Donnerstag, 31. August 2006

Die Fans der Löwen

Pressemitteilung - Landgericht München I - Urteil vom 26.07.2006, Az.: 29 O 20208/06 (nicht rechtskräftig) Ein Fußballspiel zwischen zwei Fanclubs des TSV 1860 München im Rahmen eines Hallenfußballturniers am 06.02.2005 ging vor dem Landgericht München I in die "Dritte Halbzeit".
"Der Kläger war Stürmer eines Fanclubs aus Schwabing-Neuhausen, der Beklagte Torwart des gegnerischen Fanclubs aus Lochham. Als der Ball hoch in den Strafraum der Lochhammer Fans vor das Tor gespielt wurde, liefen sowohl Kläger als auch Beklagter aufeinander zu in Richtung des Balles und prallten zusammen. Der Kläger verletzte sich dabei schwer im Bereich des rechten Knies und musste im Krankenhaus operiert werden. Die Heilung zog sich mehrere Monate hin.
Er behauptete vor Gericht, der beklagte gegnerische Torwart habe ihn absichtlich mit vollem Körpereinsatz von hinten angesprungen. Dabei habe der Beklagte ausschließlich den Kläger attackieren und nicht den Ball erreichen wollen, so dass ein außerordentlich unfairer und grober Regelverstoß vorliegt. Der Beklagte müsse daher ein Schmerzensgeld von mindestens 6.000,- Euro zahlen sowie weiter dem Kläger entstandene Kosten tragen und auch für zukünftige verbleibende Beeinträchtigungen des Klägers einstehen.
Der beklagte Torwart hingegen war der Meinung, er sei im Kampf um den Ball in der Luft mit dem Kläger zusammengeprallt. Es sei ihm gelungen, den Ball weg zu schlagen. Eine grobe Regelwidrigkeit liege nicht vor und eine Haftung scheide daher aus.
In einer umfangreichen Beweisaufnahme versuchte die Einzelrichterin der 29. Zivilkammer sich ein Bild über das tatsächliche Geschehen auf dem Spielfeld zu verschaffen. Dabei war problematisch, dass die Zeugen je nach Mannschaftszugehörigkeit die Umstände des Zusammenpralls recht unterschiedlich dargestellten. Mannschaftskollegen des Klägers und der Schiedsrichter schilderten eine vorsätzliche Attacke des Klägers gegen den Beklagten, der Turnierleiter und Mitspieler des Beklagten schilderten einen gewöhnlichen Zweikampf um den Ball. Im Ergebnis hielt die Richterin eine grobe Regelwidrigkeit nicht für bewiesen, da keiner der beiden Seiten eine höhere Glaubwürdigkeit zukam.
Entscheidend war dabei auch, dass der Schiedsrichter den Beklagten nicht vom Platz gestellt hatte, sondern dieser an dem entscheidenden 7-Meter-Schießen teilnehmen durfte. Dieses Verhalten stehe im Widerspruch zu seiner Aussage im Verfahren.
Somit hielt das Gericht den Nachweis einer groben Regelwidrigkeit für nicht geführt. Der Beklagte muss daher für die dem Kläger entstandenen Schäden nicht einstehen. Die Klage wurde abgewiesen."

(Pressesprecher: RiLG Marc Huppert)

Dienstag, 29. August 2006

Juristisches Staatsexamen in Bayern

Unter Rekordbeteiligung beginnt in dieser Woche am Donnerstag in Bayern der schriftliche Teil der Ersten Juristischen Staatsprüfung. Mit 2.445 Kandidaten wird sich die höchste bisher im Freistaat zugelassene Zahl von Studenten der Abschlussprüfung des Jurastudiums stellen. Um eine zeitliche Überschneidung mit dem Besuch Papst Benedikts XVI in Bayern zu vermeiden, der mit erheblichen Verkehrsbehinderungen am Prüfungsort Regensburg verbunden sein wird, wurde der ursprünglich vorgesehene Prüfungstermin um 5 Tage vorgezogen. Merk: "Die Rahmenbedingungen für die Studenten, die sich monatelang auf diese anspruchsvolle Prüfung vorbereitet haben, sollen stimmen."

Zur Bewältigung dieses Prüfungstermins stehen an den sieben bayerischen Prüfungsorten Augsburg, Bayreuth, Erlangen-Nürnberg, München, Passau, Regensburg und Würzburg insgesamt 61 Prüfungsräume zur Verfügung. An jedem der acht Prüfungstage werden rund 180 Aufsichtskräfte für einen reibungslosen Ablauf der Prüfung sorgen. Die Teilnehmer haben jeden Tag eine fünfstündige schriftliche Aufgabe zu bearbeiten; insgesamt stehen ihnen in den nächsten zwei Wochen also 40 Stunden Prüfung bevor. Von den Prüfern werden insgesamt etwa 19.500 gefertigte Prüfungsarbeiten zu bewerten sein.

(Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz)

Montag, 28. August 2006

Patientenverfügung soll bald gesetzlich geregelt werden

"Ich werde nach der parlamentarischen Sommerpause das Gespräch mit den Fraktionen suchen, einen Gesetzentwurf haben wir bereits vorbereitet", sagte Zypries der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" und meint die gesetzliche Absicherung von Patientenverfügungen. Mehr hier.

Freitag, 25. August 2006

RDG: Über das Ziel hinausgeschossen, meint die FDP

Die justizpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Mechthild DYCKMANS zum RDG-Entwurf:
Es ist bedenklich, die Rechtsberatung auch für Berufsgruppen zu öffnen, die die zum Schutz der Mandanten geschaffenen besonderen Pflichten und Rechte des Rechtsanwaltes nicht haben. Hierdurch ist die Qualität der Rechtsberatung gefährdet. Kritisch zu sehen ist daher der im Entwurf enthaltene Vorschlag, künftig alle Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung zu erlauben, wenn sie im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit stehen. In diesen Fällen soll die Rechtsdienstleistung künftig auch durch Nicht-Juristen erfolgen dürfen. Dabei wird übersehen, dass auch bei einer Rechtsdienstleistung als „Nebenleistung“ die unabhängige Rechtsberatung gewährleistet sein muss. Gerade Banken sind oft nicht frei von Eigeninteressen. Auch bei der Rechtsberatung als „Nebenleistung“ muss aber der „Verbraucherschutz“ gewahrt werden.
Für Liberale ist es daher eine Selbstverständlichkeit, dass im Entwurf die Vertretung von Mandanten vor Gericht auch weiterhin nur Rechtsanwälten vorbehalten bleibt. Zutreffend darf auch die unentgeltliche und karitative Rechtsberatung ausschließlich durch Volljuristen erfolgen. Dies dient dem Erhalt einer qualifizierten Rechtsberatung. Denn: Das anwaltliche Standesrecht und die anwaltlichen Berufspflichten garantieren für einen größtmöglichen Schutz des Mandanten und für die Qualität der Rechtsberatung. Der Schutz der Mandanten wird gewährleistet durch die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und die besonderen strafprozessualen Rechte von Berufsgeheimnisträgern.

Hier die Pressememitteilung als pdf-Datei.

Dem kann ich nur zustimmen.

Eine andere Sicht hier.

RDG und Hobbyanwälte

Genau das, was die CDU-Fraktion angeblich verhindern will, wird durch das RDG (Rechtsdienstleistungsgesetz), sollte es wie vorgesehen, Gesetz werden, gewährleistet werden: Hobbyanwälte zum Beispiel in der Kraftfahrzeugwerkstatt, können tätig werden (und neue Mandate für Profianwälte wegen unzutreffender Beratung hervorbringen).

Dazu folgende Äußerung des CDU-Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb:

Oberste Maxime dieser Neukonzeption des Rechtsberatungsrechts wird es sein, die hohe Qualität der Rechtsberatung in Deutschland für den rechtsuchenden Bürger zu erhalten. Von daher ist es außerordentlich begrüßenswert, dass sich die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf dazu bekennt, dass auch künftig qualifizierter und umfassender Rechtsrat nur von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten erbracht werden darf und nicht von Hobbyanwälten. Nur diese Berufsgruppe ist sowohl von ihrer Ausbildung als auch aufgrund besonderer berufsrechtlicher Anforderungen (Unabhängigkeit, Verschwiegenheitspflicht, Haftungsregeln) her in der Lage, den Erwartungen der Bürger in diesem Bereich gerecht zu werden. Es käme schließlich auch niemand auf die Idee, im OP-Saal mit einem Hobbyarzt, der eine Operation am offenen Herzen durchführen soll, konfrontiert zu werden.

Soweit aufgrund der Rechtsprechung der Bundesgerichte gewisse Öffnungen des anwaltlichen Beratungsmonopols notwendig sind, wird im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens intensiv und im konstruktiven Dialog mit den Betroffenen geprüft werden, ob die insoweit gefundenen Regelungen insbesondere unter dem Aspekt der Qualitätssicherung angemessen und zielführend sind.

OLG Oldenburg (nicht rechtskräftig): BarwertVO teilweise verfassungswidrig

OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Beschluss vom 28.07.2006 - 11 UF 61/06 (12 F 336/05 Amtsgericht Osnabrück) -
Leitsatz:

Die bisher übliche Umrechnung von Versorgungsanrechten führt nicht zu einer gleichen Aufteilung der in der Ehe erworbenen Versorgungswerte im Versorgungsausgleich. Die betreffenden Vorschriften (BarwertVO) sind verfassungswidrig und durch andere Umrechnungskriterien zu ersetzen.

Übergangsregeln für Erhöhung der Umsatzsteuer zum 01.01.2007

Durch Art. 4 des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 vom 29. Juni 2006 wird unter anderem der allgemeine Umsatzsteuersatz von 16 % auf 19 % erhöht. Die Änderung wird am 1. Januar 2007 in Kraft treten. Das BMF-Schreiben vom 11. August 2006 - IV A 5 - S 7210 - 23/06 - gibt Antworten auf Zweifelsfragen bei der Umstellung und trifft vereinfachende Übergangsregelungen.

Dienstag, 22. August 2006

RDG Rechtsdienstleistungsgesetz - Regierungsentwurf und Referentenentwurf

Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Elemente des vorgesehenen neuen Rechtsdienstleistungsgesetzes (vgl. auch den Referentenentwurf):

"Die Bundesregierung hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts beschlossen. Mit dieser grundlegenden Reform soll das geltende Rechtsberatungsgesetz aus dem Jahr 1935 vollständig aufgehoben und durch das neue Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) abgelöst werden. Das Gesetz soll Mitte 2007 in Kraft treten, es bedarf nicht der Zustimmung durch den Bundesrat.

„Mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz wollen wir eine zeitgemäße, europafeste Regelung für nichtanwaltliche Rechtsdienstleistungen schaffen. Dabei wollen wir einerseits gewährleisten, dass der Kernbereich der rechtlichen Beratung und Vertretung allein Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorbehalten bleibt. Andererseits dürfen Tätigkeiten, bei denen Rechtsdienstleistungen nur eine untergeordnete Rolle spielen, nicht zugunsten der Anwaltschaft monopolisiert bleiben. Im heutigen Wirtschaftsleben bleibt kaum eine geschäftliche Tätigkeit ohne rechtliche Auswirkungen. Deshalb sollen Rechtsdienstleistungen, die lediglich Nebenleistungen darstellen, für alle unternehmerisch tätigen Personen zulässig sein“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Darüber hinaus soll künftig die unentgeltliche Rechtsberatung möglich sein. „Das rigide Verbot der altruistischen Rechtsberatung ist weder verfassungsrechtlich noch gesellschaftlich akzeptabel. Wir wollen das bürgerschaftliche Engagement fördern und deshalb Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Betätigung stehen, insgesamt freigeben. Auch bei der altruistischen Rechtsberatung müssen aber Mindeststandards gelten, die die Beratenen vor unqualifiziertem Rat schützen. Deshalb müssen alle Personen und Organisationen, die außerhalb des Familien- und Freundeskreises unentgeltlichen Rechtsrat anbieten, entweder selbst Volljuristen sein oder eine qualifizierte juristische Anleitung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherstellen“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Die Eckpunkte des Gesetzentwurfs im Einzelnen:

1. Das RDG führt keine umfassende Rechtsdienstleistungsbefugnis unterhalb der Rechtsanwaltschaft ein

Wer umfassend rechtlich beraten will, muss Volljurist sein – d.h. er muss beide juristischen Staatsexamen bestanden haben. Darüber hinaus muss er als Rechtsanwalt zugelassen sein. Für die Rechtssuchenden ist es wichtig, sich auch künftig darauf verlassen zu können, dass umfassender Rechtsrat nur von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten erteilt wird, die gesetzlich in besonderer Weise zur Unabhängigkeit, Verschwiegenheit und Wahrung der Mandanteninteressen verpflichtet sind. Damit wird es auch in Zukunft keine umfassende Rechtsberatungsbefugnis für Fachhochschulabsolventen (hier vor allem Diplom-Wirtschaftsjuristen) oder Absolventen des ersten juristischen Examens geben.

Dem Anliegen der Diplomjuristen, die an den Fachhochschulen ursprünglich mit dem Ziel einer abhängigen Beschäftigung in Verwaltung oder Wirtschaft ausgebildet wurden, auch selbständig tätig werden zu können, trägt der Gesetzentwurf allerdings in gewissem Umfang Rechnung. Durch die Neuausrichtung des Begriffs der Rechtsdienstleistung, die Erweiterung der zulässigen Nebenleistungen und die Vielzahl an neuen Möglichkeiten beruflicher Zusammenarbeit gibt es auch für Diplomjuristen ein neues Betätigungsfeld.

2. Das RDG gilt nur für den außergerichtlichen Bereich und reglementiert nur noch Fälle echter Rechtsanwendung

Das bislang geltende Rechtsberatungsgesetz unterstellt nach seinem Wortlaut jede Erledigung fremder Rechtsangelegenheiten dem gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt. Das führt dazu, dass all diese Tätigkeiten grundsätzlich nur durch Rechtsanwälte oder durch andere Personen mit einer besonderen Erlaubnis zur Rechtsberatung (z. B. Steuerberater oder Inkassounternehmen) erbracht werden dürfen. Das Gesetz verwendet daneben auch die Begriffe Rechtsberatung, Rechtsbetreuung und Rechtsbesorgung, ohne diese Begriffe näher einzugrenzen. Das RDG ersetzt diese konturenlose Begriffsvielfalt durch den einheitlichen, in § 2 Abs. 1 RDG definierten Begriff der Rechtsdienstleistung:

Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine besondere rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind nur noch die Fälle echter Rechtsanwendung allein dem Anwalt vorbehalten. Tätigkeiten, die sich im Auffinden, der Lektüre, der Wiedergabe und der bloßen schematischen Anwendung von Rechtsnormen erschöpft, sind dagegen keine Rechtsdienstleistungen. Dies betrifft etwa

die allgemeine Aufklärung über rechtliche Hintergründe
Beispiel: Ein Mieterverein klärt durch ein Rundschreiben alle Mieter einer Wohnanlage über die nach dem BGB bestehenden Minderungsrechte bei Modernisierungsmaßnahmen auf.
die Geltendmachung einfacher Ansprüche
Beispiel: Eine Kfz-Werkstatt rechnet mit der gegnerischen Versicherung nicht nur die Reparaturkosten ab, sondern macht für den Geschädigten gleichzeitig auch die Schadenpauschale geltend.
die Mitwirkung bei einem Vertragsschluss oder einer Vertragskündigung
Beispiel: Ein Energieberater kündigt für seinen Kunden bestehende Energieversorgungsverträge und schließt neue ab.
Andererseits liegt eine Rechtsdienstleistung nicht erst dann vor, wenn eine umfassende oder besonders tiefgehende juristische Prüfung erforderlich wird. Bereits die juristische Prüfung einfacher Sachverhalte eröffnet den Anwendungsbereich des RDG. In diesen Fällen kann die Rechtsprüfung aber durch Nichtanwälte erfolgen, wenn es sich um eine nach § 5 RDG zulässige Nebenleistung handelt (vgl. dazu unten).

3. Das RDG erlaubt allen Berufsgruppen Rechtsdienstleistungen als Nebenleistungen

Um den geänderten Anforderungen des Wirtschaftslebens gerecht zu werden, erweitert § 5 Abs. 1 RDG die Möglichkeit, im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit Rechtsdienstleistungen zu erbringen.

Rechtsdienstleistungen sind künftig immer dann zulässig, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild oder zur vollständigen Erfüllung der mit der Haupttätigkeit verbundenen Pflichten gehören.

Beispiele hierfür könnten sein:

Sanierungs- oder Insolvenzberatung durch Diplom-Betriebswirte, Diplom-Kaufleute oder Diplom-Wirtschaftsjuristen;
Beratung über Fragen des Baurechts oder der Sachmängelhaftung durch Architekten;
Beratung über Gestaltungsmöglichkeiten bei der Vermögens- oder Unternehmensnachfolge durch Banken
Mitwirkung bei der Vorbereitung eines Erbscheinsantrags durch Erbenermittler.
Voraussetzung ist nicht mehr wie im geltenden Recht, dass die andere Tätigkeit ohne die Rechtsdienstleistung überhaupt nicht sachgemäß erledigt werden kann. Vielmehr reicht es aus, dass die Tätigkeit eine zum Tätigkeitsbild oder zur vollständigen Erfüllung der Vertragspflichten gehörige Nebenleistung darstellt. Die Rechtsdienstleistung darf also nach ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nicht im Mittelpunkt des Leistungsangebots stehen und muss zum Berufsbild gehören.

Einzelne Fälle stets zulässiger Nebenleistungen hebt der Gesetzentwurf hervor, um von vornherein Rechtsklarheit zu schaffen. Zu nennen sind namentlich die Testamentsvollstreckung - die der Erblasser damit künftig auch Banken, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern übertragen kann - und die Fördermittelberatung, die im Bereich der Unternehmensberatung eine wichtige Rolle spielt. Dies steht im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des BGH, der diese Tätigkeiten für erlaubnisfrei zulässig erklärt hat.

Es wird auch künftig der Rechtsprechung überlassen bleiben, im Einzelnen zu bestimmen, welche Rechtsdienstleistungen – etwa bei Unternehmensberatern – noch als Nebenleistung anzusehen sind. Der Gesetzentwurf gibt den Gerichten für die Entscheidung, ob eine Nebenleistung vorliegt, aber konkrete Entscheidungskriterien an die Hand. Prüfungsmaßstab ist neben Umfang und Inhalt einer Tätigkeit und ihrer Bedeutung für den Rechtsuchenden, ob hierfür die umfassende rechtliche Ausbildung des Rechtsanwalts oder seine besondere Pflichtenstellung im Rechtssystem erforderlich ist, oder ob die juristische Qualifikation des nichtanwaltlichen Dienstleisters ausreicht.

4. Das RDG ermöglicht neue Formen der Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten

Wo Rechtsdienstleistungen nicht lediglich Nebenleistung sind, sollen diese künftig gleichwohl „aus einer Hand“ angeboten werden können. Dies entspricht den Wünschen der Wirtschaft und der Mandanten. Außerdem eröffnet es der Rechtsanwaltschaft neue Marktchancen. Deshalb soll es nach § 5 Abs. 3 RDG künftig zulässig sein, einen Rechtsanwalt für einzelne juristische Fragen hinzuziehen. (Beispiel: Architekt schaltet Anwalt ein, um baurechtliche Fragen für ein genehmigungspflichtiges Vorhaben zu klären). Zulässig wird es auch sein, dass Rechtsanwälten mit Angehörigen anderer Berufe fest zusammenarbeiten. (Unternehmensberater, nichtanwaltliche Mediatoren, Architekten, Ärzte etc.). Dabei wird klargestellt, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt in diesem Rahmen stets selbständig und eigenverantwortlich arbeiten muss, sodass Unternehmensjuristen auch in Zukunft keine Rechtsdienstleistungen erbringen dürfen. (Beispiel: Die Bank darf umfassende Rechtsdienstleistungen für ihre Kunden nicht durch einen angestellten Syndikusanwalt erbringen lassen).

5. Das RDG erlaubt unentgeltliche Rechtsdienstleistungen

§ 6 RDG erklärt die unentgeltliche Rechtsdienstleistung grundsätzlich für zulässig:

Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen, sollen künftig erlaubt sein.

Das betrifft einerseits die Rechtsberatung im Familien- und Freundeskreis und begünstigt andererseits die altruistische, karitative Rechtsberatung. Der Begriff der Unentgeltlichkeit wird enger als im Bürgerlichen Recht definiert. „Kostenlose“ Serviceangebote (etwa die von einer Bank für den - potentiellen - Kunden kostenlos und unverbindlich angebotene Testamentsberatung) sind danach nicht unentgeltlich im Sinne des RDG, weil sie im Zusammenhang mit dem entgeltlichen Geschäft stehen, für das geworben werden soll.

Werden z. B. in einem Verein oder in sozialen Einrichtungen unentgeltlich Rechtsdienstleistungen angeboten, muss die Qualität der Rechtsdienstleistung dadurch sicher gestellt sein, dass eine juristisch qualifizierte Person daran beteiligt wird. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Rechtsdienstleistung unter Anleitung einer Person erbracht wird, die beide Staatsexamen bestanden hat. Die vor Ort beratende Person muss entsprechend geschult und fortgebildet werden, zudem muss die Möglichkeit bestehen, zur Not in einem konkreten Fall auf die besonderen juristischen Kenntnisse der anleitenden Person zurückgreifen zu können.

Zum Schutz der Rechtsuchenden ist es möglich, Personen oder Einrichtungen, die außerhalb des Familien- und Bekanntenkreises dauerhaft unqualifizierten Rechtsrat erteilen, die unentgeltliche Rechtsdienstleistung zu untersagen.

6. Das RDG ermöglicht allen Vereinen die rechtliche Beratung ihrer Mitglieder

Während nach geltendem Recht nur berufsständische und berufsstandsähnliche Vereinigungen (z. B. Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Haus und Grund, Mietervereine) ihre Mitglieder rechtlich beraten dürfen, soll dies künftig grundsätzlich nach § 7 RDG jeder Vereinigung erlaubt sein. Dies betrifft etwa die großen Mitgliedervereine wie beispielsweise Automobilclubs.

Allerdings dürfen die Rechtsdienstleistungen auch künftig nicht Hauptzweck einer Vereinigung sein. Außerdem muss eine sachgerechte Mitgliederberatung gewährleistet sein. Dies soll künftig vor allem dadurch sichergestellt werden, dass eine juristisch qualifizierte Person an der Beratung beteiligt sein und die Institution personell, sachlich und finanziell angemessen ausgestattet sein muss. Auch Vereinen, die dauerhaft unqualifizierten Rechtsrat erteilen, kann die weitere Erbringung von Rechtsdienstleistungen untersagt werden.

7. Das RDG reglementiert nur das Forderungsinkasso und nicht den Forderungskauf

Wie bisher fällt das gesamte klassische Inkassogeschäft unter den Anwendungsbereich des RDG. Will also jemand eine Forderung nur zur Einziehung erwerben, ohne das wirtschaftliche Risiko zu übernehmen (Forderungsinkasso), muss er sich bei der Landesjustizverwaltung registrieren lassen. Der Vollerwerb einer Forderung (Forderungskauf) soll demgegenüber auch ohne eine Inkassoregistrierung zulässig sein. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Forderungen gerade im heutigen Wirtschaftsleben schnell und leicht übertragbar sein und grundsätzlich auch als Refinanzierungsinstrument zur Verfügung stehen müssen.

Einem besonderen Schutzbedürfnis des Schuldners kann dabei durch die gesetzliche Regelung von Zustimmungserfordernissen Rechnung getragen werden, wie sie das RDG nunmehr auch zur Abtretbarkeit anwaltlicher Honorarforderungen vorsieht. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sollen danach ihre Honorarforderungen zu Einziehungszwecken abtreten oder an Dritte veräußern können, wenn der Mandant der Abtretung nach vorheriger Aufklärung ausdrücklich schriftlich zugestimmt hat. Damit können künftig nach dem Vorbild der ärztlichen und zahnärztlichen Verrechnungsstellen auch anwaltliche Verrechnungsstellen tätig werden.

8. Die Regelungen über die Prozessvertretung vor Gericht werden in allen Verfahrensordnungen aneinander angeglichen

Anders als das Rechtsberatungsgesetz beschränkt sich das Rechtsdienstleistungsgesetz auf die außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen. Daher werden die einzelnen Verfahrensordnungen (ZPO, FGG, ArbGG, VwGO, SGG, FGO) um Regelungen darüber ergänzt, wer wen in welchen gerichtlichen Verfahren vertreten kann. Zu diesem Zweck werden die bisher uneinheitlichen Vorschriften der einzelnen Verfahrensordnungen einander so weit wie möglich angeglichen.

Die Vertretungsbefugnis im Zivil-, Arbeits-, Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsprozess soll dabei nicht in demselben Umfang freigegeben werden wie bei der außergerichtlichen Rechtsdienstleistung. Die Kenntnisse, die erforderlich sind, um einen Gerichtsprozess sachgerecht zu führen, sowie der Schutz der Gerichte erfordern und rechtfertigen stärkere Einschränkungen als im außergerichtlichen Bereich.

Nach geltendem Recht muss sich ein Mandat in bestimmten Gerichtsverfahren (z.B. vor den Bundesgerichten, in den meisten Berufungsverfahren, in zivilrechtlichen Prozessen vor dem Landgericht und in bestimmten familiengerichtlichen Verfahren) durch einen Anwalt vertreten lassen. Die entsprechenden Regelungen der Prozessordnungen sollen beibehalten werden. Abgesehen von diesen Fällen kann eine Partei selbst entscheiden, ob sie sich selbst vertritt oder einen professionellen Vertreter einschaltet.

Die entgeltliche professionelle Vertretung soll grundsätzlich weiterhin durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erfolgen. Wer andere beruflich vor Gericht vertritt, muss zum Schutz des Vertretenen bestimmten Qualifikationsanforderungen genügen. Deshalb schlägt der Gesetzentwurf vor, in allen Gerichtsverfahren, in denen kein Anwaltszwang besteht, neben der Vertretung durch Rechtsanwälte grundsätzlich nur die Vertretung

• durch Beschäftigte der Prozesspartei,

• durch unentgeltlich tätige Familienangehörige der Prozesspartei,

• durch unentgeltlich tätige Volljuristen oder

• durch unentgeltlich tätige Streitgenossen

zuzulassen. Personen, die nach den neuen Regelungen nicht zur Prozessvertretung zugelassen sind, können vom Gericht künftig – anders als im geltenden Recht – als Beistand in der Gerichtsverhandlung zugelassen werden, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht.

In steuerrechtlichen Angelegenheiten bleiben die Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertretungsbefugt. Auch die bereits nach geltendem Recht bestehenden Vertretungsbefugnisse für Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Sozialverbände und Rentenberater werden übernommen. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren werden die Befugnisse der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften auf die Vertretung vor dem Bundesarbeitsgericht ausgeweitet.

Häufig fungieren die Personen, die bei Gewerkschaften und Verbänden für die Übernahme der Prozessvertretung qualifiziert sind, auch als ehrenamtliche Richter in der Arbeits- oder Sozialgerichtsbarkeit. Eine Unvereinbarkeitsregelung soll daher von vornherein verhindern, dass der Verdacht einer Interessenkollision oder Voreingenommenheit des Gerichts aufkommt. Deshalb wird in allen Verfahrensordnungen angeordnet, dass Richter grundsätzlich nicht als Vertreter bei einem Gericht auftreten dürfen, dem sie selbst angehören. Für ehrenamtliche Richter wird dieser Grundsatz auf die jeweiligen Spruchkörper des Gerichts eingeschränkt, denen sie angehören."

Sonntag, 20. August 2006

Die Wege der Justiz in Moabit

Das Kriminalgericht Moabit mit dem Amtsgericht Tiergarten, in dem alle Strafsachen (mit Ausnahme des Ablegers "Bereitschaftsgericht" in Tempelhof) verhandelt werden, mit den Strafkammern des Landgerichts Berlin und den Räumen der Berliner Staatsanwaltschaft hat nach der Beschreibung des Staatsanwalts und Pressesprechers Michael Grunewald in der Berliner Morgenpost
"im Mittelteil, um die Haupthalle herum, drei und ansonsten vier für Besucher relevante Etagen, die über ein gutes Dutzend versteckter und offener Treppen erreichbar sind. Drei Längsgänge in Ost-West-Richtung und fünfeinhalb bis sechs Quergänge durchkreuzen jede Etage. Zur Haupthalle hin verlaufen der vordere und mittlere Längsgang im Übergang vom Drei- ins Vieretagensystem in Zwischenetagen. Die Nummerierung der Räume tut ein Übriges zur Orientierungshilfe. Sie beginnt beispielsweise im Untergeschoss im vorderen Längsgang rechts von der Haupthalle mit Raum 201. Die ungeraden Anfangszahlen sind der linken Gebäudehälfte vorbehalten. Der Übergang zu den weiteren Gerichtsgebäuden B, C, D und E befindet sich von der Haupthalle aus betrachtet in der rechten hinteren Gebäudeecke, wo man beispielsweise bei Raum 429, also im ersten Obergeschoss, über eine Halbtreppe in die dritte Etage des Gebäudes C und dort logischerweise zu den Räumen C 201 ff gelangt."

Das Spießrutenlaufen eines fiktiven Zeugen im Moabiter Labyrint wird anschließend anschaulich geschildert.

Vielen Dank an Siegfried Schlosser von der RA WIN 2000 AG für den Hinweis in der Anwaltsliste.

Vielleicht hilft der Grundriss hier ein klein wenig weiter.

Samstag, 19. August 2006

Offener Vollzug

28 Häftlinge sind letzte Nacht aus einem Gefängnis der flämischen Stadt Dendermonde geflüchtet. Sie nahmen mehrere Wächter als Geiseln und setzten sich dann über den Innenhof ab. Einige kamen allerdings nicht sehr weit. Einzelheiten hier.

Wollen Sie mich nicht verstehen oder sind Sie zu dumm, mir zu folgen?

Richter unter sich: Ein Richter am Amtsgericht leitete die zivilrechtliche Güteverhandlung in einem Rechttsstreit, bei dem es um die Auslegung eines Vermächtnisses ging. Parteivertreter für einen am Verfahren beteiligten Tierschutzverein war ein Kollege, ein Amtsgerichtsdirektor eines anderen Amtsgerichts. Kollegial ging es weniger zu. Mehr lautstark.

Im Verlaufe der Verhandlung kam es zu einem Streitgespräch zwischen dem AGDir und dem RiAG, dem Antragsteller, in dem der AGDir dem Antragsteller nach dessen Darstellung Voreingenommenheit vorwarf. Der lautstarke Wortwechsel führte dazu, dass der AGDir das Verlassen des Gerichtssaals ankündigte. Der Antragsteller wies ihn darauf hin, dass er dann Versäumnisurteil erlassen könne. Der AGDir vertrat die Auffassung, es sei schon mündlich verhandelt worden, so dass ein Versäumnisurteil nicht ergehen könne. Der Streit darüber, ob die Güteverhandlung fortdauere, mündete in einer Äußerung des Antragstellers, die von den Beteiligten der Verhandlung unterschiedlich dargestellt wird. Nach der Darstellung des Antragstellers hat er den AGDir gefragt, ob dieser ihn nicht verstehen wolle oder zu dumm sei, ihm zu folgen. Der AGDir verließ daraufhin den Sitzungssaal. Der Antragsteller ordnete das Ruhen des Verfahrens an. Der AGDir erhob anschließend Dienstaufsichtsbeschwerde beim Präsidenten des Landgerichts Kaiserslautern, mit der er sich gegen das Auftreten des Antragstellers im Termin vom 7. November 2002 wandte.

Der Dienstvorgesetzte meinte, ein Richter habe sich bei der Wahl seiner Worte stets seiner Pflicht zur Unvoreingenommenheit und Neutralität bewusst zu sein. Der Antragsteller sei daher zu ermahnen und es sei an sein Verantwortungsbewusstsein zu appellieren, künftig solche Formulierungen zu unterlassen und sich auch im Falle von Provokationen hierzu nicht hinreißen zu lassen. Der Vorgang sei in die Personalakte des Antragstellers aufzunehmen.

Der Antragsteller geltend gemacht, seine Äußerung habe sich im Rahmen einer adäquaten Wertung der prozessualen Vorgänge gehalten. Für jedermann im Gerichtssaal sei klar gewesen, dass er mit seiner Frage auf den gegen ihn vom AGDir erhobenen Vorwurf der Voreingenommenheit und Parteilichkeit erwidert habe und dass er diesen weder als Person noch als Richterkollegen habe herabwürdigen, sondern sein Erstaunen über dessen unmögliches Prozessgebaren habe zum Ausdruck bringen und ihn zu konstruktivem Verhalten habe veranlassen wollen. Damit sei seine Äußerung sowohl äußerlich als auch innerlich Teil der damaligen Verhandlungsleitung und zeitlich und inhaltlich eine direkte Erwiderung auf den ihm in der Sitzung gemachten Vorwurf der Befangenheit gewesen. Sie habe somit zum Kernbereich seiner richterlichen Tätigkeit gezählt, die schon grundsätzlich gegen Dienstaufsichtsmaßnahmen gefeit sei. Zu Unrecht hätten die Dienstvorgesetzten seine Äußerung als Beleidigung und reines Unwerturteil gewertet.

Der BGH wertet die Maßnahme gegen den Richter und die den Antragsteller abweisenden Vorentscheidungen wie folgt:


Nach § 26 Abs. 1 DRiG untersteht der Richter einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Unter diesem Vorbehalt umfasst die Dienstaufsicht auch die Befugnis, die ordnungswidrige Art der Ausführung der Amtsgeschäfte vorzuhalten und zu ordnungsgemäßer, unverzögerter Erledigung der Amtsgeschäfte zu ermahnen (§ 26 Abs. 2 DRiG). Danach unterliegt die richterliche Amtsführung insoweit der Dienstaufsicht, als es um die Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs und die äußere Form der Erledigung der Amtsgeschäfte oder um solche Fragen geht, die dem Kernbereich der eigentlichen Rechtsprechung so weit entrückt sind, dass sie nur noch als zur äußeren Ordnung gehörig anzusehen sind (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2000 - RiZ(R) 6/99, NJW-RR 2001, 498 m.w.N.).

Zur äußeren Form der Erledigung der Amtsgeschäfte kann auch die Art und Weise gehören, wie der Richter auf die Parteien oder deren Prozessvertreter in einer Verhandlung einwirkt. Allerdings gebietet es der Schutz der sachlichen Unabhängigkeit des Richters, nicht nur die eigentliche Rechtsfindung und den Rechtsspruch der Dienstaufsicht zu entziehen, sondern auch alle der Rechtsfindung nur mittelbar dienenden Sach- und Verfahrensentscheidungen, einschließlich nicht ausdrücklich vorgeschriebener, dem Interesse der Rechtssuchenden dienender richterlicher Handlungen, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des Richters, Recht zu finden und den Rechtsfrieden zu sichern, in Zusammenhang stehen (vgl. Joeres, DRiZ 2005, 321, 322 m.w.N.). Dementsprechend ist auch die Verhandlungsführung einer Dienstaufsicht weitgehend entzogen. Im Einzelfall kann sich jedoch die Ausdrucksweise, derer sich ein Richter in einer Verhandlung bedient, als vom Inhalt seiner richterlichen Tätigkeit abhebbares und dem äußeren Ordnungsbereich zurechenbares Formelement darstellen und deshalb dem äußeren Ordnungsbereich zuzuweisen sein. Wenn sie den sachlichen Inhalt einer Entscheidung nicht mitbestimmen, können "verbale Exzesse" deshalb der Dienstaufsicht unterfallen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1977 - RiZ(R) 2/77, BGHZ 70, 1, 5; Urteil vom 18. April 1980 - RiZ(R) 1/80, BGHZ 77, 70, 72).
b) Die Äußerung des Antragstellers gegenüber Z. (scil. dem AGDir), ob dieser ihn nicht verstehen wolle oder zu dumm sei, ihm zu folgen, hat der Dienstgerichtshof in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als der Dienstaufsicht unterfallenden "verbalen Exzess" in diesem Sinne eingeordnet.

aa) Inwieweit eine Äußerung eines Richters in einer Verhandlung als "verbaler Exzess" einzuordnen ist, unterliegt der Würdigung des Tatrichters. Dieser hat alle Umstände der Äußerung zu berücksichtigen, insbesondere deren Inhalt, Anlass und Zweck. Der Dienstgerichtshof hat bei seiner Würdigung ersichtlich alle Umstände des Einzelfalles in seine Erwägungen einbezogen. Er war nicht verpflichtet, diese im Einzelnen aufzuführen, nachdem bereits in den angefochtenen Bescheiden und den in der mündlichen Verhandlung beigezogenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts umfangreich dazu Stellung genommen worden war. Die Angriffe des Antragstellers, der Dienstgerichtshof habe einzelne Umstände außer Acht gelassen und die objektive Mehrdeutigkeit der Äußerung nicht erkannt, geht deshalb ins Leere.....

Die Äußerung des Antragstellers greift die Persönlichkeit des Z. an und ist geeignet, sie herabzuwürdigen. Es kommt, entgegen der Ansicht des Antragstellers, nicht darauf an, ob sie als Beleidigung im Sinne des Strafrechts einzuordnen ist und ob dem Antragsteller strafrechtlich betrachtet Rechtfertigungsgründe zur Seite stehen, nachdem er selbst mit dem Vorwurf der Voreingenommenheit konfrontiert worden ist. Maßgebend ist allein, dass die Äußerung objektiv herabwürdigend war. Ein Richter, der eine Partei sinngemäß als dumm bezeichnet, kann, wenn diese Äußerung nicht den sachlichen Inhalt einer Entscheidung mitbestimmt, die Unabhängigkeitsgarantie des Art. 97 Abs. 1 GG vernünftigerweise nicht mehr in Anspruch nehmen.


BGH, Urteil vom 22. Februar 2006 - RiZ(R) 3/05 - Dienstgericht bei dem Oberlandesgericht Zweibrücken; Dienstgerichtshof bei dem Oberlandesgericht Koblenz

AGG - Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz am 18.08.2006 in Kraft getreten

Das Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 ist am 17. August 2006 im Bundesgesetzblatt I auf den Seiten 1897 ff verkündet worden. Das Kernstück, nämlich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist hier als pdf-Datei zu finden.

Die zu Grunde liegenden Richtlinien sind:

1. der Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000

2. der Rahmen-Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000

3. der revidierten Gleichbehandlungs-Richtlinie 2002/73/EG v. 23. September 2002 (=Überarbeitung der Richtlinie 76/207/EWG)

4. der vierte Gleichstellungs-Richtlinie zur Gleichstellung der Geschlechter
außerhalb des Erwerbslebens 2004/ 113/EG vom 13. Dezember 2004


Hinweise zu den Entwürfen habe ich hier zusammengestellt.

Es fehlt mir die Zeit, jetzt schon auf die einzelnen Probleme der aktuellen Fassung einzugehen.
Deshalb zunächst nur die Dokumentation.

Ausführlicher LiNo hier mit Hinweis auf den Juris-Praxis-Report.

Freitag, 18. August 2006

Deutsche Bahn soll intensiver überwacht werden

Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums, publiziert am 18. Aug 2006
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BMI Pressemitteilung: Erklärung von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble zur Öffentlichkeitsfahndung im Fall der Sprengsatz-Funde in Regionalexpresszügen
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Zur Öffentlichkeitsfahndung zu den mutmaßlichen Tätern im Fall der Sprengsatz-Funde in Regionalexpresszügen am 31.Juli 2006 in Koblenz und Dortmund erklärt Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble: "Das Bundeskriminalamt hat soeben die Öffentlichkeit um Unterstützung bei der Fahndung im Fall der am 31.Juli in Regionalzügen in Dortmund und Koblenz gefundenen Sprengsätzen gebeten. Die umfangreichen Ermittlungen des Bundeskriminalamts haben es insbesondere durch Auswertung von Videoaufnahmen auf dem Kölner Hauptbahnhof möglich gemacht, dass nun Bildmaterial zu zwei mutmaßlichen Tätern zur Verfügung steht.

Die beiden Sprengsätze waren sehr gefährlich. Sie sollten zünden. Tote und Verletzte wären die Folge gewesen. Wir müssen dieses Ereignis sehr ernst nehmen. Und wir müssen leider davon ausgehen, dass die Gefahr einer Wiederholung dieser Anschlagsversuche weiterhin besteht.

Daher ist die öffentliche Fahndung nach diesen Personen erforderlich. Ich bitte die Bevölkerung dabei um Unterstützung. Melden Sie sich in jedem Fall schnell bei der Polizei, wenn sie Angaben zu den beiden Personen machen können!

Die öffentliche Fahndung ist kein alltäglicher Schritt. Sie ist wohl überlegt. Ich bitte die Bürgerinnen und Bürger um einen ruhigen Umgang mit dieser Situation. Es gilt wachsam zu sein und Auffälligkeiten der Polizei zu melden.

Die Sicherheitsmaßnahmen in der Bahn haben wir der aktuellen Lage angepasst. Das heißt auch, dass die Bundespolizei bestimmte Bereiche noch intensiver überprüft. Ich bitte um Verständnis dafür, dass die Bundespolizei dazu in einigen Fällen auch Reisende ansprechen und ihr Gepäck kontrollieren wird. Dies geschieht zur Sicherheit der Reisenden und des Bahnverkehrs. Ich bin mir sicher, dass dies von den Reisenden verstanden wird. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anlass, die Bahn und die öffentlichen Verkehrsmittel zu meiden.

Die versuchten Bombenanschläge hätten schlimme Folgen gehabt. Wir müssen daher auch einige Sicherheitsaspekte überdenken und neu ausrichten. Bei der Videoüberwachung werden wir die Situation deutlich verändern müssen. Es hat sich hier gezeigt, dass die Videoüberwachung entscheidende Ermittlungsansätze liefert und dass wir dadurch die wertvollen Erkenntnisse über die mutmaßlichen Täter erhalten haben. Die Möglichkeit, die Täter ausfindig zu machen, hat sich dadurch erheblich verbessert.

Die Bahn AG hat sehr gute Videoaufnahmen zur Verfügung stellen können. Ich bin der Deutschen Bahn dankbar, dass sie sich bereit erklärt, in der Sicherheitspartnerschaft mit der Bundespolizei ihre schon sehr gute Videoüberwachung im Interesse der Sicherheit ihrer Kunden weiter auszubauen. Wir brauchen die Videoüberwachung aber auch in anderen öffentlichen Bereichen, die ebenso gefährdet sind. Das gilt insbesondere für den öffentlichen Nahverkehr.

Die genauen Hintergründe der Täter und ihrer Planungen kann man noch nicht abschließend beurteilen. Es entspricht aber schon seit langem unserer Einschätzung, dass Anschläge auch unser Land treffen können. Unsere Sicherheitsbehörden sind gut aufgestellt: Es ist ihnen in den vergangenen Jahren gelungen, durch Frühaufklärung und hohen Fahndungs- und Ermittlungsdruck Anschläge in Deutschland zu verhindern.

Gleichwohl gibt auch dieser Vorfall Anlass nachzudenken, wie wir unser Instrumentarium verbessern können. Wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen. Nach der Sommerpause steht das so genannte Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz zum Beschluss an. Ich hoffe, das dies schnell geschieht. Zwischen Bund und Ländern besteht Einvernehmen, dass die gesetzliche Grundlage für die gemeinsame Anti-Terror-Datei der Sicherheitsbehörden unverzüglich geschaffen wird. Diese Datei benötigen wir dringend, um den Informationsaustausch unserer Sicherheitsbehörden angemessen und zeitgemäß unterstützen zu können. Dasselbe gilt für die Nutzung der Mautdaten. Über die Einführung präventiver Befugnisse für das Bundeskriminalamt haben wir uns bei der Föderalismusreform verständigt. Auch hier werden wir für eine rasche Umsetzung sorgen.

Wir werden die aktuellen Erkenntnisse auch zum Anlass nehmen, die Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Bahnverkehrs und der Bahnreisenden noch einmal systematisch zu überprüfen.

Lassen Sie mich zum Schluss dem Bundeskriminalamt für die gute Ermittlungsarbeit danken. Ich bitte die Bürgerinnen und Bürger, diese Arbeit zu unterstützen."

100 EURO Unterhalt im Monat für Hündin Angie - bis an ihr Lebensende

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat im Urteil des 2. Zivilsenats vom 12. Mai 2006 – 2 UF 87/05 – dem "ehelichen Hund" Angie Unterhalt bis zum Lebensende zu gesprochen: Bei der Scheidung hatten frühere Eheleute vertraglich vereinbart, dass der Ehemann für den gemeinsamen Hund Angie, der bei seiner Frau bleiben sollte, bis zu dessen Tod monatlich 100 € zahlen sollte. Dem Mann erschien diese Alimente dann nach einiger Zeit doch zu hoch und er kündigte den Vertrag einseitig auf. Frauchen wehrte sich dagegen und verklagte ihn vor dem Familienrichter des Amtsgerichts Ludwigshafen, der ihr Recht gab. Der Beklagte rief dagegen das Oberlandesgericht mit der Berufung an, das jedoch auch „für den Hund" entschied, so dass die monatliche Hundepension bis zu Angies Ableben gezahlt werden muss.Hier ist die kurze Pressemeldung veröffentlicht.

Letzte Brechmitteleinsätze in Berlin

Seit dem Bekanntwerden der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 11.07.2006 wird in Berlin kein Brechmittel mehr eingesetzt. Vorher wurde innerhalb des Zeitraums vom 01. März 2004 bis 18. Juli 2006 das Vomitivmittel Ipecacuanha insgesamt in 101 Fällen angewendet. Davon erfolgte in 94 Fällen der Einsatz des Brechmittels auf freiwilliger Basis und in 7 Fällen wurde ein zwangsweiser Brechmitteleinsatz durchgeführt. Weiteren zwölf Personen wurden im obigen Zeitraum Brechmittelverabreichungen lediglich angedroht.

Insgesamt führte die Brechmittelvergabe innerhalb des angegebenen Zeitraums in - 35 - Fällen zum Erfolg, d.h. zum Auffinden von betäubungsmittelverdächtigem Inhalt. Hinsichtlich zu zahlenden Schmerzensgeldes hielt sich der Berliner Senat bedeckt.

Quelle hier.

Donnerstag, 17. August 2006

Urheberrechtsreform - zweiter Korb - im Überblick

Wieder einmal eine nützliche und zeitsparende Kurzübersicht des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages: Der „Zweite Korb“ der Urheberrechtsreform.

Erweiterte Kronzeugenregelung? Nein danke!

Das berufsübergreifende Nein zur geplanten Kronzeugenregelung ist hier kurz zusammengefasst.

Postpakete abgefackelt

Wer mit Anhänger fährt, sollte nicht vergessen, die Bremse zu lösen. In Aschaffenburg ging es schief: Ein mit Postpaketen beladener Anhänger geriet im Hafengebiet in Brand. Erst liefen die Bremsen heiß, dann brannten Reifen und schließlich der gesamte Anhänger. Einzelheiten bei Spiegel online.

Mittwoch, 16. August 2006

Salvatorische Klausel hilft nicht immer

Ein unwirksamer Verzicht auf nachehelichen Unterhalt in einem Ehevertrag kann dazu führen, dass trotz einer salvatorischen Klausel (sinngemäß: Unwirksamkeit einzelner Klauseln führt nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages) der gesamte Vertrag unwirksam ist. So der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 17.05.2006 -
XII ZB 250/03 - .

Der Leitsatz:

Ergibt bereits die Gesamtwürdigung eines Ehevertrags, dessen Inhalt für eine Partei ausnahmslos nachteilig ist und dessen Einzelregelungen durch keine berechtigten Belange der anderen Partei gerechtfertigt werden, dessen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB), so erfasst die Nichtigkeitsfolge notwendig den gesamten Vertrag; für eine Teilnichtigkeit bleibt in einem solchen Fall kein Raum. Insbesondere lässt sich die Nichtigkeit des vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nicht deshalb verneinen, weil bereits der Ausschluss des nachehelichen Unterhalts seinerseits nichtig sei und die benachteiligte Partei deshalb mit Hilfe des Altersvorsorgeunterhalts eine eigene Altersvorsorge aufbauen könne.


Vgl. die Zusammenfassung hier.

Der vereinbarte Unterhaltsausschluss ist sittenwidrig und damit gemäß § 138 BGB nichtig. Ein Unterhaltsausschluss in einem Ehevertrag ist dann nichtig, wenn sich als Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar ist.

Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die Antragsgegnerin war beim Vertragsschluss erst 23 Jahre alt, in Deutschland fremd und der deutschen Sprache nicht mächtig. Sie verfügte über keine Ausbildung und hätte ohne die Eheschließung weder eine Aufenthalts- noch eine Arbeitserlaubnis erhalten. Sie befand sich gegenüber dem Antragsteller, der elf Jahre älter, in Deutschland beheimatet und im öffentlichen Dienst wirtschaftlich abgesichert war, in einer sehr viel schwächeren Verhandlungsposition. Diese Unterschiede stellen eine evident einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Antragsgegnerin dar.

Entgegen der Auffassung des OLG bewirkt die Nichtigkeit des Unterhaltsauschlusses die Nichtigkeit des gesamten Ehevertrags. Daran ändert auch die von den Parteien verwendete „salvatorische Klausel“ nichts, dass nämlich eine etwaige Ungültigkeit einzelner Bestimmungen des Vertrags auf dessen Fortbestand und auf die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen keinen Einfluss haben sollte.

Die Wirksamkeitskontrolle eines Ehevertrags erfordert eine Gesamtwürdigung aller Umstände. Die Wirkungen der Nichtigkeit können damit nicht nur auf einzelne Teile eines Ehevertrags beschränkt werden. Im Übrigen ist der Versorgungsausgleich auch den Scheidungsfolgen zuzurechnen. Der in §§ 1361, 1578 BGB geregelte Vorsorgeausgleich kann die Scheidungsfolgen nicht ausgleichen, da er lediglich die Zeit ab Zustellung des Scheidungsantrags betrifft, nicht aber den Versorgungserwerb während der Ehezeit.

Doping und Strafrecht in Deutschland

Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages beschäftigt sich übersichtlich mit der strafrechtlichen Würding von Doping bei Sportlern. Lesenswert.

Donnerstag, 10. August 2006

Torpedoklagen

Aus Wissen.de Nachrichten (dank eines Hinweises von RA Thomas J. Lauer, der es in der Financial Times Deutschland gefunden hat, in einer Mailingliste):

In Europa muss schnell geklagt werden - sonst ist man schnell der Dumme. Säumige Schuldner sind nämlich in der Lage, durch eine schnelle Klageerhebung - zum Beispiel durch eine negative Festzstellungsklage - bei einem unzuständigen Gericht in Ländern, deren Gerichte besonders lange brauchen, um Entscheidungen zu treffen, die Klage des Gläubigers bei dem zuständigen Gericht zu "torpedieren", weil das später angerufene Gericht gemäß Artikel 27 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 (entspricht der Regelung, die vorher das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 in der Fassung des 4. Beitrittsübereinkommens enthielt) das später eingeleitete Verfahren aussetzen muss, bis das zuerst in einen anderen EG-Land angerufene Gericht über seine Zuständigigkeit bzw. Unzuständigkeit entschieden hat. Und das kann dauern ....
Artikel 27

(1) Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht.

(2) Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht zugunsten dieses Gerichts für unzuständig.
Wissen de zitiert:

"Vielen Unternehmen ist diese Gefahr nicht bewusst", warnt auch Reinhold Thode. Der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof, der derzeit Schiedsrichter am Mitteldeutschen Schiedsgericht ist, weiß von mehreren Fällen - insbesondere im gewerblichen Rechtsschutz und in der Baubranche - zu erzählen. So habe etwa ein Bauherr von seinem italienischen Auftragnehmer außergerichtlich einen Vorschuss für die Beseitigung von Baumängeln eingefordert. Das italienische Unternehmen fackelte nicht lange und reichte in seinem Heimatland eine negative Feststellungsklage ein - um Zeit zu schinden. Schließlich stehen die italienischen Gerichte nicht im Ruf, besonders hurtig zu entscheiden. Die "Torpedo-Taktik" ist nach ihnen benannt.

Samstag, 5. August 2006

Bei Rot gefahren - in der Psychiatrie angekommen

Kleine Anfragen machen es möglich: Erlebnisse auf dem Berliner Columbiadamm am 07.05.2006, dargestellt von der Senatsverwaltung für Inneres im Berliner Abgeordnetenhaus:
Nachdem der Fahrzeugführer des mit zwei Mann besetzten Motorrollers bereits vier Rotlicht abstrahlende Lichtsignalanlagen in Berlin-Neukölln missachtet hatte und zuvor alle Anhalteversuche der Polizeibeamten (Zeigen des angeschalteten Polizeianhaltstabes sowie mehrfache verbale Aufforderungen an den Fahrzeugführer, den Motorroller anzuhalten) gescheitert waren, gelang es im Zuge der Nacheile den Motorroller zu überholen und durch permanente Drosselung der Geschwindigkeit und letztendlich durch das Querstellen des Gruppenwagens das Fahrzeug zum Stehen zu bringen.

Im Nachhinein wurde am Gruppenkraftwagen der eingesetzten Beamten ein ca. 20 cm langer Kratzer festgestellt. der vermutlich durch eine Berührung mit dem Spiegel bzw. Lenker des Motorrollers entstand. Der Vorfall wurde als Verkehrsunfall aufgenommen.

Bei dem Versuch, den Fahrer des Motorrollers zum inzwischen eingetroffenen Transportfahrzeug zu ver¬bringen, kam es zu Widerstandshandlungen gegenüber den eingesetzten Beamten: Der Motorrollerfahrer konnte sich von den abführenden Beamten losreißen und schlug mit seinem Kopf mehrmals gegen das Heck des Gruppenkraftwagens, wodurch eine 2-3 cm große Delle entstand. Bei dem Versuch. den Beschuldigten an diesen Hand-lungen zu hindern, wurde eine Beamtin durch einen dieser Kopfstöße im Gesicht getroffen. Darüber hinaus kam es zu Beleidigungen des Motorrollerfahrers gegenüber der Bcamtin: (., Du Nazi: Du hast schon Juden ermordet").

Kurz darauf schrie der Fahrer des Motorrollers wiederholt lautstark, dass er sich umbringen und sterben wolle. versuchte sich loszureißen und sich vor ein vorbeifahrendes Fahrzeug zu werfen.

Dies konnten die Beamten verhindern, indem sie die Person festhielten und dann in den Gruppenwagen brachten. Dort erklärte er immer wieder, dass er sich töten werde und ihn auch die Beamten daran nicht hindern könnten, da das Leben für ihn nicht mehr sinnvoll sei.

Nach Identitätsfeststellung wurde der Sozius entlassen. Der Fahrer des Motorrollers wurde dem Klinikum Am Urban zugeführt.
Mehr hier.

Donnerstag, 3. August 2006

Basiszinssatz seit 01.07.2006: 1,95%

Seit dem 01.07.2006 ist der Basiszinssatz um 0,58% höher als vorher. Er stieg von 1,37% auf 1,95%. Hierzu die Pressemeldung der Deutschen Bundesbank.

Die Entwicklung des Basiszinssatzes gemäß § 247 Absatz 2 BGB ist hier zu finden.

Verzugszinssatz daher seit dem 01.07.2006: 6,95%.