklagten, aus eigenem und aus abgetretenem Recht des Kindsvaters Ersatz des den Eltern durch die Unterhaltsverpflichtung entstandenen und noch entstehenden Schadens. Der Beklagte hatte es übernommen, der Klägerin im Januar 2002 das lang wirkende Verhütungsmittel "Implanon" zu verabreichen. Bei diesem Präparat handelt es sich um ein circa 3 mm starkes und wenige Zentimeter langes Plastikröhrchen, welches oberhalb der Ellenbogenbeuge unter die Haut eingebracht wird. Der Beklagte hat die Behandlung abgerechnet, die Klägerin hat sie bezahlt. Im Juli 2002 stellte der Beklagte bei der Klägerin eine Schwangerschaft in der 16. Woche fest. Das "Implanon"-Implantat konnte nicht mehr gefunden werden. Der Wirkstoff des "Implanons" konnte im Blut der Klägerin nicht nachgewiesen werden. Die Klägerin konnte wegen der Schwangerschaft und der Betreuung des Kindes eine ihr zugesagte Arbeitsstelle nicht antreten. Der Vater des Kindes, den die Klägerin im Zeitpunkt der Zeugung etwa seit einem halben Jahr kannte, hat die Vaterschaft anerkannt, lebt aber nicht mit der Klägerin zusammen. Er kommt seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem gemeinsamen Sohn nach.

Die Klägerin hat dem Beklagten vorgeworfen, dass ihm beim Einsetzen des Verhütungsmittels ein Behandlungsfehler unterlaufen sei. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Unterhaltsschadensersatz für den zurück liegenden Zeitraum (Dezember 2002 bis Dezember 2005) und bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Sohnes monatlich im Voraus in Höhe von 270 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe der Regelbetragsverordnung abzüglich des jeweiligen gesamten Kindergeldes zu bezahlen. Die dagegen gerichtete Revision des beklagten Arztes hat der unter anderem für das Arzthaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht hat einen Behandlungsfehler des Beklagten beim Einsetzen des Verhütungsmittels festgestellt. Auf dieser Grundlage ist unter den Umständen des vorliegenden Falles eine Haftung des Arztes für den Unterhaltsschaden der Eltern zu bejahen. Dies ergibt sich bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur "fehlgeschlagenen" Familienplanung, wie sie das Bundesverfassungsgericht gebilligt hat. Die personenrechtliche Beziehung zwischen Eltern und Kind spricht nicht dagegen, in derartigen Fällen die Belastung mit einer Unterhaltsverpflichtung als Vermögensschaden anzusehen. Im Bereich der Arzthaftung gilt wie in jedem anderen Bereich der Vertragshaftung, dass der durch eine schuldhafte Vertragsverletzung verursachte Schaden zu ersetzen ist.

Eine Ersatzpflicht des Arztes besteht auch dann, wenn die gegenwärtige berufliche und wirtschaftliche Planung einer jungen Frau durchkreuzt wird und die zukünftige Planung noch nicht endgültig absehbar ist. Gerade in solchen Fällen kann der Fehler des Arztes zu erheblichen wirtschaftlichen Folgen führen. In den Schutzbereich eines auf Schwangerschaftsverhütung gerichteten Vertrages zwischen Arzt und Patientin ist nicht nur ein ehelicher, sondern auch der jeweilige nichteheliche Partner einbezogen, der vom Fehlschlagen der Verhütung ebenfalls betroffen ist. Zu ersetzen ist nur das Existenzminimum des Kindes, welches das Oberlandesgericht hier zutreffend berechnet hatte.

Urteil vom 14. November 2006 - VI ZR 48/06

LG Waldshut-Tiengen - 2 O 70/04 ./.OLG Karlsruhe - 13 U 134/04

BGH verhandelt am 28.11.2006 den Fall Hoyzer

Die Revisionshauptverhandlung des 5. Strafsenats am 28. November 2006 (5 StR 181 und 182/06; "Fußballwetten") im Fall Hoyzer scheint nach Ansicht des Oberstaatsanwalts Schneider recht interessant zu werden. Überraschungen können nicht ausgeschlossen werden. Der Tagesspiegel berichtet ausführlich.

S. auch hier.

Brandenburg: Amtsgericht Zossen soll geschlossen werden

Nach einem Bericht der Berliner Morgenpost soll Brandenburgs Justizministerin Blechinger die Schließung des Amtsgerichts Zossen aus Rationalisierungsgründen angekündigt haben. Entgegen ersten Planungen sollen die Amtsgerichte Rathenow, Schwedt und Zehdenick, die auch auf der Streichliste standen, bleiben. Bis März 2007 wird geprüft, ob die Amtsgerichte Bad Freienwalde, Eisenhüttenstadt und Guben sowie das Arbeitsgericht Senftenberg aufgelöst werden. Ein zentrales Grundbuchamt soll es vorerst nicht geben.

Zum kurzen Bericht der Berliner Morgenpost.

Opferrechte nach dem 2. Justizmodernisierungsgesetz im Rechtsausschuss beraten

Das geplante 2. Justizmodernisierungsgesetz beschäftigt sich zu einem kleinen Teil auch mit einer Stärkung der Opferrechte. So soll die Zahlung einer Geldstrafe zu Gunsten einer Wiedergutmachungsleistung des Täters an das Opfer zurückstehen können:

Dem § 42 StGB soll folgender Satz angefügt werden:

„Das Gericht soll Zahlungserleichterungen auch gewähren, wenn ohne die Bewilligung die Wiedergutmachung des durch die Straftat verursachten Schadens durch den Verurteilten erheblich gefährdet wäre; dabei kann dem Verurteilten der Nachweis der Wiedergutmachung auferlegt werden.“

Heute im Bundestag beschäftigt sich mit einer Anhörung im Rechtsausschuss am 24.11.2006:

Die Meinungen über weitere Maßnahmen, insbesondere über die Zulassung einer Nebenklage im Jugendstrafverfahren gingen auseinander:

Die im Justizmodernisierungsgesetz vorgesehene Stärkung der Opferrechte ist begrüßenswert. Dies sagte Professor Reinhard Böttcher, der Vorsitzende des Weißen Rings e.V., einem Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern, am Freitagnachmittag bei einer Anhörung des Rechtsausschusses. Unter anderem sei es zu begrüßen, dass beispielsweise den Eltern minderjähriger Verletzter ein Anwesenheitsrecht in der Hauptverhandlung zugestanden werde. Es sei aber "unbefriedigend", dass sich die Bundesregierung dem Recht der Opfer auf Nebenklage "verschlossen" habe. Die Nebenklage sei zu einem Instrument des Opferschutzes geworden. Einer Bagatellisierung der Tat durch den Täter selbst müsse entgegengetreten werden. Dem Opfer selbst müsse das Recht eingeräumt werden, beispielsweise bei einer Vergewaltigung, dem nicht ganz seltenen Versuch des Angeklagten, sich auf Kosten des Opfers zu entlasten, entgegenzutreten. Thomas R.J. Franz, Rechtsanwalt aus Ketsch, war gleicher Meinung. Er führte zusätzlich aus, es entspreche geradezu dem Erziehungsgedanken, wenn sich Opfer und Täter im Gerichtssaal "gleichberechtigt" gegenübersitzen. Ein Opfer, das verfahrensrechtlich lediglich auf die Funktion eines Beweismittels reduziert sei, werde von dem Jugendlichen auch nur als solches wahrgenommen.

Rechtsanwalt Jens Schmidt aus Saarbrücken war anderer Meinung: Es stehe zu befürchten, dass der im Jugendstrafrecht verankerte Erziehungsgedanke ausgehöhlt werde, wenn dem Rechtsanwalt des Verletzten die Möglichkeit eröffnet werde, Fragen zu stellen. Selbst wenn man die Auffassung vertreten sollte, dass im Jugendstrafverfahren den Ausführungen des Bundesgerichtshofes folgend "die Sachaufklärung oder Wahrnehmung von Verfahrensinteressen" des Jugendlichen beeinträchtigt sein sollten, stünde aber zu befürchten, dass bereits die Diskussion über die Berechtigung einzelner Fragen das Jugendstrafverfahren negativ beeinflussen könnten. Schmidt kam zu dem Schluss, dass die neue Regelung jedenfalls in der vorliegend Fassung abzulehnen sei.

Das geltende Jugendstrafrecht gibt dem Opfergedanken nur marginalen Raum. Zu diesem Schluss kam Professor Frank Saliger von der Bucerius Law School aus Hamburg. In diesem Sinne zeigte der Gesetzesvorschlag der Bundesregierung das Bestreben, die stärkere Opferorientierung auch im Jugendstrafrecht zur Geltung zu bringen. Es sei ein behutsamer Vorschlag, Informations- und Schutzrechte des Verletzten auch im Jugendstrafverfahren zur Geltung zu bringen. Zu unterstützen sei die Idee, die Anwesenheitsrechte für Eltern (oder die Erziehungsberechtigten) des Verletzten zu erweitern. Professor Bernd-Rüdeger Sonnen stellte die These auf, die Stellung des Verletzten im Strafverfahren sei "dringend verbesserungsbedürftig". Dem Opfer im Jugendstrafverfahren müsse die angemessene Beachtung verschafft werden. Die Einführung der Nebenklage in das Jugendstrafverfahren sei aber der falsche Weg. Sie sei den Opferinteressen nicht dienlich und werde eher die Fronten verhärten als dass zu einer Verantwortungsübernahme durch den Angeklagten beitrage.
Quelle: http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2006/2006_358/01

Regelleistungen nach SGB II nach Ansicht des Bundessozialgerichts verfassungsgemäß

Die 1957 geborene Klägerin war bis Ende 2004 Bezieherin von Arbeitslosenhilfe. Sie lebte mit ihrem 1943 geborenen Ehemann und ihrer 1984 geborenen Tochter in einer gemeinsamen Wohnung. Den Antrag der Klägerin, ihr ab Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen, lehnte die Be­klagte mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Der 11b. Senat des Bundessozialgerichts hat mit Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 1/06 R die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin ist nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt aus dem zu be­rücksichtigenden Einkommen sichern kann. Zu berück­sichti­gen ist das Einkommen des mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehemannes von insgesamt 1.052,44 € (Renten­zahlbetrag zuzüglich Kindergeld abzüglich Versicherungspau­schale). Das Kinder­geld ist dem Ehemann als Kindergeldberechtigtem und nicht der im fraglichen Zeitraum im Haushalt lebenden volljährigen Tochter zuzurechnen. Das maßgebliche Einkommen übersteigt somit den vom Landessozialgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Bedarf von insgesamt 857,85 € (je 311,00 € Regel­leis­tung für die Klägerin bzw den Ehemann; 235,85 € anteilige Kos­ten für Unterkunft und Heizung, die bei einer von drei Personen genutzten Unterkunft mit zwei Dritteln aus dem Gesamtbetrag von 353,78 € anzusetzen sind).

Dem Vorbringen der Revision, die Vorschriften zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und zur Höhe der Regelleistungen sowie zur Berücksichtigung von Einkommen seien nicht verfas­sungs­gemäß, ist der Senat nicht gefolgt. Nach Auffassung des Senats ist es nicht verfassungs­widrig, dass die Arbeits­losenhilfe durch das Arbeitslosengeld II ersetzt worden ist. Schon die Arbeitslosenhilfe war nicht bei­tragsfinanziert. Auf die Eigentumsgarantie kann sich die Klägerin nicht berufen; der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip sind ua deswegen nicht ver­letzt, weil die Betroffenen ausreichend Gelegenheit hatten, sich auf die neue Rechtslage einzustellen. Keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen ge­gen die gesetzlich festge­schriebene Höhe der Regelleistungen (§ 20 Abs 2 und Abs 3 SGB II) und in diesem Zusammenhang gegen die aus den Gesetzesmaterialien nachzuvollziehende Art der Bedarfsermittlung und deren Er­gebnis. Es ist grundsätzlich zulässig, den Bedarf grup­penbe­zogen zu erfassen und eine Typisierung bei Massenverfahren vorzunehmen. Auch nach den in­dividuellen Verhältnissen der Klägerin ist inso­weit kein Verfassungsverstoß zu er­kennen. Nicht als verfassungswidrig anzusehen ist schließlich die von der Revision angegriffene Regelung zur Einkommensberücksichtigung, die zwar ungünstiger ist als die bisher für die Arbeitslosenhilfe geltende Regelung, sich jedoch aus der anderen Zielsetzung der neu konzipierten Grundsiche­rung für Arbeitsuchende rechtfertigt.

Az.: B 11b AS 1/06 R S. ./. Grundsicherung für Arbeitsuchende im Landkreis Lörrach


Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 23.11.2006

Donnerstag, 23. November 2006

Der liebe Hund, Dein Freund.....


Auch von rechtbunt ein kleiner Beitrag zum Thema Tier:

"Umgangsrecht" mit Hund
Ein geschiedener Ehemann hat ein Umgangsrecht mit seinem bei der Ex-Frau lebenden Hund, sofern dies nicht aus tierpsychologischen Gründen bedenklich erscheint.
Zwei geschiedene Eheleute stritten um das "Sorgerecht" für den Pudel W. Zwar stellte das Gericht fest, daß ein Hund, wie eine Sache, nach der Hausratsverordnung bei einer Scheidung einem der beiden Partner zugeteilt werden könne, dabei müsse jedoch auf seine Gefühle Rücksicht genommen werden.

Nachdem ein tierpsychologischer Sachverständiger hinzugezogen worden war, brachte das Gericht es nicht mehr über's Herz, den bei der Ehefrau lebenden Pudel W. dem Ehemann zuzuteilen und ihn dadurch zu entwurzeln. Nach eingehender Prüfung der seelischen Befindlichkeit des Hundes glaubte der Richter es aber verantworten zu können, daß Begegnungen zwischen Pudel und Herrchen jeden 1. und 3. Donnerstag des Monats von 14-17 Uhr stattfinden. (AG Bad Mergentheim 1996-12-19 Az. 1 F 143/95)

Killerspiele und Paragrafen

"Rechtmäßigkeit einer bundesgesetzlichen Verbotsregelung für die Einfuhr, den Verkauf und die Vermietung von gewaltverherrlichenden Computerspielen („Killerspiele“)" werden von Michael Grote und Carmen Sinnokrot für die wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages durchleuchtet(WD 3 - 263/06. Die zwölfseitige pdf-Datei ist hier zu finden.

Da mich die Diskussion nervt, enthalte ich mich ganz besonders gern eines Kommentars.

Imker müssen nicht müssen: keine Toilette im Bienenhaus

Bürokratie muss sein:
Das Verwaltungsgericht Neustadt hat mit Urteil vom 16. November 2006 die Klage eines Imkervereins auf Genehmigung einer Toilette in einem Bienenhaus abgewiesen.
Das vom Verein betriebene, rund 22 qm große Bienenhaus steht im Außenbereich am Waldrand und wurde Ende 1998 baurechtlich genehmigt mit dem Zusatz, dass bauliche Anlagen und Nutzungen, die nicht originär mit der Bienenhaltung zusammenhängen, nicht zulässig sind. Im Jahr 2005 stellte der Verein bei der zuständigen Baubehörde des Landkreises den Antrag, eine 1.600 l fassende Fäkaliensammelgrube und eine 1 x 0,80 m große Toilettenanlage im Bienenhaus für die dort tätigen Imker sowie die Besucher von Schulungs- und Informationsveranstaltungen zu genehmigen. Das Bauamt lehnte den Antrag ab, der Widerspruch des Vereins beim Kreisrechtsausschuss hatte ebenfalls keinen Erfolg. Auch das Verwaltungsgericht Neustadt bestätigte mit seinem Urteil vom 16. November 2006 die ablehnende Entscheidung.

Die Richter führen in ihrem Urteil aus, Kleinkläranlagen und Gruben seien baugenehmigungspflichtig und die Genehmigungspflicht erstrecke sich auch auf die beantragte Toilette. Diese Anlagen seien im Außenbereich nicht zulässig, weil sie nicht für die Bienenhaltung erforderlich seien. Die Arbeiten von Vereinsmitgliedern im Bienenhaus beschränkten sich regelmäßig auf wenige Stunden an einzelnen Wochentagen im Monat, hierfür sei das Vorhalten einer Toilettenanlage mit Fäkaliensammelgrube nicht notwendig. Da die Baugenehmigung für das Bienenhaus nur die Bienenhaltung umfasse und eine weitergehende Nutzung gerade ausschließe, müssten sonstige Aktivitäten des Vereins wie Informations- und Schulungsveranstaltungen für Besucher außer Betracht bleiben. Die Fäkaliensammelgrube und die Toilettenanlage beeinträchtigten schließlich Belange des Naturschutzes. Das Bienenhaus liege in einem ökologisch sensiblen Waldsaumbiotop, das allein schon durch die notwendige Entleerung der Fäkaliengrube mittels größerer Fahrzeuge gestört werde.


Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.


Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 16. November 2006 – 4 K 1291/06.NW –
Pressemitteilung vom 23.11.2006

Mittwoch, 22. November 2006

Neue und gebrauchte Tiere

Das macht uns Juristen so beliebt: Der Bundesgerichtshof hat sich Gedanken darüber gemacht, wann Tiere neu und wann sie gebraucht sind oder ob sie etwa immer gebraucht sind. Ergebnis: Ein Fohlen ist neu, wenn es weder als Reittier noch nur Zucht verwendet worden ist. Folge: Gewährleistungszeit: zwei Jahre.

Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs fasst zusammen:

"Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Frage zu entscheiden, ob ein sechs Monate altes Fohlen "gebraucht" im Sinne der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) ist. Tiere sind zwar keine Sachen und demzufolge auch keine "Verbrauchsgüter", jedoch sind die dafür geltenden Vorschriften auf Tiere entsprechend anzuwenden (§ 90a Satz 3 BGB). Die Unterscheidung zwischen "neuen" und "gebrauchten" Tieren – in der Praxis handelt es sich meist um Pferde – ist für die Frage von Bedeutung, ob beim Verkauf eines Tieres durch einen Unternehmer an einen Verbraucher die zweijährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche des Käufers (§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB) auf ein Jahr abgekürzt werden kann, was nur beim Verkauf gebrauchter Sachen oder Tiere möglich ist (§§ 475 Abs. 2, 90a BGB).


In dem der heutigen Entscheidung zugrunde liegenden Fall erwarb der Kläger am 27. Oktober 2002 von der Beklagten auf einer von ihr veranstalteten Auktion ein sechs Monate altes Hengstfohlen, welches nach einem medizinischen Untersuchungsprotokoll keine Gesundheitsschäden aufwies. Die von der Beklagten verwendeten Auktionsbedingungen bestimmen, dass die Pferde als "gebrauchte Sachen im Rechtssinne" verkauft werden und dass Gewährleistungsrechte des Käufers innerhalb von zwölf Monaten nach Gefahrübergang verjähren. Am 13. Oktober 2004 – nach Ablauf der Zwölfmonatsfrist, aber vor Ablauf von zwei Jahren – erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Begründung, das Fohlen leide an einem angeborenen Herzfehler und sei deshalb mangelhaft. Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrags unter Berufung auf die in ihren Auktionsbedingungen vorgesehene Verjährungsfrist von zwölf Monaten ab.


Die daraufhin erhobene Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fohlens sowie auf Aufwendungsersatz wies das Landgericht wegen Verjährung ab. Es sah das Fohlen als "gebrauchte Sache" an und hielt deshalb die Abkürzung der Verjährungsfrist auf zwölf Monate für wirksam. Das Oberlandesgericht wies die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurück. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.


Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Kläger den Rücktritt rechtzeitig, nämlich innerhalb der hier maßgeblichen zweijährigen Verjährungsfrist erklärt hat. Die Abkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr in den Auktionsbedingungen der Beklagten ist zum einen schon deshalb unwirksam, weil es sich bei der betreffenden Klausel um eine von der Beklagten verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, die ohne Ausnahme alle Gewährleistungsrechte des Käufers und damit unter anderem auch etwaige auf einen Mangel des verkauften Pferdes zurückzuführende Schadensersatzansprüche erfasst. Für derartige Ansprüche, soweit sie auf Ersatz von Körper- und Gesundheitsschäden gerichtet oder auf grobes Verschulden gestützt sind, kann die Haftung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam begrenzt werden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB). Eine hiernach unzulässige Haftungsbegrenzung stellt auch die Abkürzung der Verjährungsfrist für die betreffenden Ansprüche dar. Der Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB hat zur Folge, dass die Abkürzung der Verjährungsfrist insgesamt – auch für den Rücktritt des Käufers wegen des behaupteten Mangels – unwirksam ist.


Zum anderen ist die Verjährungsregelung in den Auktionsbedingungen der Beklagten aber auch deswegen unwirksam, weil die Verjährungsfrist bei einem Verbrauchsgüterkauf im Fall des Verkaufs neuer Sachen und Tiere nicht auf weniger als zwei Jahre abgekürzt werden kann (§ 475 Abs. 2 BGB). Das Fohlen war zur Zeit der Auktion nicht "gebraucht", weil es bis dahin weder als Reittier noch nur Zucht verwendet worden war. Einer in der rechtswissenschaftlichen Literatur verbreiteten Auffassung, wonach Tiere stets als "gebraucht" im Sinne der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf anzusehen seien, ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt. Er konnte auch offen lassen, ob und wann ein Tier unabhängig von der Frage, welchem Zweck es dienen soll und ob es dafür schon verwendet worden ist, allein durch Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt zur "gebrauchten" Sache wird. Nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers ist auch beim Tierkauf zwischen "neuen" und "gebrauchten" Kaufobjekten zu unterscheiden; jedenfalls junge Haustiere sollen danach nicht als "gebraucht", sondern als "neu" anzusehen sein (BT-Drucks. 14/6040, S. 245). Der bloße Zeitablauf ist daher unerheblich, solange das Tier noch „jung“ ist. Das war bei dem im Zeitpunkt des Verkaufs erst sechs Monate alten Fohlen, das sich überdies noch nicht von der Mutterstute "abgesetzt" hatte, ohne Zweifel der Fall.


Ob eine Sache oder ein Tier neu oder gebraucht ist, bestimmt sich nach einem objektiven Maßstab; anders als Berufungsgericht gemeint hat, konnten die Parteien somit auch nicht rechtswirksam vereinbaren, dass es sich bei dem verkauften Fohlen um ein gebrauchtes Tier handele, weil durch eine solche Vereinbarung der vom Gesetzgeber beabsichtigte Verbraucherschutz ausgehöhlt würde.


Das Oberlandesgericht wird nunmehr festzustellen haben, ob das Fohlen, wie vom Kläger behauptet, an einem Herzfehler leidet, der bereits zur Zeit der Auktion vorhanden war.

Urteil vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06

Landgericht Kiel – 4 O 279/04 ./. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht – 3 U 42/05 (unter anderem abgedruckt in OLGReport Schleswig 2006, 193).

Karlsruhe, den 15. November 2006"


In der Begründung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts heisst es hierzu:

Für gebrauchte Sachen enthält die Bestimmung eine Untergrenze von einem Jahr, die nicht unterschritten werden darf; dies lässt Artikel 7 Abs. 1 Satz 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausdrücklich zu. Diese Ausnahmeregelung gilt grundsätzlich auch beim Kauf von Tieren, insbesondere beim Kauf von Pferden und Schafen, für die bisher das Viehkaufrecht mit seiner kurzen Verjährungsfrist von 6 Wochen anzuwenden ist. Auch bei Tieren wird indessen ein Unterschied zwischen „neu“ und „gebraucht“ vorzunehmen sein. Das bedeutet, dass Tiere verjährungsrechtlich nicht generell wie gebrauchte Sachen behandelt werden können. Im bisherigen Recht spielt diese Unterscheidung bei der Anwendung von § 11 Nr. 10 AGBG eine Rolle. Der Entwurf will an der Rechtsprechung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Tiere als „neu“ anzusehen sind, nichts ändern. So werden auch künftig und im Zusammenhang mit § 475 Abs. 2 RE etwa junge Haustiere oder lebende Fische als „neu“ angesehen werden müssen (vgl. BGH, NJW-RR 1986, 52: Forellen; LG Aschaffenburg, NJW 1990, 915: neun Wochen alte Hundewelpen).

Betriebskosten steigen durch Mehrwertsteuererhöhung

Die Antwort auf eine kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Klaus-Peter von Lüdeke im Berliner Abgeordnetenhaus enthält die Einschätzung des Berliner Senats für mögliche Betriebskostenerhöhungen für Mietwohnungen nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16% auf 19% ab 01.01.2007 sowie der beschlossenen Erhöhung der Grundsteuer in Berlin:

“Die Erhöhung der Grundsteuer und der Mehrwertsteuer bewirken eine Veränderung bei den Betriebskosten, sie bewirken keine direkte Veränderung der Nettokaltmieten.

Die Erhöhung der Grundsteuer und der Mehrwertsteuer kann mietpreisrechtlich im Rahmen der Betriebskostenumlage auf die Mieten umgelegt werden.

Die Berliner Betriebskostenübersicht im Berliner Mietspiegel 2005 weist hinsichtlich der Grundsteuer eine Spanne von 0,15 bis 0,23 €/qm/mtl. für alle Mietwohnungen Berlins aus. Der Mittelwert liegt bei 0,20 €/qm/mtl. Legt man diesen Mittelwert zugrunde, könnte die Betriebskostenumlage bedingt durch die Grundsteuererhöhung um 0,045 €/qm Wohnfläche erhöht werden. Für eine Wohnung mit 60 qm ergäbe sich rechnerisch eine monatliche Mehrbelastung von durchschnittlich etwa 2,70 €.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer kann nach Einschätzung einer Wohnungsbaugesellschaft 70 Prozent ihrer Betriebskosten betreffen. Dies bedeutet, dass Wohnungsbaugesellschaften bei gegenwärtig durchschnittlichen Betriebskosten von z.B. 2,50 €/qm monatlich eine Mehrwertsteueranhebung von ca. 0,04 €/qm auf die Betriebskosten umlegen könnten.

Ob und in welcher Höhe die städtischen Wohnungsbauunternehmen diese Erhöhung im Rahmen der Betriebskostenumlage realisieren, ist abhängig von der Situation der jeweiligen Wohngebäude und der Einschätzung zur Auswirkung auf die sog. Warmmiete insgesamt.
Berlin, den 13. November 2006
J u n g e - R e y e r”


Quelle: http://www.parlament-berlin.de:8080/starweb/adis/citat/VT/16/NichtbehMdlAn/n1

Dienstag, 21. November 2006

Privatkopie in der Regelung der 2. Urheberrechtsänderung

Der Regierungsentwurf enthält (auch) zur Regelung erlaubter Privatkopien eine Auseinandersetzung mit den sich gegenüber stehenden Interessen, nämlich den legitimen zu schützenden Urheberinteressen und den Interessen der Verbraucher, bei der Herstellung von Privatkopien möglichst wenig eingeschränkt zu werden.

Zur Spezialfrage, wie technische Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Privatkopien bewertet und geregelt werden sollen, heisst es im Entwurf in der Bundestagsdrucksache 16/1828 wie folgt:

Der Entwurf sieht davon ab, die digitale Privatkopie beim Einsatz technischer Schutzmaßnahmen durchzusetzen.

Das Urheberrecht genießt grundrechtlichen Schutz. Der Schwerpunkt dieses grundrechtlichen Schutzes liegt in Artikel 14 GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof haben das Urheberrecht mehrfach als „geistiges Eigentum“ definiert. Eigentum im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 GG sind dabei nicht nur das Urheberrecht, sondern auch die Leistungsschutzrechte z. B. der ausübenden Künstler und der Tonträgerhersteller. Der Gesetzgeber hat den Inhalt des Urheberrechts mit den Regelungen des § 11 ff. und des § 44a ff. ausgestaltet. Er hat dabei nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG die Sozialpflichtigkeit des geistigen Eigentums – genauso wie die des Sacheigentums – berücksichtigt und darauf geachtet, dass er nicht Einzelnen ein Sonderopfer auferlegt. Als „grundgesetzlich geschützten Kern des Urheberrechts“ hat das Bundesverfassungsgericht

„die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Weg der privatrechtlichen Normierung und seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können“ (BVerfGE 31, 229, 240f). Daraus folgt, dass das Urheberrechtsgesetz nur dann ausnahmsweise die Nutzung urheber- rechtlicher Werke ohne die Zustimmung des Urhebers oder Rechtsinhabers gestatten darf, wenn diese Nutzungsfreiheit durch überragende Allgemeininteressen gerechtfertigt ist.
Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben haben nicht nur die Schrankenregelungen, sondern auch die Ausgestaltung des urheberechtlichen pauschalen Vergütungssystems im geltenden Recht bestimmt. Der Gesetzgeber des Jahres 1965 hat die Privatkopie zugelassen, weil ein Verbot mangels Durchsetzbarkeit für den Urheber ohne Nutzen gewesen wäre und der Gesetzgeber dem Urheber über die Gerätevergütung wenigstens einen finanziellen Ausgleich für die un- kontrollierbare Nutzung seiner Werke sichern wollte. Sinn und Zweck der damaligen Regelung von 1965 und der nachfolgenden Ergänzung des Jahres 1985 war dabei aus- schließlich der Schutz des geistigen Eigentums. Die Interessen der Verbraucher waren kein Beweggrund für die Ausgestaltung dieser Regelung. Vielmehr war es nur ein Reflex des Schutzgesetzes für den geistigen Eigentümer, dass die Vervielfältigung für den privaten Gebrauch zugelassen wurde.
Die Rechtsinhaber können heute – anders als 1965 und 1985 – ihr geistiges Eigentum durch technische Sperren selber schützen. Würde eine Regelung getroffen, die für den Verbraucher auch in diesen Fällen die Möglichkeit schafft, kostenlos in den Genuss von Vervielfältigungen für den privaten Gebrauch zu kommen, so würde damit die kommerzielle Verwertung von Werken in den neuen Medien weit- gehend entwertet. Es darf nicht sein, dass ein kostenloser Genuss von geistigem Eigentum für den Verbraucher zur Regel wird. Es gilt vielmehr, auch durch die Regelung der Privatkopie zu vermitteln, dass geistiges Eigentum – wie Sacheigentum – seinen Preis hat. Gerade Deutschland als rohstoffarmes Land ist auf einen entsprechenden gesell- schaftlichen Konsens angewiesen. Nur wenn das Ergebnis von Kreativität angemessen bezahlt wird, wird es auch künftig Inhalte geben, die vom Verbraucher genutzt werden können.
Den Verbrauchern ist aus der Befugnis zur Privatkopie, die 1965 aus der Not der geistigen Eigentümer geboren wurde, kein Recht erwachsen, das sich heute gegen das geistige Eigentum ins Feld führen ließe.
Nichts anderes folgt aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit. Artikel 5 GG schützt das Recht, sich selbst aus all- gemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, die tech- nisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit Infor- mationen zu verschaffen. Schutz besteht u. a. vor Informa- tionsbeschränkungen und staatlichen Meinungslenkungen (BVerfGE 27, 71, 80). Hierzu gehört auch das Interesse der Allgemeinheit am Zugang zu Kulturgütern. Die Informationsfreiheit garantiert aber keinen kostenlosen Zugang zu allen gewünschten Informationen. Vielmehr ist eine Abhän- gigkeit des Informationserhalts von Leistungsentgelten ausdrücklich ohne Belang, ebenso der technische Aufwand für ihre Erschließung. So ist beispielsweise auch das Bezahl-
fernsehen eine allgemein zugängliche Quelle im Sinne von Artikel 5 Abs. 1 GG (Schulze-Fielitz in Dreier, GG-Kom- mentar 2004, Artikel 5 Rn. 80). Insoweit ist zwischen einem Recht auf Privatkopie und einem Recht auf den Werkzugang zu unterscheiden.
Im Übrigen ist derzeit offen, in welchem Maß die Systeme des digitalen Rechtemanagements technisch den Anforde- rungen entsprechen, die von den Rechtsinhabern selbst hin- sichtlich Sicherheit und Abspielbarkeit an diese Systeme gestellt werden. Außerdem ist noch offen, für welches Geschäftsmodell sich die Rechtsinhaber mehrheitlich entscheiden werden. Gegenwärtig bedient sich zwar ein Teil von ihnen der technischen Schutzmaßnahmen – ggf. auch als Grundlage einer individuellen Lizenzierung. Es ist aber keineswegs eine Prognose dahingehend möglich, dass in ab- sehbarer Zeit technische Schutzmaßnahmen flächendeckend zum Einsatz kommen werden. Vielmehr spricht vieles da- für, dass ein beachtlicher Teil der Rechtsinhaber – z. B. aus Gründen der Kundenbindung oder Marktakzeptanz – auch weiterhin keine technischen Schutzmaßnahmen einsetzen wird. Diese Entscheidung sollte den am Markt Beteiligten überlassen bleiben und nicht durch den Gesetzgeber getroffen werden. Solange es aber offen ist, ob die Verwerter überhaupt künftig am Einsatz von Kopierschutzmaßnahmen festhalten werden, wäre ein Eingreifen des Gesetzgebers voreilig.

Darf ich mir von meiner kopiergeschützten CD / DVD eine Kopie machen?

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Urheberrechtsform war Anlass zu einer ersten Anhörung von Experten im Rechtsausschuss, bei der es um die urheberrechtliche Behandlung von Privatkopien ging. Man war sich nicht einig.

Der Gesetzentwurf gestattet Privatkopien, wenn das kopierte Material nicht "wirksam" gegen das Kopieren geschützt ist. Die Industrie darf danach aber einen Kopierschutz installieren und das Knacken diesen Schutzes soll unter Strafe gestellt werden.

Heute im Bundestag fasst die Anhörung wie folgt zusammen:

Ein Grundrecht auf Privatkopien gebe es nicht, sagte Professor Jürgen Becker von der Zentrale für private Überspielungsrechte. Da jedoch das private Vervielfältigen nicht gänzlich verhindert werden kann, solle es in begrenztem Rahmen und bei gleichzeitiger Vergütungspflicht für die dazu verwendeten Medien und Geräte gestattet werden. Becker forderte am derzeitigen pauschalen Vergütungssystem festzuhalten, da die neu entwickelten DRM-Systeme sich als nicht ausreichend sicher und uneffektiv erwiesen hätten.

Patrick von Braunmühl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisierte die "Ungleichgewichtung" des Gesetzes zu Ungunsten der Nutzer. Diese stünden ohne durchsetzbare Rechte da und würden weiterhin verunsichert. Das führe dazu, dass der Verbraucher beim Kauf digitaler Inhalte keine Möglichkeit habe, sich gegen kundenfeindliche Praktiken der Anbieter zu wehren. Damit treibe man den Kunden auf den Markt der illegalen Anbieter. Von Braunmühl forderte, das Gewohnheitsrecht auf Privatkopien in durchsetzbares Recht umzuwandeln.

Aus Sicht von Till Kreuzer von iRights.info, einem Büro für informationsrechtliche Expertise, herrscht unter der Bevölkerung ein großes Unverständnis über die sich aus dem Urheberrecht ergebenden Rechten und Pflichten. Dies führe zu Akzeptanzproblemen. Eine verständliche Ausgestaltung insbesondere der Privatkopieregelungen sei für alle Interessengruppen von wesentlicher Bedeutung. Kreuzer sprach sich sowohl gegen weitere Einschränkungen der Privatkopien als auch für die Wiedereinführung einer "Bagatellgrenze" aus. Nicht jedem, der eine CD kopiere, dürfe mit strafrechtlicher Verfolgung gedroht werden, so Kreutzer.

Professor Haimo Schack von der Universität Kiel forderte ebenfalls eine verständlichere Formulierung des Gesetzes. Positiv bewertete er das Festhalten am Recht, digitale Kopien anfertigen zu dürfen. Allerdings solle die Herstellung digitaler Kopien durch Dritte verboten werden, weil dabei eine zu hohe Missbrauchsgefahr bestünde.

Die Urheber, so Wolfgang Schimmel von der Initiative Urheberrecht, hätten kein Interesse an harten Restriktionen bei Privatkopien. Da diese ohnehin nicht zu verhindern seien, wünsche man sich eine Regelung mit klaren Rahmenbedingungen, wenn im Vergütungssystem dafür eine angemessene Kompensation geschaffen würde. Diese gewährleiste das Gesetz jedoch nicht. Vielmehr schaffe man erhöhte Anreize für den Einsatz technischer Schutzvorkehrungen, was weder im Interesse der Urheber noch der Verbraucher sei.

Lobende Worte für den Gesetzentwurf fand hingegen Professor Mathias Schwarz von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft. Der Wegfall der "Bagatellklausel" sei ebenso begrüßenswert wie die von seinem Vorredner beklagten Anreize für den Einsatz technischer Schutzvorkehrungen. Entfallen solle jedoch die Zulässigkeit von Privatkopien durch Dritte.

Quelle: http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2006/2006_351/01

Olle Kamellen

Wenn LiNo bisher zum Lachen in den Keller gegangen ist, wurde wenigstens manchmal verraten warum:
http://rafranke.blogspot.com/2005/07/win-win-zum-ablachen.html

Rechtbunt weiter - Geschwindigkeitsübertretung



Rechtbunt macht`s weiter bunt :-). Eine lange Geschichte, das Lesen lohnt sich jedoch.

Bußgeldbescheid in Sachsen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten – Was tun?
Amtsgericht Kamenz -Az.: 3 Owi 140 Js 6734/02 - Beschluss vom 26.06.200

Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 26.06.2002 wurde das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt, da die Ordnungswidrigkeit verjährt war. Jedoch wie kam es hierzu? Eine interessante Geschichte….

Der Fahrer, nennen wir Ihn Herr C ist juristisch und geschichtlich verbildet und verlangt für seine Tätigkeiten zudem noch einen Stundensatz von 120 Euro! Als Herr C den Bußgeldbescheid bzgl. seiner Geschwindigkeitsüberschreitung (lediglich 11 km/h – Geldbuße von 20 Euro) erhielt, sandte er folgendes Schreiben an das Landratsamt K:

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich weise den von Ihnen gestellten Bußgeldbescheid zurück und äußere mich nicht zur Sache.
Begründung:
Ich würde gerne von Ihnen erfahren, auf welcher Basis Sie einen Bußgeldbescheid ausstellen, da das Grundgesetz der BRD seit 17. Juli 1990 durch die Streichung des territorialen Geltungsbereiches (§23 GG) von den Alliierten in den 4+2-Verhandlungen in Paris durch Herrn James Baker ungültig gemacht wurde.
Damit sind alle gesetzlichen Grundlagen, auf die Sie sich stützen, erloschen.
Sie handeln aber völkerrechtswidrig auf Gewohnheitsrecht. Dies ist Ihnen als ehemalige Körperschaft öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht erlaubt.
1. Damit ist wieder der alte verfassungsrechtliche Status des Deutschen Reichs in Kraft getreten und der kennt kein Gesetz für Ordnungswidrigkeiten nach StVO.
2. Laut Gerichtsverfassungsgesetz ist eine Handlung ohne rechtliche oder gesetzliche Grundlage nichtig. Damit haben Sie grundsätzlich keine Kompetenz mehr, Bußgeldbescheide, Kostenbescheide o.ä. auszustellen. Ihnen fehlt dazu jegliche rechtsstaatliche Grundlage.
Ich erwarte von Ihnen die sofortige Einstellung des Verfahrens. Außerdem berechne ich Ihnen für die Bearbeitung dieses Schreibens einen Stundensatz 120,- €.
Den Bußgeldbescheid gebe ich Ihnen zu meiner Entlastung in diesem Brief zurück.
Hochachtungsvoll
C............
Empfangsbestätigung für den umseitigen Brief durch persönliche Übergabe

Daraufhin übergab das Landratsamt K die Angelegenheit der zuständigen Staatsanwaltschaft und Herr C wurde zur Hauptverhandlung geladen. Daraufhin wurde C abermals tätig und sandte folgenden Brief ans Gericht:

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich stelle fest, daß ich nicht einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt habe, sondern daß ich dem Landratsamt Kamenz mitgeteilt habe, daß es seit dem 18. Juli 1990 keine Rechtgrundlagen mehr hat, aufgrund derer das Landratsamt Kamenz berechtigt ist, Bußgeldbescheide zu erlassen. Da ich keinen „Einspruch eingelegt" habe, kann auch nicht über etwas, das es nicht gibt, hauptverhandelt werden.
Die Ladung zu irgendeiner „Hauptverhandlung" auf den 3. Juli 2002 um 1230 Uhr, die Sie mir durch das Privatunternehmen Deutsche Post AG haben zustellen lassen, ist nichtig!
Ich äußere mich nicht zur Sache der Verkehrsordnungswidrigkeit. Ich rege an, die Anberaumung dieser Hauptverhandlung aufzuheben, kein Verfahren zu eröffnen und keine Hauptverhandlung durchzuführen.
Begründung:
Ich stelle fest, daß der Umschlag der Postzustellung an mich eine Zustellung „innerhalb des Bereich der Bundesrepublik Deutschland" vorsieht. Ich stelle fest, daß Sachsen gemäß dem Übereinkommen zur Regelung; bestimmter Fragen in Bezug auf Berlin (BGB1. 1990 II, Seite 1274ff) kein Bundesland der Bundesrepublik Deutschland jemals war oder derzeit ist. Somit ist die Zustellung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bewirkt und somit unwirksam.
Die Bestimmungen der Art. 1-32 HZÜ (BGB1. 1977, II, S.1453) in Verbindung mit Art. 25 GG bei der Postzustellung sind nicht berücksichtigt worden. Die Zustellung ist somit nicht rechtskräftig.
Ich stelle fest, daß nach § 3 FGG kein Gericht der „Bundesrepublik Deutschland“ und kein Gericht des Landes „Sachsen“ für mich zuständig ist.
Ich stelle fest, daß ich gemäß § 20 G VG Exterritorialität gegenüber der gesamten Rechtsordnung der „Bundesrepublik Deutschland“, einschließlich der Gerichtsbarkeit, und gegenüber der gesamten Rechtsordnung des Landes „Sachsen“, einschließlich der Gerichtsbarkeit, genieße. Ein „Amtsgericht Kamenz" ist daher grundsätzlich und nie für mich zuständig.
Die deutsche Volkszugehörigkeit kann man - entgegen der landläufig falschen Auffassung - nicht aufgrund der Aushändigung eines Personalausweises der de jure erloschenen Bundesrepublik Deutschland erhalten. Gemäß Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 21. Oktober 1987 zu 2 BvR 373/83 (BverfGE, Bd. 77, S. 137 ff.) ist man Deutscher ausschließlich und nur auf Basis des RuStG bzw. kann man Deutscher nur auf der Rechtsgrundlage des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes werden. Das RuStG ist ein Gesetz des Staates Deutsches Reich, es regelt nur die Staatsangehörigkeit Deutsches Reich, die vermeintlichen „Staatsangehörigkeiten" der DDR und BRD kennt das Gesetz nicht. [Zu Ihrer Arbeitsentlastung: Das hier oben angeführte Bundesverfassungsgerichtsurteil 2 BvR 373/83 finden Sie als .pdf-Datei auf der beiliegenden Informations-CD-ROM]
Zu meiner Person selber und Ihrer Nichtzuständigkeit als solches ist folgendes auszuführen:
Sie haben mir Ihr Ansinnen mitgeteilt, daß Sie am 3. Juli 2002 um 1230 Uhr eine „Hauptverhandlung über meinen Einspruch“ durchführen möchten.
In meinem Schreiben vom 23. April 2002 habe ich keinen Einspruch erhoben, sondern den Bußgeldbescheid mit der Begründung zurückgewiesen, daß für diesen Bußgeldbescheid jegliche Rechtsgrundlage fehlt.
Eine Durchsetzung dieses unzulässigen und somit nicht gültigen vorgenannten Ansinnens, eine Hauptverhandlung über einen von mir gar nicht gemachten Einspruch durchzuführen, ist nur mittels Rechtsbruch und durch Verstoß gegen die geltenden Gesetze und Regelungen des (internationalen) Völkerrechts und der nationalen Gesetze und nur in einer Diktatur machbar.
Am 17. Juli 1990 bei den 4+2-Verhandlungen in Paris hat der UdSSR-Außenminister Eduard Schewardnadse dem DDR-Außenminister Oskar Fischer mitgeteilt, daß die völkerrechtlich unanerkannt gebliebene DDR per 18. Juni 1990 0,00 h aufgehört hat zu existieren. Nach diesem Zeitpunkt war keine Volkskammer mehr berechtigt, völkerrechtliche Handlungen vorzunehmen.
Zeugen:
Eduard Schewardnadse
Markus Meckel.
Am 17Juli 1990 bei den 4+2-Verhandlungen in Paris hat der US-Außenminister James Baker dem BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher mitgeteilt, daß der Artikel 23 GG a.F. per 18. Juni 1990 0.00 h gestrichen ist. Nach diesem Zeitpunkt war kein Bundestag mehr berechtigt, völkerrechtliche Handlungen vorzunehmen.

Zeugen:
James Baker.
Hans-Dietrich Genscher.

Am 17. Juli 1990 bei den „4+2-Verhandlungen“ in Paris war bei beiden vorstehenden Vorgängen weiterhin der polnische Außenminister Skubiszewski anwesend.
Zeuge :
Herr Skubiszewski
Nur für den Fall, daß Sie der- irrigen - Auffassung unterliegen, daß das Grundgesetz und damit auch auf dem Grundgesetz basierende Gesetze der de jure erloschenen BRD gelten, zumindest bei Ihnen in „Sachsen“, so muß ich Ihnen mitteilen, daß Sie nicht befugt sind, im vorliegenden Fall eine „Hauptverhandlung“ gegen mich zu eröffnen und durchzuführen.

Begründung:
A) Das ergibt sich zum einen aus dem in Art. 20 III GG verankerten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dieser billigt Ihnen als Judikative zwar grundsätzlich das Recht zu, auf Grund eines formellen Gesetzes oder einer hierauf beruhenden sonstigen Rechtsnorm in die Rechtssphäre des Bürgers einzugreifen.
Allerdings ist diese Befugnis auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes beschränkt. Insofern wären Sie vorliegend nur dann autorisiert, über mein Leben und meine Person zu entscheiden, wenn das Gebiet von „Sachsen" unter den Geltungsbereich des Grundgesetzes fiele.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie das übrige sogenannte „Beitrittsgebiet" auch, ist Sachsen niemals in den Geltungsbereich des Grundgesetzes gelangt:
Zwar erklärte die Volkskammer der DDR am 23.08.1990 den Beitritt der „Deutschen Demokratischen Republik“ zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gemäß Art. 23 S. 2 GG a. F. mit Wirkung vom 03.10.1990. Der Art. 23 GG a. F., die vermeintliche gesetzliche Grundlage dieser Beitrittserklärung, wurde jedoch bereits vor dem 03.10.1990 außer Kraft gesetzt. Ich verweise insoweit auf Artikel 4 Ziffer 2 des „Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands“ – „Einigungsvertrag“ - (BGBI. II 1990 S. 889(890), wo es heißt: „Artikel 23 wird aufgehoben.“
Da der Einigungsvertrag - und damit auch die Aufhebung des Art. 23 GG a. F. - spätestens am 29.9.1990 in Kraft trat (vgl. BGBI. II 1990 S. 1360), mithin vor dem 03.10.1990, konnte ein Beitritt der DDR zu diesem Datum auf der Grundlage des Art. 23 a. F. gar nicht mehr erfolgen.
Ein rechtswirksamer Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes hat daher bis zum heutigen Zeitpunkt nicht stattgefunden.
Somit erstreckt sich der Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht auf „Sachsen". Sie sind daher nicht befügt, Vorfälle, Ereignisse oder Gegebenheiten, die außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes auf dem Gebiet „Sachsen“ stattgefunden haben, zum Anlaß und zum Gegenstand Ihres judikativen Handelns zu machen. Es würde eine Überschreitung ihrer örtlichen Zuständigkeit und damit einen eklatanten Verstoß gegen den in Art. 20 III GG verbindlich festgeschriebenen Grundsatz des allgemeinen Gesetzesvorbehaltes bedeuten, gegen mich als Nichtbürger der Bundesrepublik wegen einer außerhalb der „Bundesrepublik“ und damit außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes begangenen vermeintlichen Verkehrsordnungswidrigkeit eine Hauptverhandlung anzuberaumen und durchzuführen, deren rechtliche Grundlagen im für mich insoweit nicht geltenden bundesrepublikanischen Recht zu finden sind.
Wenn Sie sich hinsichtlich Ihres weiteren Vorgehens in dieser Angelegenheit im grundgesetzkonformen Bereich bewegen wollen - und ich gehe davon aus, das Sie dies anstreben und die aus Art. 20 III GG ableitbaren Schranken in puncto exekutiver Gewaltausübung zu respektieren bereit sind - dann ist die von mir angeregte Aufhebung der Anberaumung dieser Hauptverhandlung die einzige Ihnen verbliebene Möglichkeit und verfassungsrechtlich zwingend vorgegebenes Gebot.

B) Hilfsweise, für den Fall, daß Sie den unter A) gemachten Ausführungen nicht zu folgen bereit sind möchte ich folgendes ausführen:
Ihre mangelnde Ermächtigung, als Amtsgericht in Sachsen im vorliegenden Fall eine Hauptverhandlung auf der Grundlage bundesrepublikanischer Rechtnormen anzuberaumen und durchzuführen, ergibt sich aus der Tatsache, daß „Sachsen“ kein Bundesland der Bundesrepublik Deutschland ist.
Zwar erklärte Art. 23 S. l GG a. F. „Groß-Berlin“ gehöre zum Geltungsbereich des Grundgesetzes, auch enthielt die Verfassung von Westberlin vom 01. 09. 1950 in Art. l II die Feststellung, „Berlin ist ein Land der Bundesrepublik“. Dennoch war damit eine entsprechende staatsrechtliche Einheit nicht vorhanden. Denn der diesbezüglich in den genannten Verfassungsartikeln zum Ausdruck kommende Wille des deutschen Verfassungsgebers kann sich solange und soweit nicht auswirken, als die Drei Mächte, unter deren Besatzungsregime das Grundgesetz erlassen wurde, diesbezüglich Vorbehalte geltend machen.
Genau dies ist aber bis heute der Fall:
a) Bereits im Genehmigungsschreiben der drei westlichen Militärgouverneure vom 12. Mai 1949 zum Grundgesetz (vgl. VOB1. brit. Zone, S. 416) wurde festgeschrieben, das West-Berlin kein Land der BRD ist. Ein inhaltlich gleichlautender Vorbehalt wurde in der Folgezeit in der B K/O (50)75 vom 29.08.1950 (VOBI. I brit. Zone, S. 440) ebenso erklärt, wie in Art. 2 des „Vertrages über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten“ - sog. Deutschlandvertrag - vom 26.05.1952 (23.10.1954), (BGBI. II 1955, S. 305 ff.) sowie im Schreiben der Alliierten Kommandantur Berlin vom 24. 05.1967 (BK/L (67) 10) abgedruckt u.a. bei: v. Münch: Dokumente des geteilten Deutschland, 1968 S. 201) „...it has been and reains the Allied Intention an opinion that Berlin is not regarded as a Land of the federal Republic and is not governed by the Federation...”).
b) im gleichen Sinn heißt es in Abschnitt II B des Vier-Mächte-Abkommens vom 03.09.1971, daß die Westmächte erklären, daß die Westsektoren Berlins „so wie bisher kein Bestandteil (konstitutiver Teil) der Bundesrepublik Deutschland sind...“
c) An dieser Rechtsauffassung haben die drei westalliierten Mächte auch nach „der politischen Wende 1989/90“ unverändert festgehalten:
Dies ergibt sich aus dem Übereinkommen zur Regelung bestimmter Fragen in Bezug auf Berlin vom 25. 09. 1990 (BGBI. II 1990. 8. 1274 ff.) Dort ist im vierten Absatz der Präambel festgeschrieben, das durch dieses Übereinkommen die fehlende deutsche Souveränität in Bezug auf Berlin nicht berührt wird (d. h. alles Vorgenannte und oben Dargelegte bleibt weiterhin voll gültig), mithin Berlin auch weiterhin kein Bundesland der Bundesrepublik Deutschland ist. Konkretisiert wurde diese Vorgabe in Artikel 2 S. l dieses Übereinkommens, wo es heißt: „Rechte und Verpflichtungen, die durch gesetzgeberische, gerichtliche oder Verwaltungsmaßnahmen der alliierten Behörden in oder in Bezug auf Berlin oder aufgrund solcher Maßnahmen begründet oder festgestellt worden sind (auch bezüglich der Feststellung, daß Berlin kein Bundesland der BRD ist), sind und bleiben in jeder Hinsicht nach deutschem Recht in Kraft."
d) Dieser Standpunkt der westalliierten Mächte hat auch durch Art. 7 des am 12. 09. 1990 unterzeichneten Vertrages über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland - fälschlicherweise "Zwei-plus-Vier-Vertrag" genannt- (BGB1. II 1990, S. 1318 ff.), wo die Beendigung der alliierten Rechte und Verantwortlichkeiten in Bezug auf Berlin erklärt wird, keine rechtswirksame Änderung erfahren. In Art. SIS. 12 heißt es nämlich:
„Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation oder Annahme, die so schnell wie möglich herbeigeführt werden soll. Die Ratifikation erfolgt auf deutscher Seite durch das vereinigte Deutschland"
Ein vereinigtes Deutschland gibt es aber bis zum heutigen Tage nicht, da der Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gemäß Art. 23 S. 2 GG a. F. nicht erfolgt ist. Insofern kann auf die obigen, unter Punkt A) gemachten Ausführungen verwiesen werden. Somit konnte auch keine Ratifikation des Vertrages durch ein „vereinigtes Deutschland" erfolgen. Die Zustimmung zum „Zwei-plus-Vier-Vertrag“ durch das Vertragsgesetz vom l 1.10.1990 (BGBI. II 1990. S. 1317) genügte insoweit den Anforderungen des Art. 8 S. 2 des Vertragswerkes nicht. Es hat keine Ratifikation durch ein „vereinigtes Deutschland" stattgefunden. Aus diesem Grunde ist der Zwei-plus-Vier-Vertrag bis heute nicht in Kraft getreten. Damit hat auch der Inhalt des Art. 7 keine Rechtswirksamkeit erlangt, weshalb der erwähnte alliierte Vorbehalt, wonach Berlin kein Bundesland der Bundesrepublik Deutschland ist, weiterhin Bestand hat und rechtsverbindlich ist.
Wenn aber „Sachsen“ vom Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht erfaßt wird, bedeutet das in letzter Konsequenz, daß das Amtsgericht Kamenz nicht befugt ist - wie in meinem Fall offensichtlich ins Auge gefaßt - auf Grundlage von bundesrepublikanischen Rechtsnormen gegen mich eine Hauptverhandlung anzuberaumen und durchzuführen.
Die „BRD“ hat zu akzeptieren, daß der Status von Berlin von den Westmächten - so wie oben dargelegt -völkerrechtlich verbindlich festgestellt worden ist. In diesem Zusammenhang sei auf Art. 25 des Grundgesetzes verwiesen, der unmißverständlich feststellt:
„Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts. Sie gehen den Gesetzen vor...“ Zu diesem Grundgesetzartikel hat das Bundesverfassungsgericht (vgl. BverfGE 23, 309[363]) entschieden: „Artikel 25 GG bewirkt, daß die allgemeinen Völkerrechtsregeln ohne ein Transformationsgesetz, also unmittelbar, Eingang in die deutsche Rechtsordnung finden und dem innerstaatlichen Recht vorgehen.“
In einem weiteren Bundesverfassungsgerichtsbeschluß (vgl. BVerfGE 23, 288[316]) heißt es ferner: „Der Sinn der unmittelbaren Geltung der allgemeinen Regeln des Völkerrechts liegt darin, kollidierendes innerstaatliches Recht zu verdrängen oder seine völkerrechtskonforme Anwendung zu bewirken“.
Legt man diese Maximen zugrunde, so kollidierten die Rechtsnormen, auf die sich das Amtsgericht Kamenz stützen würde, mit völkerrechtlichem und damit höherrangigem Recht. Als Normen aus bundesrepublikanischer Rechtsquelle, die hinter den völkerrechtlichen Regeln zurückbleiben bzw. die diesen widersprechen, müssen jene Rechtsnormen zurücktreten und können nicht angewandt werden.
Ihr weiteres Vorgehen bewegt sich daher nur dann im grundgesetzkonformen Bereich, wenn Sie von Ihrem Vorhaben Abstand nehmen, mich zu einer Hauptverhandlung zu laden. Dies bitte ich Sie, bei Ihren weiteren Überlegungen zu beachten.
Eine Richterin oder ein Richter am Amtsgericht Kamenz hat grundsätzlich keine Rechtsgrundlage mehr, Ladungen zu Gerichtsverhandlungen zu erlassen, jemandem zukommen zu lassen und Gerichtsverfahren durchzuführen. Dem Amtsgericht Kamenz fehlt dazu jegliche rechtsstaatliche Grundlage.
Ich erwarte von Ihnen die sofortige Einstellung des Verfahrens. Außerdem berechne ich Ihnen für die Bearbeitung dieses Schreibens drei Stundensätze à 120,- €, also 360,- €.
Anbei gebe ich Ihnen zu meiner Entlastung auch die mir unwirksam zugestellte Ladung zurück.
Hochachtungsvoll
C...............
Kto.:……………….

Anlage:
l Informations-CD-ROM mit Informationen zum Thema "Deutsches Reich oder BRD?" mit den „Rechtsgrundlagen DEUTSCHES REICH".
2 unwirksam zugestellte Ladung zu einem rechtswidrigen Gerichtstermin.
Empfangsbestätigung für den umseitigen Brief durch persönliche Übergabe

So kann es auch gehen :-) Wir danken für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung Herrn RA Kotz, www.ra-kotz.de.

Montag, 20. November 2006

Seltsame Vorschriften (oder Rechtsfindung ist Zauberei)


LiNo soll (recht) bunt werden? Los geht`s:

Dann schauen wir uns die so "trockenen" Vorschriften der Juristen mal an.

Eingangs sei erwähnt:

Die zehn Gebote enthalten 279 Wörter,die amerikanische Unabhängigkeitserklärung 300 Wörter,die Verordnung der europäischen Gemeinschaft über den Import von Karamelbonbons exakt 25.911 Wörter!

Der allwissende Jurist kennt jedes Gesetz, weiß jeden Begriff einzuordnen und kennt natürlich auch jedes Urteil des BGH, BFH, BVerfG, BAG und und und. Er ist allwissend eben. Und jetzt aufgewacht:

Bei der Fülle der Gesetze und Rechtsprechung ist kaum noch ein Anwalt in der Lage, ALLES zu wissen. Dies soll hier jetzt jedoch nicht vertieft werden.

Interessant ist, welche Vorschriften den „Wandel der Zeit“ noch nicht erfahren haben.Früher war alles viel einfacher.

So las man z.B. im Sachsenspiegel:

SSp LdR II 49 § 1:
Es darf niemand seine Dachtraufe in eines anderen Mannes Hof hängen.(Klare Ansage oder?)

SSp LdR II 52 § 1:
Rankt der Hopfen auf dem Zaun, so greife der, der die Wurzeln im Hof hat, so nahe er kann an den Zaun und ziehe an dem Hopfen. Was ihm folgt, das gehört ihm, was auf der anderen Seite bleibt, das gehört seinem Nachbarn.(Auch ziemlich eindeutig oder?)

Interessant wurde es dann schon mal bei den „Verfassern“ des Allgemeinen Preußischen Landrechts (ALR), einer Gesetzessammlung mit um die 25.000 Paragraphen, die wahrscheinlich den Anspruch hatten, alles zu regeln. So heißt es da unter anderem:

ALR I 2 § 96 ff.Pertinenzen einer Bibliothek und eines Naturalienkabinets.

§ 96.
Zu einer Bibliothek werden auch die Repositorien und Schränke gerechnet, in welchen die Bücher sich befinden.§ 97.Auch zu Naturalien und Kunstsammlungen gehören die zu deren Aufstellung gewidmeten Behältnisse.

§ 98.
Bildsäulen und andere Sachen, die außer den Behältnissen, bloß zur Auszierung des Zimmers bestimmt waren, sind keine Pertinenzstücke der Bibliothek, oder des Naturalienkabinets.

§ 99.
Dagegen werden Erd- und Himmelskugeln, Landkarten, Zeichnungen und Kupferstiche, sie mögen gebunden oder ungebunden seyn, zur Bibliothek gerechnet.§ 100.Kupferstiche hingegen, die in Rahmen gefaßt sind, gehören nicht zur Bibliothek.(Eindeutige und kaum zu schlagende Definition oder?)

Und heute alles anders? Weit gefehlt. Schauen wir doch einfach mal in das alt-ehrwürdige BGB. Das steht u.a.

§ 961Eigentumsverlust bei Bienenschwärmen:
Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigentümer die Verfolgung aufgibt.

§ 962Verfolgungsrecht des Eigentümers:
Der Eigentümer des Bienenschwarms darf bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Ist der Schwarm in eine fremde nicht besetzte Bienenwohnung eingezogen, so darf der Eigentümer des Schwarmes zum Zwecke des Einfangens die Wohnung öffnen und die Waben herausnehmen oder herausbrechen. Er hat den entstehenden Schaden zu ersetzen.

§ 963Vereinigung von Bienenschwärmen:
Vereinigen sich ausgezogene Bienenschwärme mehrerer Eigentümer, so werden die Eigentümer, welche ihre Schwärme verfolgt haben, Miteigentümer des eingefangenen Gesamtschwarms; die Anteile bestimmen sich nach der Zahl der verfolgten Schwärme.

§ 964Vermischung von Bienenschwärmen:
Ist ein Bienenschwarm in eine fremde besetzte Bienenwohnung eingezogen, so erstrecken sich das Eigentum und die sonstigen Rechte an den Bienen, mit denen die Wohnung besetzt war, auf den eingezogenen Schwarm. Das Eigentum und die sonstigen Rechte an dem eingezogenen Schwarm erlöschen.

Weitere „Stilblüten“ lassen sich mit Gewißheit finden. Das „normale menschliche“ Miteinander regelt man allerdings kaum mit unzähligen Gesetzen, sondern eher mit dem gemeinsamen Bier am Gartenzaun.

LiNo wird bunter

LiNo wird bunter - mit Hilfe von RECHTBUNT.

Samstag, 18. November 2006

2te-zahnarztmeinung vom Landgericht München gebremst

Das Landgericht München I (Urteil des Landgerichts München I vom 15.11.2006, Az. 1HK O 7890/06 (bei Veröffentlichung noch nicht rechtskräftig) hat den Betrieb einer Internetplattform untersagt, die sich selbst als „Marktplatz für Zahnarztleistungen“ bezeichnet und „Aktuelle Auktionen“ für Behandlungsleistungen anbietet. Zahnärzte können dort Kostenschätzungen von Kollegen, die diese etwa im Rahmen eines Heil- und Kostenplans gegenüber ihren Patienten abgegeben haben, durch eigene Schätzungen unterbieten. Nach Ablauf der Auktionslaufzeit leitet die Beklagte dem Patienten die Kostenschätzungen der fünf billigsten Bieter zu, die so auf neue Aufträge hoffen können. Der Patient zahlt für diesen Service nur einen geringen Betrag; der Zahnarzt, der den Behandlungsauftrag erhält, muss dagegen 20 % seines Honorars an die Beklagte abführen. Er muss sich nach Abschluss seiner Behandlung einer Bewertung durch den Patienten stellen, die bei Folgeangeboten auf der Plattform der Beklagten veröffentlicht wird.

Die auf Wettbewerbsrecht spezialisierte 1. Kammer für Handelssachen sah das Angebot der Beklagten als Wettbewerbsverletzung an, da Zahnärzte zur Bezahlung von Provision für neue Patienten verleitet werden. Dies verbieten in Deutschland die Berufsordnungen für Ärzte. Standeswidrig ist nach der Berufsordnung für Bayerische Zahnärzte auch das Verdrängen eines Zahnarztkollegen aus seiner Behandlungstätigkeit. Dass die Beklagte mit ihrem Angebot auch hierzu anstifte, legte die Vorsitzende in der Verhandlung vom Mittwoch den Beteiligten dar. Das am Ende der Sitzung verkündete Urteil muss nun noch schriftlich begründet werden.


Pressemitteilung des Landgerichts München I.


Vgl. hier.

Neues Haftkrankenhaus JVA Plötzensee hat Baumängel

Die ARGE JVA Plötzensee muss aufwendige Gewährleistungsarbeiten für den Bau des neuen Haftkrankenhauses in Berlin erbringen.

Bei 16 Badzellen Undichtigkeiten am Fußbodeneinlauf festgestellt. Weitere Untersuchungen ergaben, dass alle Abdichtungen an den Wänden, Fußböden und Wanddurchführungen mangelhaft ausgeführt wurden. Da die Badzellen komplett verfliest, mit den dazugehörigen Sanitärobjekten, Schaltern und Steckdosen ausgestattet, endmontiert geliefert wurden, war eine Kontrolle der Abdichtung zum Zeitpunkt des Einbaus nicht möglich. Die Zellen müssen zur fachgerechten Abdichtung komplett zurückgebaut und danach einschließlich neuem Fliesenbelag und Objektmontage wieder hergestellt werden.

Die Sanierung der Badzellen erfolgt im Rahmen der Mängelbeseitigung gem. VOB/ B § 13. Die Kosten trägt der Auftragnehmer. Mit den Bauhauptarbeiten wurde eine ARGE JVK Plötzensee beauftragt. Im Auftrag war der Einbau der komplett gefliesten und ausgestatteten Fertig-Badzellen enthalten.

Die ARGE ist für den Schaden voll verantwortlich, akzeptierte den vorgeschlagenen Gutachter und führt die Mängelbeseitigung in der geforderten Qualität laut einvernehmlich festgelegtem Terminplan aus.

Zeitverzögerung: ca. 5 Monate. Dadurch können weitere dringend benötigte Haftplätze in Berlin durch Freiwerden bisheriger Haftkrankenhausräume erst entsprechend später genutzt werden.

Quelle und weitere Einzelheiten hier.

Befangener Vorsitzender bei dem Landgericht Mainz

Eine informative Pressemeldung des Landgerichts Mainz lässt vermuten, dass wieder einmal die Einstellung eines Strafverfahrens wegen überlanger Verfahrensdauer ins Haus steht:

Die im November 2005 begonnene Hauptverhandlung gegen einen zwischenzeitlich 65-jährigen Mediziner wurde heute von der 1. Strafkammer des Landgerichts Mainz abgesetzt. Dem Angeklagten wurde zur Last gelegt, ärztlichen Abrechungsbetrug in einer Vielzahl von Fällen begangen zu haben. Das Verfahren gegen eine Mitangeklagte war bereits vor einigen Wochen abgetrennt und wegen überlanger Verfahrensdauer durch Urteil eingestellt worden. Der Vorsitzende machte im Zusammenhang mit der mündlichen Urteilsbegründung allgemeine Ausführungen zur Abrechnungspraxis im Gesundheitswesen. Dies nahm der Angeklagte zum Anlass, den Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.

Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes ist grundsätzlich vom Standpunkt eines verständigen Angeklagten zu beurteilen. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters kann dann gerechtfertigt sein, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann, unabhängig davon, ob der Richter tatsächlich parteiisch oder befangen ist.

Nach eingehender Beratung hat die zur Entscheidung berufene Kammer dem Ablehnungsantrag stattgegeben. Ihrer Einschätzung nach waren die beanstandeten Äußerungen des Vorsitzenden geeignet, bei dem Angeklagten den Eindruck der Voreingenommenheit aufkommen zu lassen. Der Angeklagte habe zusammen mit der früheren Mitangeklagten eine Gemeinschaftspraxis betrieben und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien mit denen im abgetrennten Verfahren weitgehend identisch.

Die im abgetrennten Verfahren abgegebenen Erklärungen des Vorsitzenden habe der Angeklagte als Beanstandung auch seiner Berufsausübung auffassen dürfen.

Hierdurch sei jedenfalls der Eindruck der Voreingenommenheit erweckt worden.

(Landgericht Mainz - Richter am Landgericht Jens Wilhelmi - Pressestelle - Diether-von-Isenburg-Straße, 55116 Mainz)

Nähere Informationen hier.

Dienstag, 14. November 2006

Verbraucherinsolvenzverfahren soll geändert werden

Die Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums gibt einen guten ersten Überblick über die geplanten Eckpunkte einer geänderten Regelung des Verbraucherinsolvenzverfahrens:

I. Ausgangslage: Insolvenzordnung von 1999 – eine Chance für redliche Schuldner für einen Neubeginn

Seit 1999 gibt es im deutschen Recht die Möglichkeit der so genannten Restschuldbefreiung. Von der Restschuld befreit wird jeder, der sechs Jahre lang unter Aufsicht eines staatlichen Treuhänders versucht, so viel Geld wie möglich an die Gläubiger zurückzuzahlen. Zu den Aufgaben des Treuhänders gehört, den Gläubigern des Schuldners in den sechs Jahren, die einer Restschuldbefreiung vorgeschaltet sind, so viel Geld wie möglich zurückzugeben. Im Gegenzug darf während dieser Zeit kein Gerichtsvollzieher den Besitz des Schuldners nach Geld oder teuren Elektrogeräten durchsuchen. Vielmehr hat der Arbeitgeber des Schuldners den pfändbaren Teil des Einkommens - bei einem Schuldner ohne Unterhaltspflichten sind das zur Zeit alle Beträge über 985 Euro - an den Treuhänder abzuführen, der dies einmal jährlich an die Gläubiger verteilt. Läuft alles korrekt ab, werden die verbliebenen Schulden gestrichen.
Die heutige Praxis der Verbraucherinsolvenz - insbesondere bei masselosen Schuldnern - steht in der Kritik. Rechtspfleger an den Amtsgerichten und Insolvenzrichter sind dem Ansturm der Verfahren und der damit verbundenen Bürokratie kaum gewachsen. Die Bundesländer klagen über die finanzielle Belastung durch die Stundung der Verfahrenskosten, die etwa 2500 Euro pro Verbraucherinsolvenzverfahren betragen. Diese Kosten soll eigentlich der Schuldner tragen. Ist dieser jedoch mittellos, muss die Justizkasse der Länder einspringen und das Geld im Wege der Stundung vorstrecken. Und eine Befriedigung der Gläubiger ist nicht ernsthaft zu erwarten. In etwa 80 % aller Privatinsolvenzverfahren sind die Schuldner völlig mittellos.

II. Warum brauchen wir ein vereinfachtes Entschuldungsverfahrens?

  • Unser heutiges Verbraucherinsolvenzverfahren ist gut – aber es ist zu teuer und zu bürokratisch in Anbetracht der Tatsache, dass von 80 % der Schuldner keine relevanten Einkünfte zu erwarten sind.
  • Ist ein Schuldner nachweislich völlig mittellos, so wird ein Insolvenzverfahren aber seinen Zweck verfehlen. In dieser Situation ist es ausreichend, wenn eine sorgfältige Ermittlung der Vermögensverhältnisse des Schuldners erfolgt.
  • Das Verfahren soll nicht nur einen Ausgleich zwischen den Interessen des Schuldners und seiner Gläubiger bieten. Es muss sozial gerecht sein und die allgemeinen Interessen des Wirtschaftsverkehrs berücksichtigen.

III. Eckpunkte des vereinfachten Entschuldungsverfahrens bei völlig mittellosen Schuldnern

1. Gang des Verfahrens

Das vereinfachte Entschuldungsverfahren passt sich nahtlos in das geltende Insolvenzverfahren ein. Da keine die Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden ist, erfolgt entsprechend § 26 InsO eine Abweisung mangels Masse. Damit ist das Verfahren für den Schuldner jedoch nicht beendet, sondern es wird lediglich die Stufe des eröffneten Insolvenzverfahrens übersprungen und unmittelbar in das Restschuldbefreiungsverfahren übergeleitet.

Bereits das geltende Recht schreibt vor, dass der Schuldner mit seinem Eröffnungsantrag eine Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle vorzulegen hat. Aus dieser Bescheinigung soll sich ergeben, dass eine Einigung mit den Gläubigern entweder ergebnislos versucht oder – so im künftigen Recht – eine solche offensichtlich aussichtslos war. Im Rahmen dieses Bescheinigungsverfahrens wird der Schuldner das umfangreiche Formular, das detailliert seine Vermögensverhältnisse abfragt, gemeinsam mit der geeigneten Person oder Stelle ausfüllen. „Geeignete Personen“ für die Beratung der Schuldner sind etwa Rechtsanwälte, Notare oder Steuerberater. Wer als „geeignete Stelle“ in Betracht kommt, legt jedes Bundesland selbst fest. Staatliche Schuldnerberatungsstellen sind ein Beispiel, in Berlin etwa der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V. (Adressen unter www.forum-schuldnerberatung.de)

Wird der Eröffnungsantrag nun mangels Masse abgewiesen, muss der Schuldner die Formulare mit dem Gerichtsvollzieher zu erörtern und an Eides statt die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben zu versichern. Das Gericht kündigt danach die 6-jährige Wohlverhaltensperiode an. In dieser treffen den Schuldner die gleichen Obliegenheiten wie in einem normalen Restschuldbefreiungsverfahren. Gleichzeitig wird der Treuhänder bestellt - etwa ein Rechtsanwalt oder Steuerberater. An ihn muss der Schuldner den pfändbaren Teil seines Einkommens abtreten. Gläubiger können der Restschuldbefreiung widersprechen. Macht dies ein Gläubiger nicht, kann er nach Ablauf der 6 Jahre seine Forderungen nicht mehr gegen den Schuldner durchsetzen.

2. Neues Vermögen des Schuldners

In dieser 6-jährigen Wohlverhaltensperiode kann es nun dazu kommen, dass der Schuldner etwa durch Erbschaften zu neuem, unvorhergesehenem Vermögen kommt, das bei der Verteilung zu berücksichtigen ist. Dann gilt folgendes Prozedere:
  • Erzielt der Schuldner während der Wohlverhaltensperiode pfändbare Einkünfte, die an den Treuhänder abgetreten wurden, so erfolgt die Verteilung an die Gläubiger bei Beträgen unter 1.000 € gemäß dem Forderungsverzeichnis, das gemeinsam mit der geeigneten Person oder Stelle aufgestellt wurde.
  • Bei Beträgen über 1.000 € hat der Treuhänder dies öffentlich bekannt zu machen und die Gläubiger aufzufordern, ihre Forderungen anzumelden. Anhand dieses ergänzten Forderungsverzeichnisses erfolgt, sofern kein Widerspruch erhoben wird, die Verteilung.
3. Kostenbeteiligung des Schuldners

Es ist geboten und gerechtfertigt, den Schuldner, der die Rechtswohltat einer umfassenden Schuldbefreiung erhalten will, in einem bescheidenen Umfang an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Gedacht ist hier an eine Größenordnung von 13 € pro Monat. Damit sollen ein Teil der Verfahrenskosten und die Kosten für den Treuhänder abgedeckt werden.

4. Vorteile dieses Verfahrens

Gegenüber alternativen Entschuldungsmodellen und gegenüber dem geltenden Recht, das eine Stundung der Verfahrenskosten kennt, hat dieses vereinfachte Entschuldungsverfahren erhebliche Vorteile:
  • Das Verfahren ist in das geltende Recht eingebettet, ohne dass ein zusätzliches Sonderverfahren vorgesehen werden muss. Der regelungstechnische Aufwand ist deshalb überschaubar und löst keine neue Bürokratie aus.
  • Über eine Kostenbeteiligung wird dem Schuldner deutlich gemacht, dass er nur über gewisse Eigenanstrengungen eine Entschuldung erreichen kann. Eine Entschuldung zum Nulltarif soll es künftig nicht mehr geben.
Dafür erhält der Schuldner

  • den Schutz vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen,
  • eine umfassende Entschuldung auch hinsichtlich der nicht genannten Forderungen,
  • die gleiche Laufzeit von 6 Jahren wie beim sonstigen Restschuldbefreiungsverfahren.

Gesetzentwurf zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens

Die Bundesregierung versucht, das Insolvenzverfahren zu vereinfachen. Unter anderem sollen öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzsachen nur noch über das Internet vorgenommen werden.

Ausführlich Heute im Bundestag unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung.