Sonntag, 30. April 2006

Steuerliche Anforderungen an Fahrtenbuch

Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt allerdings, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils (Privatfahrten einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen.

Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und dass es die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergibt. Bundesfinanzhof - Urteil vom 9. November 2005 VI R 27/05 -
------------------------------------------------------------------------------------------
a) Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt allerdings, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen.

b) Dazu gehört auch, dass das (zeitnah und in geschlossener Form zu führende) Fahrtenbuch die nicht als Arbeitslohn zu erfassende anteilige berufliche Verwendung des Dienstwagens in einer schlüssigen Form belegt. Die Aufzeichnungen müssen daher zu den geschäftlichen Reisen Angaben enthalten, anhand derer sich die berufliche Veranlassung der Fahrten plausibel nachvollziehen und gegebenenfalls auch nachprüfen lässt. Hierfür hat das Fahrtenbuch neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner bzw. --wenn ein solcher nicht vorhanden ist-- den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung (wie etwa den Besuch einer bestimmten behördlichen Einrichtung, einer Filiale oder einer Baustelle) aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch reichen allenfalls dann aus, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt, oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind.

c) Dabei ist jede einzelne berufliche Verwendung grundsätzlich für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten (z.B. wenn nacheinander mehrere Kunden an verschiedenen Orten aufgesucht werden), so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Es genügt dann die Aufzeichnung des erst am Ende der gesamten Reise erreichten Kfz-Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wird andererseits der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen, so stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist.

d) Die genannten Angaben müssen sich in hinreichend übersichtlicher und geordneter Form regelmäßig schon aus dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen und dadurch eine stichprobenartige Überprüfung ermöglichen. Das schließt es nicht aus, im Fahrtenbuch gegebenenfalls auch Abkürzungen für bestimmte, häufiger aufgesuchte Fahrtziele und Kunden oder für einzelne regelmäßig wiederkehrende Reisezwecke zu verwenden, solange die gebrauchten Kürzel entweder aus sich heraus verständlich oder z.B. auf einem dem Fahrtenbuch beigefügten Erläuterungsblatt näher aufgeschlüsselt sind (vgl. dazu etwa die Erleichterungen im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 12. Mai 1997 IV B 2 -S 2177- 29/97, BStBl I 1997, 562, Tz. 21, und in H 31 (9-10) "Erleichterungen bei der Führung eines Fahrtenbuchs" der Lohnsteuer-Richtlinien --LStR-- in der seit 2000 geltenden Fassung) und solange der geschlossene Charakter der Fahrtenbuchaufzeichnungen dadurch nicht beeinträchtigt wird. Bundesfinanzhof - Urteil vom 16. März 2006 VI R 87/04 -
-------------------------------------------------------------------------------------------
Computerdatei als ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Leitsätze

1. Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden.

2. Kann der Arbeitnehmer den ihm überlassenen Dienstwagen auch privat nutzen und wird über die Nutzung des Dienstwagens ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt, so ist der zu versteuernde geldwerte Vorteil nach der 1 v.H.-Regelung zu bewerten. Eine Schätzung des Privatanteils anhand anderer Aufzeichnungen kommt nicht in Betracht. - BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.11.2005, VI R 64/04 -

Samstag, 29. April 2006

Zweitwohnungssteuergesetz in Berlin rückwirkend geändert

Das 3. Gesetz zur Änderung des Berliner Zweitwohnungsteuergesetzes vom 19. April 2006 wurde am 29.04.2006 im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin, Seite 347 verkündet. Danach wird in § 2 Abs. 7 Satz 1 des Berliner Zweitwohnungssteuergesetzes nach wird nach Nummer 6 eine Nr. 7 eingefügt, die wie folgt lautet:

„7. für die Innehabung einer Wohnung, die von einer verheirateten oder in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Person, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehe- oder Lebenspartner ist, aus beruflichen Gründen gehalten wird, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung ist und außerhalb des Landes Berlin liegt.“


Übergangsbestimmungen:

Diese Regelung des § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 7 ist erstmalig für den Besteuerungszeitraum 2006 anwendbar sowie für vorherige Besteuerungszeiträume, soweit keine materiell bestandskräftigen Steuerfestsetzungen vorliegen.

Bestandskräftige Steuerfestsetzungen für Besteuerungszeiträume ab 2006 sind aufzuheben oder zu ändern, soweit § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 7 Anwendung findet.

Das Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2006 in Kraft.

Vgl. LiNo hier zur Heranziehung von Studenten zur Zweitwohnungssteuer.

Donnerstag, 27. April 2006

Google maps jetzt in deutscher Fassung

Seit dem 27.04.2006: Google maps kann in der deutschen Version verwendet werden. Es funktioniert gut - einfach die Anschrift eingeben - dann gelangt man schnell zur Karte, zur Satellitenansicht und der Hybridfunktion (Satellitenansicht mit Straßennamen).

Vorläufig keine Schülergerichte (Teencourts) in Berlin

Der Berliner Senat will entgegen ersten Äußerungen der Justizsenatorin Schubert dem Vorschlag zur Einrichtung von „Schülergerichten“ aus durchaus nachvollziehbaren Erwägungen derzeit nicht folgen.

In der Antwort auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Christoph Meyer (FDP) heißt es:

Zwar ist der Auffassung zuzustimmen, dass die an rechtlichen Themen orientierte Projektarbeit in Schulen ausgebaut werden muss, um Schülerinnen und Schülern Gelegenheit zu geben, aus eigener Anschauung wichtige Bereiche des Rechts – auch des Jugendstrafrechts – kennen und Verantwortung für andere Menschen übernehmen zu lernen.

Diesem Anliegen trägt der Senat jedoch bereits jetzt Rechnung. Die Landeskommission gegen Gewalt hat die Gründung von Jugendrechtshäusern in Berlin befürwortet und unterstützt. Sie hat sich insbesondere an der Entwicklung des „Rechtskundepakets“ beteiligt. Dieses leistet heute beispielsweise nicht nur Rechtsberatung und bietet nicht nur Seminare zum Thema „Gewalt und Gewaltprävention“ an, sondern führt unter Beteiligung von Vertretern der Gerichte und der Staatsanwaltschaft insbesondere auch Rechtskundeunterweisungen im Rahmen eines ein-wöchigen Projektes durch. Das Jugendrechtshaus Kreuzberg, das Zentrum des Jugendrechts Mitte sowie das Jugendrechtshaus im Kinder- und Jugendzentrum Lessing-höhe lassen dabei die Schüler ihren eigenen jugendstrafrechtlichen Fall entwickeln und die Projektbetreuer spielen diesen mit ihnen bis zum Urteil durch. Dadurch vermittelt das „Rechtskundepaket“ in bemerkenswerter Form Rechtskenntnisse und schafft so letztlich Rechtsbewusst-sein. Einer der zwei vergebenen ersten Plätze beim „Berliner Präventionspreis 2005“ ging denn auch an ein solches Projekt.

Die Einführung von sogenannten „Schülergerichten“ ist zwar eine bedenkenswerte Idee, die der Auseinandersetzung des Täters mit seiner Tat dienen kann, sie wirft jedoch auch Probleme auf.

Sowohl das Jugendgericht als auch die am Diversionsverfahren beteiligten Personen können aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrungen die Persönlichkeit eines jugendlichen Straftäters wesentlich zuverlässiger einschätzen, als dies Mitschüler könnten. Der weiteren persönlichen Entwicklung des jugendlichen Täters ist zudem mehr gedient, wenn sein Tatverhalten nicht Gesprächsstoff in der Schule und damit in seinem unmittelbaren Umfeld wird.

Straftatauslösende Faktoren, wie beispielsweise familiäre Verhältnisse, können in der schulinternen Öffentlichkeit nicht diskutiert werden, da hier auch Belange Dritter berührt werden.

Die behauptete „Lücke zwischen dem Mittel der Verfahrenseinstellung ohne Auflagen und den ‚üblichen‘ Maßnahmen, wie Sozialstunden“, ist in Berlin spätestens seit April 1999 mit dem Beginn des Probelaufs der Diversionsrichtlinie geschlossen worden.

Die Fallzahlen der vor Schülergerichten verhandelten Straftaten wären derart gering, dass sich die ausweislich der Antragsbegründung damit verbindende Erwartung einer „frühzeitigen Verhinderung des Eintritts Jugendlicher in eine kriminelle Karriere“, die eine gewisse Breitenwirkung voraussetzt, gar nicht erfüllen könnte.

Wirksamkeit und Nutzen der Zwischenschaltung einer von der Staatsanwaltschaft geführten weiteren „Instanz“ drängen sich auch schon deshalb nicht auf, da hierdurch der zeitliche Abstand zwischen Tat und richterlicher Entscheidung zwangsläufig gegenüber der sofortigen Anordnung der Maßnahme nach § 45 Abs. 2 JGG verlängert wird.

Berlin, den 11. April 2006 Karin Schubert, Senatorin für Justiz

Statistik 2005 der gerichtlich angeordneten TK-Überwachungsmaßnahmen

Die Bundesnetzagentur veröffentlicht die Statistik (auch ein Diagramm) über Telekommunikations-Überwachungsmaßnahmen im Jahr 2005.

35.015 Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation sowie 7.493 Verlängerungsanordnungen wurden erlassen. Die Anordnungen betrafen 34.855 Rufnummern von Mobilfunkanschlüssen und 5.398 Rufnummern von Festnetzanschlüssen (analog und ISDN). Die Entwicklung der Anzahl überwachter Rufnummern für die Jahre 1998 bis 2005 stellt die Grafik dar.


Die Betreiber von Telekommunikationsanlagen sind verpflichtet, den berechtigten Stellen die Überwachung der Telekommunikation zu ermöglichen, eine Jahresstatistik über die nach der Strafprozessordnung durchgeführten Überwachungsmaßnahmen zu erstellen und der Bundesnetzagentur zu übermitteln. Nach der Strafprozessordnung dürfen Überwachungsmaßnahmen der Telekommunikation nur in Fällen besonders schwerer Kriminalität angewendet werden. Dazu bedarf es einer richterlichen Anordnung. Vgl. hier.

Im übrigen hier.

Quelle: Pressemitteilung.

Mittwoch, 26. April 2006

Amtsgericht Mitte und Landgericht Berlin - Littenstraße - via Satellit

Landgericht Berlin - Tegeler Weg - via Satellit

Gericht nach dem Muster eines Klosters: das Landgericht Berlin am Tegeler Weg in Berlin-Charlottenburg von oben - gefunden über Google Maps.

Amtsgericht Spandau via Satellit

Hier ist das Amtsgericht Spandau am Altstädter Ring von oben abgebildet - auch über Google Maps.

JVA Tegel via Satellit

Der große Komplex der Justizvollzugsanstalt Tegel von oben - Google Maps macht es möglich.

Kriminalgericht Moabit und JVA Moabit via Satellit

Gut zu sehen und mehr zu vergrößern - der Komplex des Kriminalgerichts Moabit von oben (Amtsgericht Tiergarten und Landgericht Berlin - Strafsachen -, Staatsanwaltschaft, Amtsanwaltschaft) bei Google Maps. In der Kirchstr.: die ausgelagerten Verkehrsabteilungen, Wirtschaftsabteilungen und wenige allgemeine Strafabteilungen.

Am 17. April 1906 ließ Kaiser Wilhelm II. seinen neuen Justizpalast einweihen. Die Eingangshalle, der „vornehmste Raum“, ist knapp 30 Meter hoch und 27 Meter breit. Die Treppenaufgänge wurden mit allegorischem Figurenschmuck aus Sandstein ausgestattet. Es sind Darstellungen von Justitia, der Gerechtigkeit, aber auch von der Streitsucht, der Friedfertigkeit, der Lüge, der Wahrheit und der Religion. Der Tagesspiegel berichtet über das Jubiläum.

Amtsgericht Charlottenburg via Satellit

Jetzt auch leicht zu finden: das Amtsgericht Charlottenburg von oben bei Google Maps.

Amtsgericht Schöneberg II - Grundbuchamt via Satellit

So sieht das Grundbuchamt Schöneberg von oben bei Google Maps aus.

Amtsgericht Schöneberg via Satellit

Das Amtsgericht Schöneberg von oben - via Google Maps.

Starrer Fristenplan im Mietvertrag - Umfang der Renovierungspflicht

Wer es selbst nachlesen will: Das in der Presse und im Fernsehen erwähnte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.04.2006 ist hier zu finden.

Der Leitsatz:

a) Ein formularmäßiger Fristenplan für die vom Mieter vorzunehmenden Schönheitsreparaturen ist auch dann starr und benachteiligt einen Mieter unangemessen i.S.d. § 307 BGB, wenn die Fristen allein durch die Angabe eines nach Jahren bemessenen Zeitraumes ohne jeden Zusatz bezeichnet sind.


b) Eine Klausel über die quotenmäßige Abgeltung angefangener Renovierungsintervalle verliert ihre Grundlage, wenn die vertragliche Regelung über die Abwälzung der Schönheitsreparaturenverpflichtung auf den Mieter unwirksam ist.

BGH, Urteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 178/05 - LG Wuppertal - AG Velbert

Kriminaloberkommissar aus Trier als Bankräuber festgenommen

Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Trier: Am 24.04.2006 gegen 08.30 Uhr wurde die Zweigstelle der Volksbank Trier in Trierweiler-Sirzenich durch einen maskierten und mit einer Pistole bewaffneten Täter überfallen. Der Täter händigte dem Filialleiter einen DIN-A4-Bogen mit der handschriftlich formulierten Forderung nach Bargeld aus. Er verlieh seiner Forderung Nachdruck, indem er die Jacke öffnete, unter der eine Pistole zum Vorschein kam. Daraufhin wurde ihm Bargeld in fünfstelliger Höhe ausgehändigt. Anschließend flüchtete der Täter mit einem Pkw Peugeot 206 mit Kölner Kennzeichen.

Im Zuge der Fahndung stellte die Polizei ein solches, allerdings mit luxemburgischem Kennzeichen versehenes Fahrzeug an einer Grillhütte in der Gemarkung Liersberg fest. Eine Überprüfung ergab Spuren, die auf ein nur vorübergehendes Anbringen eines weiteren Kennzeichens hindeuteten. Das Fahrzeug war auf eine Halterin in Luxemburg zugelassen. Ermittlungen der luxemburgischen Polizei ergaben, dass diese mit einem beim Polizeipräsidium Trier beschäftigten Kriminalbeamten befreundet ist. Da die von Zeugen abgegebene Täterbeschreibung in Größe, Figur und Körperhaltung dem betreffenden Kriminalbeamten entsprachen, richtete sich ein Tatverdacht gegen diesen.

Nachdem sich der Tatverdacht weiter verdichtet hatte, übernahm das Polizeipräsidium Koblenz auf Ersuchen des Polizeipräsidiums Trier mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft in den gestrigen Abendstunden die Ermittlungen, die zur weiteren Erhärtung des Tatverdachts führten.

Der verdächtige Kriminalbeamte, ein 52 Jahre alter Kriminaloberkommissar, stellte sich heute Vormittag in den Räumen des Polizeipräsidiums Trier, wo er vorläufig festgenommen wurde. Er hat die Tat zugegeben und die ermittelnden Beamten zum Versteck der Beute geführt. Das an dem Tatfahrzeug angebrachte Kennzeichen (K-…) hatte er selbst hergestellt.

Als Tatmotiv gibt er finanzielle Schwierigkeiten an. Die Staatsanwaltschaft Trier hat Antrag auf Erlass eines Haftbefehls wegen dringenden Verdachts der räuberischen Erpressung gestellt.

Dienstag, 25. April 2006

Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg via Satellit

Google Maps macht es möglich: So sieht das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg mit Altbau , Erweiterungsbauten und dem Komplex des Familiengerichts von oben aus.

Google maps wird besser

Intern.de weist auf die Kehrtwende von Maps zu Local zurück zu Maps und die Verbesserungen bei Google Maps hin.

Die Suche ist bedeutend einfacher geworden, weil im Fenster rechts unten je nach Einstellung Städte, Orte und Straßen Straßen angezeigt werden, die eine Orientierung ermöglichen.

Via Satellit sind die Lichtenrader Notizen zum Beispiel hier zu finden.

Antwort des Strafrichters Koch an den Pressesprecher des Bischofs Huber

Sehr geehrter Herr V....,

ich hatte eigentlich gehofft, Bischof Huber würde sich selbst "herablassen", auf meine E-Mail zu antworten. Hoffentlich hat er den Text wenigstens persönlich gelesen und erst danach entschieden, mir durch Sie als den Pressesprecher der EKD eine Antwort zukommen zu lassen.

Diese Antwort enttäuscht - mich und viele Juristinnen und Juristen, die meine kritischen Anmerkungen unterstützend zur Kenntnis genommen hatten.

Ich habe jetzt nicht die Absicht, mit Ihnen eine Diskussion zu beginnen oder fortzuführen. Trotzdem einige wenige Anmerkungen:


1. Ein "Eindruck, der auch durch die Urteilsgründe nicht ausgeräumt ist", reicht Ihnen - und etwa auch dem Bischof Huber? - für eine öffentliche moralische Verurteilung der Freigesprochenen? Entschuldigung, aber da fehlen mir die Worte.

Das ist das Niveau des Mediums, dem Bischof Huber das Interview gegeben hat. Aber dass auch Sie so argumentieren, irritiert mich zumindest.


2. Unser Rechtssystem kennt keinen Freispruch "aus Mangel an Beweisen" im Gegensatz zu einem Freispruch "wegen erwiesener Unschuld" - und das ist gut so! Es wäre auch Aufgabe der Kirchen, dies zu vermitteln und nicht argumentativ zurückzufallen in Zeiten, die wir überwunden glaubten. Schlimm genug, wenn in Teilen der Öffentlichkeit noch immer der "Freispruch 2. Klasse" zu existieren scheint. Aber bei Ihnen? Und dass er dann sogar argumentativ herhalten muss für eine anschließende öffentliche Diffamierung wegen wenn schon nicht strafrechtlich fassbarer dann wenigstens "moralischer Schuld", macht schon mehr als nachdenklich. Ich hoffe, dass Sie und Bischof Huber in unserer gemeinsamen Kirche insoweit eine absolute Mindermeinung vertreten.

3. Ein Strafrechtssystem in einem demokratischen Staat muss auf individuelle Schuld ausgerichtet sein. Alles andere wäre ein Rückfall in längst vergangene Zeiten und Denkweisen.

Es gäbe noch manches zu sagen. Aber nachdem ich Ihre Antwort gelesen habe, fürchte ich, auf taube Ohren zu stoßen. Also lasse ich es damit gut sein - zumindest hier.

Die begonnene öffentliche Diskussion wird allerdings weitergehen.

Freundliche Grüße
Karsten Koch

Bischof Huber lässt dem Strafrichter Koch antworten

Eine persönliche Antwort waren dem Bischof die schwergewichtigen und gut durchdachten Argumente des Strafrichters Karsten Koch nicht wert ....:

Die Antwort des Pressesprechers:

Sehr geehrter Herr Koch,

Das Büro des Ratsvorsitzenden hat mich gebeten Ihr Mail vom 23. April zu
beantworten. Diese Antwort verbinde ich ausdrücklich mit dem Dank für Ihr
langes und argumentatives Mail. Ich denke es ist gut, wenn sich Menschen
über unterschiedliche Ansichten auseinandersetzen.

Sie haben richtig gelesen, der Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, hat
in einem Interview mit BILD und in verschiedenen Stellungnahme anschließend
- unter anderem in der ARD-Sendung Panorama und in der ARD-Talkshow "Sabine
Christiansen" - inhaltlich festgestellt, dass die vorliegende Beweislage
dieses Urteil bedingt habe - so etwa in seiner Äußerung in der ARD-Sendung
"Panorama" oder auch am gestrigen Abend in der Sendung "Christiansen":
"Niemand soll sich täuschen, auch wenn die Beweislage zu einer Verurteilung
der älteren Brüder nicht ausgereicht hat, dass sie moralisch mitschuldig
sind, dass wir es hier mit einer Art von kollektivem Verbrechen zu tun
haben, bei dem unser Individualstrafrecht sowieso an Grenzen stößt, das ist
überdeutlich." Er spricht von einer moralischen Mitschuld derer die
freigesprochen worden sind. Der Eindruck ist auch durch das Urteil und die
bisher bekannte mündliche Begründung des Urteils nicht ausgeräumt, dass der
Gedanke eines "Ehrenmords" nach dem traditionalistischen Verständnis
islamischer Ethnien im Hintergrund stehen könnte. In der Pressemitteilung
des Gerichts heißt: Die Kammer "sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte
bei der Tötung heimtückisch, d. h. unter Ausnutzung der Wehrlosigkeit des
durch den plötzlichen Angriff überraschten Opfers gehandelt hat. Sie hat
weiter festgestellt, dass der Angeklagte aus niedrigen Beweggründen seine
Schwester tötete, da er sich der Familienehre wegen, die er durch den
Lebensstil seiner Schwester verletzt sah, als Vollstrecker über deren
Lebensrecht erhob. Als Maßstab für die Bewertung des Tatmotivs hat die
Kammer auf die Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik
Deutschland abgestellt." So muss doch die Frage einer moralischen
Mitverantwortung gestellt werden, auch wenn die Brüder nicht wegen
erwiesener Unschuld, sondern aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden,
wie in der Pressemitteilung ausgeführt wird.

So hat der Ratsvorsitzende nicht mehr zu wissen als das Gericht, wie er etwa
in der Sendung "Panorama" ausdrücklich feststellt: "Also ich beteilige mich
jetzt nicht an der Aufgabe, die dieses Gericht hatte. Würdige jetzt nicht
die einzelnen Beweise. Aber wenn Sie so wollen, ist auch noch die Reaktion
darauf ein Hinweis, die Interpretation, die die Familie selber gegeben hat.
All das spricht eine deutliche Sprache."

Ziel dieser Äußerung des Ratsvorsitzenden wie auch anderer Äußerungen, ist
es auf keinen Fall die Rechtmäßigkeit eines Rechtsurteils in Frage zu
stellen, sondern die Frage an unseren Rechtsstaat zu richten, ob das
vorhanden und auf individualistische Schuld ausgerichtete Rechtssystem
ausreicht, diesem Phänomen des Ehrenmord aus islamischer Tradition zu
begegnen. Diese Frage ist m.E. in einem Rechtsstaat, der nach demokratischen
Prinzipien aufgebaut wird, verständlich und richtig. So wie etwa Robert
Leicht in der ZEIT schreibt: "Wer in dieser Situation auch nur die Frage zu
stellen wagt, ..., bekommt es schnell mit dem Vorwurf zu tun, er sei
illiberal und rechtsstaatlich wohl nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Als ob
es nicht gerade zur Wehrhaftigkeit unserer am Menschenrecht orientierten
freiheitlichen Ordnung gehörte, die Auseinandersetzung mit solchen Taten
auch über das Strafrecht hinaus zu führen." Ich sehe gerade bei einem
Bischof die Aufgabe, diese Frage zu stellen, und dabei Stimme der
Entrechteten und Sprachlosen zu sein. Das Leben der Ermordeten ist damit
nicht mehr zu retten, aber die Frage, ob nicht mit einer Möglichkeit, mit
solch motivierten Taten anders umzugehen, weitere derartige Morde zu
verhindern?

Mit freundlichen Grüßen
......
Pressesprecher der EKD
Herrenhäuser Straße 12
30419 Hannover

Die Antwort auf dieses Schreiben steht hier.

Montag, 24. April 2006

Europa und Fremdenfeindlichkeit: Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind

1. SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-4216/05 von Proinsias De Rossa (PSE) an den Rat

Betrifft: Vorgeschlagene Rahmenrichtlinie gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
Nach der 2642. Ratssitzung – Justiz und Inneres – am 24. Februar 2005 in Brüssel stellte der Rat fest, dass er auf seiner 2489. Sitzung am 27./28. Februar 2003 einer Einigung über die vorgeschlagene Rahmenrichtlinie gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sehr nahe gewesen sei, jedoch sei eine der "wenigen Schwierigkeiten", die auf dieser Sitzung nicht ausgeräumt werden konnten, ein "genereller Prüfungsvorbehalt vonseiten einer Delegation" gewesen. Könnte der Rat mitteilen, welche Delegation diesen Vorbehalt geäußert hatte, und Auskunft darüber geben, ob dieses Problem inzwischen gelöst ist.

2. SCHRIFTLICHE ANFRAGE
E-4217/05 von Proinsias De Rossa (PSE) an den Rat

Betrifft: Vorgeschlagene Rahmenrichtlinie gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
Bezug nehmend auf die Diskussion während der Mittagssitzung des Rates „Justiz und Inneres“ am 2. Juni 2005 wird der Rat um Auskunft darüber ersucht, wann er seiner Meinung nach in der Lage sein wird, die Rahmenrichtlinie gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu verabschieden, die von der Kommission im November 2001 vorgeschlagen und mit Änderungen vom Europäischen Parlament im Juli 2002 gebilligt worden war. Wann wird der Rat das Europäische Parlament zu diesem Vorschlag erneut konsultieren, wie es in der Entschließung des Parlaments vom 28. April 2005 zur Lage der Roma in der EU gefordert wurde (P6_TA(2005)0151)?
Was gibt es noch an ungelösten Problemen, durch die sich die Verabschiedung dieser vorgeschlagenen Rahmenrichtlinie verzögert?


Vorentwurf einer Antwort vom 09.02.2006:

VORENTWURF EINER GEMEINSAMEN ANTWORT AUF DIE SCHRIFTLICHEN ANFRAGEN E-4216/05 und E-4217/05 von Proinsias De Rossa (PSE) vom 22.11.2005

Der Herr Abgeordnete wird darauf hingewiesen, dass der ursprüngliche Vorschlag für den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit von der Europäischen Kommission am 29. November 2001 vorgelegt worden ist. Auf der Ratstagung im Februar 2003 konnte trotz umfassender Prüfung keine Einigung über den Vorschlag erzielt werden. Im März 2003 legte die italienische Delegation eine Alternativfassung des Entwurfs für einen Rahmenbeschluss vor, der aber nicht die Unterstützung der Delegationen fand. Am 24. Februar 2005 beauftragte der Rat die Gruppe "Materielles Strafrecht", die Prüfung des Entwurfs für einen Rahmenbeschluss wieder aufzunehmen. Dementsprechend nahm die Gruppe Beratungen zu dem Entwurf auf der Grundlage des 2003 erreichten Sachstands auf.
Bei den Beratungen über den Rahmenbeschluss auf der Tagung des Rates vom 2. und 3. Juni 2005,auf die sich der Herr Abgeordnete bezieht, hat sich herausgestellt, dass keine Aussicht auf Einvernehmen zwischen den Mitgliedstaaten besteht.

Sonntag, 23. April 2006

Brief eines Frankfurter Strafrichters an Bischof Huber

"Herrn Bischof
Wolfgang Huber
Kirchenamt der EKD
Herrenhäuser Str. 12
30419 Hannover


Kollektives Verbrechen?


Sehr geehrter Herr Bischof Huber,

Sie sollen den Mord an Hatun Sürücü als "kollektives Verbrechen einer ganzen Familie" bezeichnet haben.

So habe ich es jedenfalls in Bild.T-Online.de

gelesen - glauben kann ich es eigentlich noch nicht. Haben Sie das wirklich gesagt, oder gibt es ein Dementi, das ich übersehen habe?

Woher nehmen Sie diese Erkenntnis? Wissen Sie etwas, was das Gericht nicht wusste? Oder sind Ihre Äußerungen unautorisiert so verkürzt wiedergegeben worden?

Sie haben erklärt, auf das kollektive Verbrechen einer ganzen Familie antworte unser individuelles Strafrecht nur sehr unzureichend. Und: Auch die freigesprochenen Brüder treffe in jedem Fall eine moralische Schuld. "Dass sie an dieser Tat beteiligt waren, steht für mich fest."

Und danach - fast beschwichtigend: "Aber ich habe Respekt gegenüber der Justiz, die eindeutige Beweise braucht."

Ja was brauchen Sie denn, damit etwas für Sie feststeht? Etwa keine eindeutigen Beweise? Woher nehmen Sie die für einen evangelischen Bischof geradezu erschreckende Überheblichkeit, den freigesprochenen Brüdern schon vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahr ins öffentlich eine moralische Schuld zuzuweisen?

Meinen Sie, das Gericht sei der Frage einer möglichen Beteiligung der Brüder nicht ausreichend nachgegangen? Soviel ich weiß, sind allein zur Frage der Familienstrukturen im türkischen Kulturkreis zwei Sachverständige vernommen worden. Aber es ist halt nicht immer so, wie sich die Leser der Bildzeitung und von Online-Bild die Strukturen "der" türkischen Familie vorstellen. Herr Özdemir hat sich dazu ebenfalls öffentlich geäußert - sozusagen als Obergutachter für türkische Familienstrukturen. Als ob ausgerechnet er wüsste, wie es in der Familie des Opfers tatsächlich gewesen ist. Ich weiß als Strafrichter sehr gut, dass es auch Familienstrukturen gibt, die mit den Wertvorstellungen unseres Grundgesetzes nicht vereinbar sind (in türkischen Familien wie auch in deutschen und denen anderer Nationalitäten). Aber ich maße mir nicht an, über die Struktur einer konkreten Familie zu urteilen, bevor ich diese nicht ganz genau kenne.

Möglich, dass am Ende des noch anhängigen Verfahrens ein anderes Ergebnis steht. Aber wenn Sie jetzt schon persönliche Überzeugungen von der Schuld Freigesprochener öffentlich äußern, müssen Sie auch sagen, worauf Sie sich stützen.

Ein aufgeklärter Mensch sollte schon unterscheiden können zwischen auf Vorurteilen basierenden pauschalen Verdächtigungen und individueller Schuld - wobei ich hier bewusst nicht unterscheide zwischen strafrechtlich relevanter Schuld und dem, was Sie als moralische Schuld bezeichnen. Freilich ist es gut, dass nicht alles bestraft
wird, was wir für unmoralisch halten mögen. Und es mag auch unterschiedliche Anforderungen an Gewissheit geben. Aber für eine öffentliche Zuweisung moralischer Schuld - noch dazu durch den Ratsvorsitzenden der EKD - dürfen keine geringeren Anforderungen gelten als für eine gerichtliche Feststellung strafrechtlich
relevanter Schuld.

Unser staatliches Strafrecht kennt - Gott sei Dank! - in der Tat nur individuelle Schuld. Oder möchten Sie für eine Tat bestraft werden, für die Sie nicht ganz persönlich und individuell verantwortlich gemacht werden können? Wie stellen Sie sich ein Strafrecht vor, das auf ein "kollektives Verbrechen einer ganzen Familie" eine nach Ihrer Auffassung zureichende Antwort findet?

Ich gestehe jedem Angehörigen welcher Religion auch immer und jedem Atheisten zu, etwas zu glauben, für das er nach rationalen Kriterien keine Beweise hat. Aber ich gebe niemandem - und schon gar nicht einem Bischof der Kirche, der auch ich angehöre - das Recht, einen Mitmenschen öffentlich moralisch zu verurteilen, bevor er dafür
Beweise nennen kann. Und wer sich in der "Bild" äußert, muss ganz besonders vorsichtig sein. Er muss - noch dazu als Mann in Ihrer Position - wissen, dass dort nahezu jede Aussage auf die Ebene einer Stammtischparole verkürzt wird. Die reißerische Überschrift "Bischof verurteilt Ehrenmord-Familie" spricht für sich.

Wenn sie persönlich wirklich überzeugt sind von der moralischen Mitschuld anderer Familienmitglieder, dann nennen Sie Ross und Reiter: Sagen Sie bitte genauso öffentlich, worauf Sie diese persönliche Gewissheit von der "Kollektivität des Verbrechens" stützen. Oder entschuldigen Sie sich bei der Familie für Ihre
unbedachten Äußerungen. Und warten Sie ab, wie das noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Verfahren ausgeht.

Die Unschuldsvermutung gilt auch für die nicht verurteilten Angehörigen der Familie des Opfers.

Wer gerade in diesem Fall den Angehörigen öffentlich ohne Beweise moralische Schuld zuweist, schürt Fremdenfeindlichkeit. Und er fügt der evangelischen Kirche schweren Schaden zu.

Ich schreibe Ihnen diese Zeilen als Strafjurist, aber ebenso als evangelischer Christ und jemand, der viele Jahre seines Lebens ehrenamtlich für diese Kirche tätig gewesen ist.

Freundliche Grüße
Karsten Koch
(seit 32 Jahren Staatsanwalt und Strafrichter)"


Deer Verfasser, Richter am Amtsgericht Offenbach/Main, kann es kaum glauben: Die EKD veröffentlicht das Interview zusätzlich.

Ich stimme dem Schreiben von Karsten Koch voll inhaltlich zu. Auch der Kollege Pohlen hatte sich schon frühzeitig zutreffend geäußert.

Die Antwort des Pressesprechers des Bischofs ist hier zu finden.

Dies ist die Reaktion auf die fehlende direkte Antwort des Bischofs.

Google Scholar - wissenschaftliche Suche auf Deutsch

Google hat seine Beta-Version von Google Scholar zur Suche von freien wissenschaftlichen Texten freigegeben.

Gefunden bei Golem

Mittwoch, 19. April 2006

Sozialrecht: Schonvermögen nicht freiwillig verkaufen!

Frage des Bundestagsabgeordeneten Dirk Niebel (FDP) im Deutschen Bundestag:

Ist der Bundesregierung bekannt, dass bei Arbeitslosengeld-II-Empfängern der Erlös aus Verwertung oder Beleihung ihres Schonvermögens nach dem Zuflussprinzip als Einkommen gerechnet wird, und wenn ja, ist eine gesetzliche Klarstellung geplant?


Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Gerd Andres vom 6. April 2006

Der Bundesregierung ist bekannt, dass das im Sozialhilferecht bei der Einkommensberücksichtigung verankerte Zuflussprinzip auch bei der Einkommensberücksichtigung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung findet.

Hiernach grenzen sich Einkommen und Vermögen grundsätzlich dadurch voneinander ab, dass Einkommen alles das ist, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das ist, was er in der Bedarfszeit bereits hat (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 1999 – BVerwG 5 C 35.97).
Sofern der Hilfesuchende sich freiwillig dazu entscheidet, sein geschütztes Vermögen zu verwerten, so wird das bisher geschützte Vermögen in einzusetzendes Vermögen umgewandelt.

Der erzielte Erlös ist demgemäß von Beginn an nicht als Einkommen, sondern als Vermögen zu betrachten und nur insoweit für die Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen, als nunmehr die nach § 12 Abs. 2 SGB II vom Vermögen abzusetzenden Freibeträge überschritten werden.

Eine gesetzliche Klarstellung ist demnach nicht erforderlich.


Quelle: Bundestagsdrucksache 16/1209

Montag, 17. April 2006

Rempeltanz - Grenzen des Handelns auf eigene Gefahr

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 07.02.2006 - VI ZR 20/05 - mit einer merkwürdigen Form beschäftigt, sich und anderen Schaden zuzufügen: dem sogenannten Rempeltanz. Geschehen war nach den vorinstanzlichen Feststellungen folgendes:

Die Beklagten haben behauptet, sie hätten gemeinsam mit dem Kläger eine Art "Rempeltanz" vollzogen. Sie hätten sich mit dem Kläger wechselseitig an den Schultern geschubst und versucht, sich die Beine wegzutreten. Der Kläger sei gestürzt und habe den Beklagten zu 1 mit sich gerissen, beide hätten den Beklagten zu 2 mitgezogen. Der Kläger sei unten zu liegen gekommen, der Beklagte zu 1 sei auf dessen Oberkörper gestürzt, und der Beklagte zu 2 sei auf das Knie des Klägers gefallen, weil dieser sich mit seinem Fuß verhakt gehabt habe. Der Kläger sei erheblich alkoholisiert gewesen und habe seine Bewegungen nicht mehr kontrollieren können.

Der BGH beschäftigte sich mit der Frage, ob die Ansicht der Vorinstanz, dass ein vorangegangenes Handeln auf eigene Gefahr Schadenersatzansprüche des Verletzten hier vollständig ausschloss. Der BGH: Es sei

anstößig, wenn der jeweilige Geschädigte versucht, denjenigen Schaden auf einen anderen abzuwälzen, den er bewusst in Kauf genommen hat, obschon er ebenso gut in die Lage hätte kommen können, in der sich nun der Schädiger befindet, sich dann aber mit Recht dagegen gewehrt haben würde, diesem Ersatz leisten zu müssen (vgl. Senatsurteil BGHZ 154, 316, 323 ff. m.w.N.). Es ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium"), das es nicht zulässt, dass der Geschädigte den beklagten Schädiger in einem solchen Fall in Anspruch nimmt. Allerdings handelt es sich dabei um eng begrenzte Ausnahmefälle, wie etwa die Teilnahme an Boxkämpfen oder anderen besonders gefährlichen Sportarten, in denen die Rechtsprechung das bewusste Sich-Begeben in eine Situation drohender Eigengefährdung als Grundlage für eine vollständige Haftungsfreistellung des Schädigers in Betracht gezogen hat. Nur bei derartiger Gefahrexponierung kann von einer bewussten Risikoübernahme und einer Einwilligung des Geschädigten in die als möglich vorgestellte Rechtsgutverletzung mit der Folge eines vollständigen Haftungsausschlusses für den Schädiger ausgegangen werden (Senatsurteile BGHZ 34, 355, 363 ff.; 39, 156, 161; 63, 140, 144; vom 21. Februar 1995 - VI ZR 19/94 - VersR 1995, 583, 584 und vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04 - zur Veröffentlichung bestimmt). Bei sportlichen Kampfspielen findet die entschädigungslose Inkaufnahme von Verletzungen, wie der erkennende Senat stets betont hat, ihre innere Rechtfertigung darin, dass dem Spiel bestimmte, für jeden Teilnehmer verbindliche Regeln zugrunde liegen, die von vornherein feststehen, unter denen somit die Teilnehmer zum Spiel antreten und die insbesondere durch das Verbot sogenannter "Fouls" auch auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Spieler ausgerichtet sind (Senatsurteile BGHZ 63, 140, 142 ff.; vom 5. November 1974 - VI ZR 125/73 - VersR 1975, 155, 156; vom 10. Februar 1976 - VI ZR 32/74 - VersR 1976, 591 und vom 21. Februar 1995 - VI ZR 19/94 - aaO).


Beim "Rempeltanz" gelten diese Regeln nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht, weil es hierfür keine festen Regeln gebe, auf die sich Teilnehmer bewusst hätten einlassen können. Auch bei Anwendung des § 254 BGB komme jedenfalls ein vollständiger Haftungsausschluss der Schädiger aus unerlaubter Handlung nicht in Betracht.

Das Urteil kann hier nachgelesen werden.

Sonntag, 16. April 2006

Tod eines Bloggers: Karsten Hoffmann

Der 34-jährige Lichtenrader Blogger Karsten Hoffmann hat in seinem Bloq7 zuletzt am 01.04.2006, entschuldigend geschrieben, seinem Grundsatz, mindestens einmal täglich etwas zu schreiben, untreu zu werden. Vorher klagte er über eine hartnäckige Grippe mit Fieber. In einem Kommentar vom 10.04.2006 wurde bekannt, dass Karsten Hoffmann am 04.04.2006 gestorben war. Die letzte Eintragung im Blog bestätigt dies. Hier der letzte Blick mit seiner Webcam aus dem Fenster. Die Eintragungen in der Kondolenzliste zeigen die Erschütterung der Leser von Bloq7 und gleichzeitig, wie virtuell eine Nähe durch persönliche Berichte, Feedback in Kommentaren und viele Fotos entstehen kann, ohne dass sich die Beteiligten persönlich kennen. Die betroffenen Reaktionen in anderen Blogs bringen dies zum Ausdruck. Vgl. auch hier.

Samstag, 15. April 2006

Moabiter Kriminalgericht in Zahlen

Katja Füchsel hat es für den Tagesspiegel zusammengefasst:

Kriminalgericht in Berlin-Moabit in Zahlen:

Rund 1500 Mitarbeiter (Gerichte, Staats- und Amtsanwaltschaft)

175 Strafabteilungen des Amtsgerichts Tiergarten
34 große Strafkammern und 18 kleine Strafkammern des Landgerichts Berlin


Bis zu 300 Prozesse finden täglich im Kriminalgericht statt.

Rund drei Tonnen Papier gehen täglich in der Poststelle des Kriminalgerichts ein, werden hier gestempelt und dann verteilt. Jeden Tag fallen bis zu 6500 Euro Porto für ausgehende Post an. Allein in der Kopierstelle des Landgerichts werden jährlich etwa 2,8 Millionen Kopien hergestellt. Der Papierverbrauch beläuft sich auf nahezu zwölf Tonnen. Auf dem Dachboden lagern Akten aus 26 Jahren, bis zu 150 000 pro Jahrgang.

Ausführlicher im Tagesspiegel

Kaiser Wilhelms Justizburg zur Einschüchterung

Vor 100 Jahren, am 17. April 1906, ließ Kaiser Wilhelm II. an der Berliner Turmstraße Eröffnung feiern für seinen neuen Justizpalast – mit einer Eingangshalle, 29 Meter hoch, 27 Meter breit, mit ausladenden Treppen wie in Barockschlössern. Wilhelm II. wollte seine Untertanen mit der monumentalen Justizburg einschüchtern, doch der Plan ging nur zur Hälfte auf: Wirken tut’s nur bei den ohnehin Gerechten, die anderen schauen beim zweiten Mal schon kaum mehr hin. Eine der ersten Akten stammt aus dem Jahr 1906. Auf dem Einband steht „Wilhelm Voigt“: Das neue Kriminalgericht war gerade eingeweiht, da verurteilte hier ein Richter den „Hauptmann von Köpenick“ zu vier Jahren Haft. Seither schrieben viele Angeklagte die Geschichte des Kriminalgerichts fort. Die Gebrüder Sass standen hier beispielsweise vor Gericht, der Rechtsanwalt Horst Mahler, Boxer Bubi Scholz, Topterrorist Johannes Weinrich, Stasi-Chef Erich Mielke, Kaufhauserpresser Arno Funke, Schauspieler Klaus Löwitsch, die Brüder Sürücü… Mehr im Tagesspiegel

Minijob-Zentrale zieht Bilanz für drei Jahre

Aus dem Newsletter von http://www.minijob-zentrale.de :

+++Drei Jahre Minijob-Zentrale in Zahlen:+++

6,7 Millionen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und 1,9 Millionen Arbeitgeberkonten werden derzeit betreut, 5 Millionen Anrufe erreichten das Service-Center 70 Millionen Sozialversicherungsmeldungen wurden übermittelt
21 Millionen Poststücke gingen bei der Minijob-Zentrale ein, 3,8 Millionen Zugriffe auf die Internetseite www.minijob-zentrale.de wurden registriert versandt wurden: 3 Millionen Meldevordrucke, 2 Millionen Beitragsnachweise, 2,5 Millionen Broschüren, 360000 Haushaltsschecks sowie 1,6 Millionen Arbeitgeber-Info-CD’s


Seit April 2003 ist die Minijob-Zentrale als Teil der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zuständig für das Melde- und Beitragsverfahren bei den geringfügigen Beschäftigungen.

Rund 1,9 Millionen Arbeitgeber von Minijobbern in Deutschland müssen seitdem nur noch mit einer Servicestelle abrechnen statt wie früher mit 350 Krankenkassen und 700 Finanzämtern. Circa 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen derzeit etwa 6,7 Millionen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse.

An jedem Arbeitstag erreichen die Minijob-Zentrale ca. 15.000 Briefe, im Monat sind es durchschnittlich 300.000. Jeden Monat werden rund eine Million Seiten Papierpost eingescannt. Im Jahr 2005 sind in der Minijob-Zentrale 29 Millionen Sozialversicherungsmeldungen, 19 Millionen Beitragsnachweise, sieben Millionen Poststücke sowie zehn Millionen Papier-Meldebelege eingegangen.

Durch das seit dem 1. Januar 2006 gesetzlich vorgeschriebene elektronische Meldewesen und dem damit verbundenen Rückgang der Papiermeldungen werden die Kommunikation mit den Arbeitgebern weiter erleichtert und die Verwaltungskosten nochmals gesenkt werden können.


+++Elektronisches Archiv ist eines der größten in Deutschland+++

Für die Bewältigung der Datenflut setzt die Minijob-Zentrale auf ein hochmodernes Datenverarbeitungssystem, das „Large Documents Management System“ (LDMS). Das elektronische Archiv der Minijob-Zentrale zählt mit inzwischen mehr als 70 Millionen Dokumenten zu den größten im Land. Monatlich erhöht sich der Bestand um rund zwei Millionen Belege.

Im vergangenen Jahr hat die Minijob-Zentrale 1,3 Millionen Meldevordrucke, 462.000 Beitragsnachweise und 100.000 Haushaltsschecks verschickt. Hinzu kamen 130.000 Arbeitgeber-Broschüren, 120.000 Broschüren „Minijobs im Privathaushalt“ sowie 1,6 Millionen Arbeitgeber-Info-CDs.

Insgesamt sind der Minijob-Zentrale 2005 rund 4,5 Milliarden Euro an Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen sowie Steuern zugeflossen, die sie an die entsprechenden Stellen weitergeleitet hat.


+++Arbeit verteilt sich auf drei Standorte+++

Die Minijob-Zentrale verteilt sich auf drei Standorte: Essen, Gelsenkirchen und Cottbus. Essen ist das Finanz- und Logistik-Zentrum der Minijob-Zentrale. Hier ist unter anderem der Post- und Scheckeingang angesiedelt. In Cottbus befindet sich das Service-Center der Minijob-Zentrale. Hier werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber in allen Fragen rund um die Minijobs betreut und beraten. Allein im Jahr 2005 gingen insgesamt mehr als 2,3 Millionen Anrufe im Service-Center ein. Fragen zum Beitragseinzug führen die „Hitliste“ der Anrufe an.

Zusätzlich wurden 2005 mehr als 80.000 Anfragen beantwortet, die über die Homepage der Minijob-Zentrale eingegangen waren. 1,3 Millionen Internetzugriffe auf die Seite www.minijob-zentrale.de im vergangen Jahr unterstreichen die hohe Bedeutung des Internetangebots.

Nachdem die Minijob-Zentrale in den Jahren 2003 und 2004 einen starken Anstieg an gemeldeten Minijobbern verzeichnen konnte, ging die Zahl im Jahr 2005 erstmals zurück. Aktuell sind rund 6,4 Millionen Minijobber gemeldet, dies entspricht einem Rückgang um ca. 520.000. Der Trend in den ersten Monaten dieses Jahres geht allerdings schon wieder nach oben.

Die Zahl der Minijobber in Privathaushalten hat sich zwischen 2003 und 2005 verdreifacht – auf derzeit rund 110.000. Die Minijob-Zentrale unternimmt hier weitere Anstrengungen, um mit Aufklärung und Informationen die immer noch große Zahl an nicht angemeldeten Haushaltshilfen weiter zu verringern.

Rückzahlung der Kaution des Mieters

Die Mietkaution sichert auch noch nicht fällige Ansprüche, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben, und erstreckt sich damit auf Nachforderungen aus einer nach Beendigung des Mietverhältnisses noch vorzunehmenden Abrechnung der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten. Deshalb darf der Vermieter einen angemessenen Teil der Mietkaution bis zum Ablauf der ihm zustehenden Abrechnungsfrist einbehalten, wenn eine Nachforderung zu erwarten ist.
(Leitsatz BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 - VIII ZR 71/05)


Aus den Gründen:


a) Der Vermieter ist verpflichtet, eine vom Mieter geleistete Kaution (§ 551 BGB) nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben, sobald er diese zur Sicherung seiner Ansprüche nicht mehr benötigt; diese Verpflichtung beruht, wenn eine entsprechende Vereinbarung im Mietvertrag selbst nicht enthalten ist, auf der ergänzend getroffenen Sicherungsabrede, die der Hingabe der Kaution zugrunde liegt (BGHZ 141, 160, 166).

Fällig wird der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution jedoch nicht bereits im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses. Vielmehr ist dem Vermieter, wie der Senat entschieden hat, nach Beendigung des Mietvertrages eine angemessene Frist einzuräumen, innerhalb deren er sich zu entscheiden hat, ob und in welcher Weise er die Kaution zur Abdeckung seiner Ansprüche verwenden will; erst danach wird der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution fällig (BGHZ 101, 244, 250). Schon daraus folgt, dass es dem Vermieter jedenfalls bis zum Ablauf der ihm zuzubilligenden Abrechnungsfrist gestattet ist, die Kaution in der Höhe einzubehalten, die zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem Mietverhältnis angemessen ist; anderenfalls würde die Mietkaution ihrer Sicherungsfunktion nicht gerecht (vgl. auch BGHZ aaO, 251 zum Fortbestand des Zurückbehaltungsrechts nach Ablauf der Ab-rechnungsfrist bei Gegenforderungen des Vermieters).


Wie viel Zeit dem Vermieter zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Diese können so beschaffen sein, dass mehr als sechs Monate für den Vermieter erforderlich und dem Mieter zumutbar sind (BGHZ aaO, 250 f.). An dieser Rechtslage hat sich durch das Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149 ff.) nichts geändert. Von einer gesetzlichen Regelung der Rückzahlungsfrist für die Mietkaution ist bewusst abgesehen worden, weil sich nur anhand der Umstände des Einzelfalles beurteilen lässt, welche Frist angemessen ist (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Mietrechtsreformgesetz, BT-Drucks. 14/4553, S. 84, 99 sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/5663, S. 77).
b) Zu den Ansprüchen des Vermieters, die durch die Kaution gesichert werden, gehören auch Nachforderungen auf die vom Mieter zu tragenden Betriebskosten. Deshalb darf der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Kaution beziehungsweise einen angemessenen Teil davon bei noch ausstehender Nebenkostenabrechnung bis zum Ablauf der ihm zustehenden Abrechnungsfrist einbehalten, wenn eine Nachforderung zu erwarten ist.

aa) Die Mietkaution sichert alle - auch noch nicht fällige - Ansprüche des Vermieters, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben (Senatsurteil vom 8. März 1972 - VIII ZR 183/70, NJW 1972, 721, 722 f. = WM 1972, 776, 779 unter II 4 a) und erstreckt sich wegen dieses umfassenden Sicherungszwecks auch auf Nachforderungen aus einer nach Beendigung des Mietverhältnisses vorzunehmenden Abrechnung der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten. Dies entspricht auch der nahezu einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1987, 720; OLG Hamburg, NJW-RR 1988, 651; OLG Düsseldorf, ZMR 2000, 211, 213 f. und NZM 2005, 783 f.; Scheuer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohn-raummiete, 3. Aufl., V B Rdnr. 289; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Teil III Rdnr. 256; a.A. LG Berlin, NZM 1999, 960 f.). Es steht den Parteien, denen eine Sicherung von Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen zu weit geht, frei, für die Kaution einen eingeschränkten Sicherungszweck zu vereinba-ren. Eine gesetzliche Einschränkung des Sicherungszwecks einer Mietkaution gilt nur für preisgebundenen Wohnraum (§ 9 Abs. 5 S. 1 WoBindG); um solchen handelt es sich hier nicht.

bb) Dass der Anspruch des Vermieters auf Bezahlung der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten erst mit der Erteilung einer - nachprüfbaren - Abrechnung fällig wird (st. Rspr.: BGHZ 113, 188, 194 m.w.Nachw.; Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04, NJW 2005, 1499, 1501 unter II 3 c), steht dem Recht des Vermieters, die Kaution bis zu der - in angemessener Frist erteilten - Betriebskostenabrechnung einzubehalten, nicht entgegen. Noch nicht fällige Ansprüche können zwar kein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB begründen. Diese Vorschrift kommt hier indes nicht zur Anwendung, weil der Rückzahlungsanspruch des Mieters seinerseits, wie ausgeführt (unter a), erst nach Ablauf einer angemessenen Überlegungs- und Abrechnungsfrist fällig wird und sich das Recht des Vermieters, die Kaution innerhalb dieser Frist einzubehalten, unmittelbar aus der Kautionsabrede ergibt. Es bedarf insoweit keines Rückgriffs auf das Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB.

Belehrungspflichten im Bußgeldverfahren

Betroffene und ihre Verteidiger im Bußgeldverfahren - eine gute Zusammenfassung des Kollegen Ferner im Blog Straßenverkehrsrecht möchte ich hiermit empfehlen. Dieses Blog glänzt mit einer Fülle fundierter Beiträge.

Freitag, 14. April 2006

Zwischenbeschwerde wegen verweigerter Akteneinsicht in FGG-Verfahren zulässig

Das Kammergericht hat unter Aufgabe älterer Rechtsprechung eine Zwischenbeschwerde wegen teilweise abgelehnter Akteneinsicht in analoger Anwendung von § 19 Abs. 1 FGG für zulässig erklärt und im konkreten Fall ein Akteneinsichtsrecht eines Betreuten gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 FGG trotz Bestellung eines Verfahrenspflegers gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 1 FGG gewährt und die Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 FGG verneint.

Das Kammergericht zur Zulässigkeit der Zwischenbeschwerde:
... Doch ist die Versagung der Akteneinsicht im Hinblick auf das jedem Verfahrensbeteiligten zustehende rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) von einschneidender Bedeutung. Eine Entscheidung unter Verstoß gegen diesen Grundsatz stellt einen Verfahrensfehler dar, der im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht heilbar ist, sondern zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts führen muss. Gründe der Verfahrensökonomie, die gegen die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen des Beschwerdegerichts angeführt werden (Jansen, FGG, 2. Aufl. § 19 Rdnr. 4), sprechen hier gerade dafür, gegen eine solche Entscheidung des Landgerichts, die im Falle ihrer Fehlerhaftigkeit zur Aufhebung des Verfahrens (vgl. § 562 II ZPO) und Zurückverweisung an das Landgericht führt, die Beschwerde zuzulassen (vgl. Keidel, a.a.O., S. 360). Die Zulassung der Nachprüfung einer die Akteneinsicht betreffenden Zwischenentscheidung des Beschwerdegerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht - im Rahmen der Erstbeschwerde, §§ 19, 23 FGG -, widerspricht im Übrigen auch nicht grundsätzlich der Aufgabe, die dem Gericht des dritten Rechtszuges zugewiesen ist (so aber Jansen, a.a.O., § 19 Rdnr. 48). Endentscheidungen des Beschwerdegerichts dürfen vom Gericht der weiteren Beschwerde nach § 27 FGG zwar nur auf Rechtsfehler überprüft werden. Doch kann ein Gesuch auf Akteneinsicht nach § 34 FGG in jedem Stadium des Verfahrens gestellt werden. Das Rechtsbeschwerdegericht ist zur Entscheidung über ein solches Gesuch auch dann ohne jede Einschränkung seiner Prüfungsbefugnis berufen, wenn sich die Akten im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens bei ihm befinden.

Die aus ärztlicher Sicht prognostizierte Gefahr, die mit einer vollen Akteneinsicht verbunden gewesen wäre, hatte sich inzwischen schon anderweitig verwirklicht, so dass das Kammergericht ein volles Akteneinsichtsrecht gewährt hat.

Drogenfund in Strafanstalt - wohin damit?

LiNo hat über einen eigenartigen Fall berichtet, in dem es darum ging, was mit Drogen geschieht, die in Strafanstalten gefunden werden. Die Senatsverwaltung war anscheinend nicht sehr irritiert. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen den betroffenen Leiter der Jugendstrafanstalt, der einen Strafverteidiger eingeschaltet hat, übrigens inzwischen gemäß § 153 Absatz 1 StPO eingestellt.

Eine erneute Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus (Abgeordneter Oliver Friedrici, CDU) brachte dies ans Licht. Nach wie vor: Keine Durchsuchung, kein Kaffeetrinken der Staatsanwaltschaft bei der Senatsverwaltung für Justiz, sondern Akteneinsicht.

Jetzt wird auch gesagt, wie mit Drogenfunden in Berliner Haftanstalten umgegangen werden soll:

Seit 1995 gibt es klare und für alle Justizvollzugsanstalten Berlins gültige Anordnungen der Senatsverwaltung für Justiz zur Frage des Umgangs mit Drogenfunden. Mit Anordnung vom 5. Juli 1995 wurde festgelegt, dass verdächtige Substanzen, die in den Justizvollzugsanstalten aufgefunden werden, zur weiteren Untersuchung dem Institut für Umweltanalytik und Humantoxikologie (ITOX) im Betrieb für Zentrale Gesundheitliche Aufgaben (BBGes) zu übergeben sind. Von dort aus waren die Substanzen nach erfolgter Untersuchung im Falle der Anzeigenerstattung dem Polizeipräsidenten in Berlin als Beweismittel zu übergeben, andernfalls durch das Institut für Umweltanalytik und Humantoxikologie der Vernichtung zuzuführen. Diese Anordnung wurde am 14. Juni 2005 anlässlich einer Besprechung des stellvertretenden Abteilungsleiters III der Senatsverwaltung für Justiz mit den Leiterinnen und Leitern der Justizvollzugsanstalten ersetzt durch eine für alle Anstalten verbindliche neue Regelung, nach der grundsätzlich jeder Fund verdächtiger Substanzen durch die jeweilige Anstalt der Polizei unverzüglich gemeldet und diese gebeten wird, den Fund abzuholen. Diese Anordnung wird in allen Anstalten in der Praxis umgesetzt.

Neue Wohnanschrift: Witzlebenstr. 4-5

Das ehemalige Kammergerichtsgebäude in der Charlottenburger Witzlebenstr. in Berlin steht seit 1997 ungenutzt leer. Jetzt tut sich etwas, weil eine holländische Investorengruppe 24 Millionen Euro investieren will. Flure werden zu Badezimmern und Küchen, die Wohnungen sollen im Durchschnitt über 100 qm groß sein. Einzelheiten in der Berliner Morgenpost vom 10.04.2006.

Dienstag, 11. April 2006

Fach Ethik im Berliner Schulgesetz

§ 12 des Berliner Schulgesetzes wird mit Wirkung ab 01.08.2006 wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„Unterrichtsfächer, Lernbereiche und Aufgabengebiete, Lernfelder, Ethik“.
b) Es wird folgender neuer Absatz 6 eingefügt:
(6) Das Fach Ethik ist in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 der öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach für alle Schülerinnen und Schüler. Ziel des Ethikunterrichts ist es, die Bereitschaft und Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer kulturellen, ethnischen, religiösen und weltanschaulichen Herkunft zu fördern, sich gemeinsam mit grundlegenden kulturellen und ethischen Problemen des individuellen Lebens, des gesellschaftlichen Zusammenlebens sowie mit unterschiedlichen Wert- und Sinnangeboten konstruktiv auseinander zu setzen. Dadurch sollen die Schülerinnen und Schüler Grundlagen für ein selbstbestimmtes und verantwortungsbewusstes Leben gewinnen und soziale Kompetenz, interkulturelle Dialogfähigkeit und ethische Urteilsfähigkeit erwerben. Zu diesem Zweck werden Kenntnisse der Philosophie sowie weltanschaulicher und religiöser Ethik sowie über verschiedene Kulturen, Lebensweisen, die großen Weltreligionen und zu Fragen der Lebensgestaltung vermittelt. Das Fach Ethik orientiert sich an den allgemeinen ethischen Grundsätzen, wie sie im Grundgesetz, in der Verfassung von Berlin und im Bildungs- und Erziehungsauftrag der §§ 1 und 3 niedergelegt sind. Es wird weltanschaulich und
religiös neutral unterrichtet. Im Ethikunterricht sollen von den Schulen einzelne Themenbereiche in Kooperation mit Trägern des Religions- und Weltanschauungsunterrichts gestaltet werden. Die Entscheidung, in welcher Form Kooperationen durchgeführt werden, obliegt der einzelnen Schule. Die Schule hat die Erziehungsberechtigten rechtzeitig und in geeigneter Weise über Ziel, Inhalt und Form des Ethikunterrichts zu informieren.

c) Der bisherige Absatz 6 wird Absatz 7.

Veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin vom 11.04.2006, Seite 299 (Erstes Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes vom 30.03.2006)

Donnerstag, 6. April 2006

EU-Dienstleistungsrichtlinie - Änderungsvorschläge der Kommission

Die Europäische Kommission hat einen geänderten Vorschlag für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt angenommen. Damit tritt das Gesetzgebungsverfahren nach der ersten Lesung im Europäischen Parlament im Februar 2006 in die nächste Phase. Der geänderte Vorschlag stützt sich auf die Arbeiten des Parlaments und auf die bisherigen Diskussionen im Rat. Er wird grenzüberschreitende Dienstleistungen und Dienstleistungsinvestitionen erleichtern und so zu mehr Wachstum und Beschäftigung in der EU beitragen. Für die Unternehmen wird es einfacher werden, in einem EU-Land ihrer Wahl eine Niederlassung zu gründen; das wird ihnen Zeit und Kosten sparen. Es wird auch leichter für sie werden, Dienstleistungen über Grenzen hinweg zu erbringen, weil die Mitgliedstaaten ungerechtfertigte Schranken beseitigen müssen. Für die Verbraucher bringt die vorgeschlagene Regelung mehr Auswahl, bessere Information und besseren Schutz. Gleichzeitig werden die Dienstleister angemessen kontrolliert. Hierfür setzt der Richtlinienvorschlag auf eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten. Der geänderte Vorschlag wird nun zur Erörterung und Abstimmung an den Rat weitergeleitet.

Dazu Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy: „Dieser Vorschlag ist realistisch, praktisch und praktikabel. Er hat das Potenzial, zu einem für Europa kritischen Zeitpunkt unsere Wirtschaft tatsächlich weiter zu bringen. Er setzt einen Prozess in Gang, der zu mehr Marktintegration bei den Dienstleistungen führen wird und beschert gleichzeitig denjenigen, die Dienstleistungen kaufen und verkaufen größere Rechtssicherheit. Die Unternehmen werden Niederlassungen gründen und Dienstleistungen anbieten können, ohne dass ihnen dies mit gezielten Maßnahmen verwehrt werden kann. Für die Verbraucher bedeutet der Vorschlag mehr Auswahl, mehr Wettbewerb und niedrigere Preise. Arbeitsplatzstandards lässt der Vorschlag unangetastet. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem Rat und hoffe, dass wir bis Ende des Jahres eine endgültige Einigung erzielen können.“

Der geänderte Vorschlag ist Teil eines Maßnahmenpakets für einen funktionstüchtigen Dienstleistungsbinnenmarkt. Die Kommission veröffentlicht gleichzeitig Leitlinien für die Anwendung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern in andere Mitgliedstaaten. Darüber hinaus wird die Kommission eine getrennte Initiative für den Gesundheitsbereich vorlegen, die sich mit Fragen wie der der Patientenmobilität befasst. Schließlich wird sie noch Mitteilungen über Sozialdienstleistungen und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse herausgeben.

Die angestrebte Richtlinie soll die rechtliche Fragmentierung im Binnenmarkt eindämmen und Wachstumsimpulse für grenzüberschreitende Dienstleistungen geben. Sie wird Schranken beseitigen und das Vertrauen der Verbraucher stärken. Schwerpunkte des Vorschlags sind:

Gründung einer Niederlassung überall in der EU: Die Unternehmen werden alle Formalitäten online und über eine einzige Anlaufstelle abwickeln können. Die Genehmigungsregelungen werden klarer und transparenter. Überprüfungen des „wirtschaftlichen Bedarfs“ werden künftig verboten sein (damit sind teuere Verfahren gemeint, bei denen die Unternehmen gegenüber den Behörden nachweisen müssen, dass sie den lokalen Wettbewerb nicht „destabilisieren“). Das beschleunigt die Genehmigungsverfahren und senkt die Kosten für die Unternehmen.

Dienstleistungen über Grenzen hinweg: Das Recht, überall in der EU Dienstleistungen zu erbringen, wird untermauert. Die Mitgliedstaaten müssen das Recht der Dienstleister achten, nicht nur im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung, sondern auch in anderen EU-Ländern Dienstleistungen zu erbringen. Für die Dienstleister muss die ungehinderte Aufnahme und Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten in allen Mitgliedstaaten gewährleistet sein. Die Mitgliedstaaten dürfen jedoch gewisse Auflagen machen, um die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit, die öffentliche Gesundheit und den Umweltschutz zu gewährleisten, solange diese Maßnahmen verhältnismäßig, erforderlich und nicht diskriminierend sind.

Besserer Verbraucherschutz: Die Unternehmen werden verpflichtet, den Verbrauchern wichtige Informationen zu liefern; außerdem wird ihnen verboten, Verbraucher auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit oder des Wohnorts zu diskriminieren.

Bessere Kontrolle der Unternehmen: Die Mitgliedstaaten werden die Verwaltungszusammenarbeit vorantreiben müssen, um eine bessere und wirksamere Kontrolle der Unternehmen sicherzustellen. Praktische Unterstützung erhalten sie dabei durch ein elektronisches Informationssystem, das einen wirksamen direkten Informationsaustausch zwischen den Behörden ermöglicht.

Anwendungsbereich
Der geänderte Vorschlag lässt, entsprechend den Änderungsanträgen des Europäischen Parlaments, das Arbeitsrecht unberührt und befasst sich auch nicht mit der Arbeitnehmerentsendung. Im Übrigen sind vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen: Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Verkehrsdienstleistungen, Hafendienste, Gesundheitsdienstleistungen, Sozialdienstleistungen im Zusammenhang mit Sozialwohnungen, Kinderbetreuung und Unterstützung bedürftiger Familien und Personen, ferner Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, sowie Leiharbeitsagenturen, private Sicherheitsdienste, Glücksspiele und audiovisuelle Dienste.

Quelle: Pressemitteilung vom 04.04.2006

Englischer Text der Dienstleistungsrichtlinie

Der deutsche Text wird demnächst veröffentlicht.

Rechtliches Gehör bei dem Amtsgericht Oranienburg, Abteilung 21

"Der Schriftsatz des Beklagten vom 17.01.2005, auf dem die gerichtliche Entscheidung beruht, ist den Klägervertretern unter dem 26.01.05 übersandt worden, das Schreiben ist nicht an das Gericht zurückgesandt worden, so dass sie in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt sind."

Kein Rückbrief = Zugang eines abgesandten Schreibens. Diese absonderliche Denkweise hat ein Oranienburge Amtsrichter in einem Zivilprozess als Entscheidung über eine Gehörsrüge geäußert, in dem der Kläger 85,80 EURO, zunächst im gerichtlichen Mahnverfahren geltend machte. Im schriftlichen Vorverfahren nach Widerspruch ging nach Klagebegründung die Klageerwiderung ein. Nach Eingang der Klageerwiderung vom 17. Januar 2005, mit der der Beklagte die Forderung bestritt, beschloss der Richter, nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, und setzte dem Beschwerdeführer eine Frist zur Replik bis zum 25. Februar 2005. Gleichzeitig ordnete er an, den Beschluss und eine Abschrift der Klageerwiderung an den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers mittels Empfangsbekenntnis zuzustellen.

Obwohl kein unterschriebenes Empfangsbekenntnis als Nachweis der bewirkten Zustellung im Rücklauf zur Gerichtsakte gelangt war, wies der Richter mit Urteil vom 11. März 2005 die Klage im schriftlichen Verfahren ab. In den Entscheidungsgründen führte er aus, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, auf die qualifizierte Erwiderung des Beklagten einen geeigneten Beweis anzutreten.

Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Verhalten eindeutig bewertet:


Die angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.
Für das Gericht erwächst aus Art. 103 Abs. 1 GG ferner die Pflicht, vor dem Erlass seiner Entscheidung zu prüfen, ob den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör auch tatsächlich gewährt wurde. Insbesondere dann, wenn dem Gebot des Art. 103 Abs. 1 GG durch die Übersendung von Schriftsätzen genügt werden soll, hat das Gericht – etwa durch förmliche Zustellung oder Beifügen einer rückgabepflichtigen Empfangsbescheinigung – zu überwachen, ob die Verfahrensbeteiligten in ihren Besitz gelangt sind.

Die amtsgerichtlichen Entscheidungen stehen darüber hinaus nicht in Einklang mit Art. 3 Abs. 1 GG. Die Annahme des Amtsgerichts, es könne durch Urteil im Verfahren nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, obwohl der Zugang des Beschlusses vom 25. Januar 2005, der diese Verfahrensweise anordnet, dem Beschwerdeführer nachweislich nicht zugegangen ist, ist ebenso willkürlich wie die unverständliche Begründung im Beschluss vom 26. Mai 2005. Für beide Ansichten lassen sich keine sachlichen Gründe finden, die mit zivilprozessualen Grundsätzen in Einklang stehen.



Den aufgezeigten Grundrechtsverstößen kommt besonderes Gewicht zu. Sie beruhen auf einer groben Verkennung des durch die Verfassung gewährten Schutzes, auf einem leichtfertigen Umgang mit den grundrechtlich geschützten Positionen und verletzen damit in krasser Form rechtsstaatliche Grundsätze (vgl.BVerfGE 90, 22 <25> ). Dem zuständigen Richter mag zunächst bei Erlass des Urteils noch eine als einfaches Versehen zu qualifizierende Nachlässigkeit unterlaufen sein, als er die Klage unter Berufung auf den Inhalt der Klageerwiderung abwies, ohne deren Zugang an den Beschwerdeführer anhand eines rückläufigen Empfangsbekenntnisses überprüft zu haben. Spätestens aber auf die ausführlich begründete Gehörsrüge musste sich ihm – nicht zuletzt aufgrund der einfach zu durchdringenden Sachlage und der ohne Aufwand möglichen Nachprüfung anhand des Akteninhalts – das Vorliegen eines Gehörsverstoßes aufgedrängt haben. Dass er gleichwohl dem Beschwerdeführer nicht nur die grundgesetzlich gebotene Korrektur seiner Fehlleistung, sondern auch eine dem Grundrechtsverstoß angemessene Begründung des erhobenen Rechtsmittels versagte, lässt den Rückschluss auf eine schwerwiegende Vernachlässigung verfassungsrechtlich geschützter Grundwerte zu. Das Amtsgericht verstößt hier gröblich gegen die mit der Verfahrensgarantie des Art. 103 Abs. 1 GG verbundenen Erwartungen der Bürger, sich zur Streitbeilegung auf das staatliche Rechtsschutzsystem verlassen zu können.


Das klagabweisende Urteil und der die Gehörsrüge zurückweisende Beschluss beruhen auf der objektiv willkürlichen Sachbehandlung. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Amtsgericht anders entschieden hätte, wenn der Beschwerdeführer auf die Bekanntgabe der Klageerwiderung und der Anordnung des vereinfachten Verfahrens seinen Vortrag, wie in der Verfassungsbeschwerde-Schrift bezeichnet, substantiiert hätte. Damit beruhen die Entscheidungen auch auf der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG.

Der vollständige Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21.03.2006 ist hier veröffentlicht. - 2 BvR 1104/05 -

Mittwoch, 5. April 2006

Studiengebühren in Berlin

Frage an den Berliner Senat:

Wie bewertet der Senat die Aussage des Finanzsenators, dass die kommende Entwicklung eine Einführung von allgemeinen Studiengebühren bis zum Jahre 2008 unumgänglich macht?


Antwort:

Auch wenn die Einführung von Studiengebühren in der laufenden Legislaturperiode bislang kein erklärtes politisches Ziel des Senats ist, muss Berlin, das sich als Haushaltsnotlagenland in seinem Sanierungsprogramm sowohl zu konsequenter Ausgabenrückführung als auch zur Ausschöpfung aller möglichen Einnahmepotenziele verpflichtet hat, alle theoretischen Möglichkeiten der Einnahmesteigerung untersuchen.

Ergo: Nichts ist unmöglich.

Informationen zum Kongo-Konflikt

Demnächst werden voraussichtliche auch deutsche Soldaten in den Kongo geschickt werden. Hintergrundinformationen sind hier übersichtlich zusammengefasst.

Bundesagentur für Arbeit und Informationen

Die Bundesregierung räumt mit Blick auf das Arbeitslosengeld II (Alg II) "erhebliche datenschutzrechtliche Probleme" ein.

In ihrer Antwort (16/1084) auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen (16/903) führt sie diese auf den "Zeitdruck" bei der Umsetzung der Arbeitsmarktreformen "Hartz IV" zurück.

Die Probleme beträfen insbesondere die fehlende Protokollierung von Suchanfragen durch Mitarbeiter der Arbeitsagenturen und das damit einhergehende Fehlen eines bundesweiten Berechtigungskonzeptes.

Nach Informationen der Grünen-Fraktion haben rund 40.000 Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit "unkontrolliert" Zugriff auf sensible gesundheitliche und familiäre Daten von Hilfesuchenden, wie etwa Informationen über Drogensucht, Vorstrafen oder Eheprobleme.

Laut Regierung sind die Mängel noch immer nicht behoben worden, da die verwendete Software A2LL nicht ausreichend funktioniere. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales habe die Bundesagentur für Arbeit nunmehr schriftlich aufgefordert, dass der Software-Anbieter T-Systems, eine Telekomtochter, bis Ende des Jahres zusammen mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten die Software den datenschutzrechtlichen Erfordernissen anpasst. Die Regierung kündigt ferner an, dass Langzeitarbeitslosen "spätestens bis Juni 2006" neue Vordrucke und Ausfüllhinweise zur Verfügung stünden, die unter Mitarbeit des Bundes- und der Landesdatenschutzbeauftragen erstellt worden seien. Eine frühere Veröffentlichung der Formulare sei wegen des notwendigen Abstimmungsprozesses und zahlreicher rechtlich gebotener Ergänzungen nicht möglich gewesen.

Quelle: hib-Meldung 109/2006 Datum: 05.04.2006

Samstag, 1. April 2006

FiFA, WM, Tagesspiegel und 1. April

Der Tagesspiegel vom 01. April 2006:

Berlin - Die Vorfreude auf die bevorstehende Fußball-WM dürfte sich bei etlichen Autofahrern deutlich eintrüben: Tausende Kfz-Besitzer in Deutschland müssen möglicherweise während der WM ihr Fahrzeug im Umkreis der Austragungsorte stehen lassen – weil es die Ausschließlichkeitsrechte des Fußball-Weltverbandes Fifa so wollen. Die Fifa stört sich offenbar an der Buchstabenkombination „WM“ auf deutschen Nummernschildern. Beim Fußball-Weltverband wird derzeit überlegt, wie Autos mit entsprechenden Kennzeichen während der WM kurzfristig aus dem Verkehr gezogen werden können. Es ist nicht das erste Mal, dass die Ausschließlichkeitsrechte der Fifa für Unmut in Deutschland sorgen: Zuletzt hatten Bäcker Klagen der Fifa befürchtet, wenn sie zur WM „Weltmeisterbrötchen“ anpreisen wollen.


Weiterlesen

Was so passiert am 1. April

AUS: DD NEWSLETTER :::
D e r N e w s l e t t e r v o n D e u t s c h e D e n t a l

Liebe Kollegin, lieber Kollege,

Die staatliche polnischer Krankenkasse Paczelksjorakcze Polska hat mit Wirkung zum 1. April 2006 die AOK Brandenburg mit etwa 700.000 Versicherten übernommen. Gleichzeitig befindet sich die polnische Gesundheitsorganisation im abschliessenden Bietergefecht um die AOK Hamburg, die in der deutschen Soziallandschaft als überschuldet und übernahmebedürftig gilt. Die polnische Kasse plant eine Zuzahlungsbefreiung für Zahnmedizin bei gleichzeitiger Abschaffung der GOZ.